Eine Tennishalle in Isernhagen bei Hannover mit typischer Leichtdachkonstruktion. Das Besondere: Die Dachfläche ist zweigeteilt in einen flacheren und einen steileren Bereich. Beide Teile sind seit einem Jahr mit Photovoltaikmodulen belegt. Für den unteren, flach geneigten Teil hat der Bauherr sich für eine ballastarme Aufständerung entschieden. Der obere Teil war mit 17 Grad Dachneigung jedoch zu steil für eine lose Aufstellung. Eine Lösung mit Schraubverbindungen zur Dachkonstruktion musste her. SFS Intec, Hersteller von Baubefestigungen aus Oberursel im Taunus, lieferte die Verbindungspunkte für das Leichtdach mit Kunststoffabdichtungsbahnen. „In Isernhagen haben wir 1.100 SOL-F-Befestiger vom Dachdecker einbauen lassen“, sagt Großkundenbetreuer Lutz Richter. Darauf konnten die Installateure dann die dachparallelen Montageschienen für Module mit 405 Kilowatt Leistung befestigen.
Industrie-, Gewerbe- und Sporthallen sind heutzutage meist leider keine Meisterwerke der Architektur – dafür aber unschlagbar günstig. Billige Leichtdachkonstruktionen schützen große Lager-, Produktions- und Freizeitflächen vor Regen und Kälte. Eine Tragschale aus Trapezblech, darauf eine Folie gegen Kondenswasser, ein mehr oder weniger dickes Paket an Wärmedämmung und zum Schluss eine Kunststoffabdichtungsbahn oder Bitumenabdichtung – so sehen 80 Prozent der in den letzten Jahren gebauten Industriedächer aus. Der Preis zählt. Gleichzeitig ist eine Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach für Industrie- und Gewerbebetriebe besonders interessant, da sie einen großen Teil des Stroms vor Ort selbst verbrauchen. Oft können die Betriebe den gesamten Sonnenstrom vom Dach selbst nutzen. Das Dilemma: Aus der kostengünstigen Bauweise der Hallen resultieren reihenweise Dächer mit sehr geringen Lastreserven. Darauf zusätzlich eine Photovoltaikanlage zu installieren ist schwierig. Leichte, ballastarme Montagesysteme für Solarmodule sind seit drei Jahren die Antwort darauf. Sie werden ohne oder mit wenig Ballast auf die Dachfläche aufgestellt und nur untereinander verschraubt. Durch den minimalen Materialeinsatz sind sie sehr kostengünstig. Unsere Marktübersicht ab Seite 70 zeigt, dass die Anzahl der Produkte in diesem Segment immer weiter wächst.Doch nicht alle Folien- oder Bitumendächer sind technisch für diese Systeme geeignet. Die Beschaffenheit der Dämmschicht unter der Dichtungsfolie, die Dachneigung, die statischen Lastreserven sowie die auftretenden Windlasten geben Aufschluss darüber, ob ein lose aufgestelltes Montagesystem auf einem konkreten Dach überhaupt in Frage kommt.
Angstfrei Lochen
Geht dies nicht, weil zum Beispiel eine Standarddämmung aus Mineralwolle verwendet wurde, die nicht für eine dauerhafte Druckbelastung durch Metallgestelle und Modulgewicht ausgelegt ist, dann muss ein Dachdecker die Modulunterkonstruktion mit dem Gebäude verbinden – und dafür zwangsläufig die Dichtungsschicht durchdringen.
Löcher im Dach sind aber bei Bauherrn nicht gerade beliebt, gelten sie doch als Schwachpunkte im System. Sind die Punkte jedoch fachgerecht ausgeführt, dann gibt es keinen Grund zur Beunruhigung. Voraussetzung ist, dass ein Dachdecker die Durchdringungen herstellt und eindichtet – und für seine Arbeit die Gewährleistung übernimmt. Das Herstellen der Fußpunkte macht Montagesysteme mit Dachdurchdringung allerdings teurer als die lose aufs Dach gestellten Varianten. Aber es gibt auch Vorteile: Die gesamte Dachfläche inklusive der Randbereiche kann mit Modulen belegt werden, was mit ballastarmen Systemen wegen der hohen Windlasten oft nicht möglich ist.
Das Festschrauben gilt nach wie vor als die sicherste Lösung für die Montage auf dem Flachdach. Je nach Produkt werden dabei die auftretenden Lasten direkt in die Tragschale des Daches oder in die Tragkonstruktion des Gebäudes eingeleitet. Eine weitere Herausforderung liegt darin, den Wärmedurchgang von innen nach außen zu minimieren. Auswählen sollte der Planer nach den Anforderungen des Gebäudes. Soll und kann die Tragschale des Daches die zusätzlichen Lasten aufnehmen? Oder sollen diese in die Tragkonstruktion des Gebäudes geleitet werden? Können auf dem Dach Träger mit großen Spannweiten verbaut werden? Ist die Höhe des Photovoltaikaufbaus unwichtig oder soll die Anlage möglichst flach über der Dachhaut ausgeführt sein? Ist es wichtig, Wärmebrücken zu vermeiden? Das sind nur einige der Fragen, die auch die Auswahl des Fußpunktes beeinflussen. Beispielhaft stellen wir fünf verschiedene Konstruktionsprinzipien vor.Die herkömmliche Flachdachstütze existiert schon seit geraumer Zeit, in etwa so lange, wie Photovoltaikanlagen auf Dächern installiert werden.
Verschiedene Hersteller
Schletter hat sie unter dem Namen Isotop im Sortiment, bei Etanco, Hersteller für Baubefestigungen, heißt sie schlicht Flachdachstütze oder kurz: FDS. Bei der FDS handelt es sich um ein Rohr aus verzinktem Stahl, das mittels Bodenplatte auf die Tragkonstruktion des Gebäudes aufgesetzt wird. Das Isotop von Schletter wird aus Edelstahl gefertigt und kann oberhalb des Trapezblechs aufgesetzt werden. Mit Schrauben wird der Fuß durch die Dachtragschale in die Unterkonstruktion hinein verbunden. Für die Etanco-Stütze muss der Dachdecker das Trapezblech aufschneiden, um die Fußplatte direkt auf den Träger zu setzen. Das durch die Dämmschicht hindurchgeführte Metallrohr bildet eine Wärmebrücke, die Etanco mit Hilfe von PU-Schaum im Inneren abmildert. Die Schletter-Stütze ist zweigeteilt, sie hat eine horizontal verlaufende Trennschicht aus EPDM, die nach Einbau im oberen Drittel der Dachdämmung liegt.
Die Stützen können hohe Lasten aufnehmen, so dass Trägerspannweiten von bis zu zehn Metern möglich sind, wenn die Gebäudestatik dies zulässt. Laut Flachdachrichtlinie müssen die Stahlrohre mindestens 15 Zentimeter über die Dachhaut geführt und bis zu dieser Höhe angedichtet werden. „Jeder wird erst einmal die kostengünstigere Möglichkeit der ballastarmen Montage prüfen“, sagt Hans Urban von Schletter. Meist sei nicht die mangelnde Druckfestigkeit der Wärmedämmung das Ausschlusskriterium für ein lose aufgestelltes System, sondern die Tragfähigkeit der Dachtragschale. „Falls eine zusätzliche Tragfähigkeit in der Dachschale nicht mehr vorliegt, es aber noch statische Reserven in der Tragkonstruktion des Gebäudes gibt, dann kann Isotop gebaut werden “, sagt Urban.
Flach über der Dachhaut
Wenig beachtet neben der Schwemme an immer neuen aerodynamischen Systemen sind im letzen Jahr auch einige neue Systeme für die Flachdachmontage mit Dachdurchdringung auf dem Markt erschienen. Das Ziel: mit der Photovoltaikinstallation flach über der Dachhaut bleiben und diese trotzdem nicht belasten.
Schnell gesetzt
Dafür hat SFS Intec den Befestigungspunkt SOL-F entwickelt, der unter anderem auf der Isernhagener Tennishalle zum Einsatz kam. Es handelt sich dabei um einen Abstandhalter aus glasfaserverstärktem Kunststoff in Höhe der jeweiligen Dämmstärke mit aufgesetztem Klemmflansch. Das gedämmte Kunststoffelement wird über vier Schraubkanäle mit dem Trapezblech verbunden. Zum Schluss wird ein Rondell der Kunststoffabdichtung im Klemmflansch verpresst und dann mit der bestehenden Dichtungsbahn verschweißt.
Bei Projekten mit neuer Dacheindeckung wie in Isernhagen können die Dachdecker die Befestiger sofort in den neuen Dachdichtungsbahnen einsetzen, wenn der Eigentümer Dachsanierung und Photovoltaikinstallation gleichzeitig beauftragt. Tragendes Element für dieSOL-F-Installation ist die Dachschale aus Trapezblech, deren Tragkraft von SFS Intec statisch berechnet wird. Die Flansch-Technik, die üblicherweise beim Abdichten von Schwimmbädern oder Tiefgaragen eingesetzt wird, macht es möglich, dass die Dacheindichtung nicht am Befestigungspunkt hochgezogen werden muss. Der Flansch stellt die Dichtigkeit in der horizontalen Fläche wieder her. Bereits fünf Zentimeter oberhalb der Dachhaut kann der Monteur die Tragschienen für die Photovoltaikinstallation verlegen. „Etwa 15 Minuten braucht ein Dachdecker für das Setzen eines Befestigers“, sagt Lutz Richter. Dadurch dass die Punkte nur 1,5 bis 1,8 Meter auseinanderliegen, kann mit schmalen Trägerprofilen gearbeitet werden. Der Nachteil: Je nach Dachbeschaffenheit und Randbedingungen werden pro Kilowattpeak vier bis sieben Befestiger benötigt.
Einzeln oder komplett
Igor Rauschen, Abteilungsleiter Photovoltaik von Pohlen Solar in Geilenkirchen, hat Sol-F in zwei Projekten eingesetzt – dort, wo eine Aufständerung nicht möglich war und die Module dachparallel montiert wurden. „Aus technischer Sicht ist das Bauteil gut“, sagt Rauschen, „man hat definierte Kräfte, die man in das Trapezblech einleiten kann.“ Auch die geringe Wärmeleitung sei ein Pluspunkt. Dass die bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik kurz bevorsteht, sprach ebenfalls für das Bauteil. Die zusätzlichen Kosten im Vergleich zur ballastierten Lösung bezeichnet er als gering: „Etwa 10 bis 20 Euro pro Kilowattpeak, mehr war das nicht.“ Mit der Ejot-Flachdachstütze hat ein weiterer Spezialist für Baubefestigungen seit 2011 eine Dachdurchdringung im Programm. Ejot befestigt seine Stütze ebenfalls auf der Tragschale aus Trapezblech. Dafür prüfen die Ingenieure zuerst, ob das Dach noch Lastreserven besitzt. „Bei unserer Vorbemessung ermitteln wir zuerst die Resttragfähigkeit des vorhandenen Trapezprofils in Verbindung mit den vorhandenen Binderabständen und möglichen Abhängelasten“, sagt Lothar Gens, Produktmanager bei Ejot, „nur wenn ausreichend Tragfähigkeit vorhanden ist, können auch weitere Lasten durch eine Photovoltaikanlage in die Konstruktion eingeleitet werden.“ Auf dieser Grundlage kann dann die Anzahl und Positionierungder Stützen erfolgen. Für die Installation der Ejot-Flachdachstütze wird die breite Fußplatte nach dem Aufschneiden von Dachhaut und Wärmedämmung auf zwei Hochsicken aufgelegt und dort verschraubt. Zum Vergleich: Das schmale SOL-F von SFS steht nur auf einer Hochsicke auf. Über eine Edelstahlschraube wird die Last in die Tragschale eingeleitet. Deren Kopfpunkt ist mit dem Unterteil eines Fest-Losflansches verbunden. Auch hier wird also die Dachfolie horizontal eingepresst. Der Übergabepunkt zum Photovoltaik-Montagesystem liegt ebenfalls nur fünf Zentimeter oberhalb der Dachhaut. Und wie sieht es mit dem Wärmeschutz aus? „Unsere Flachdachstütze ist aus Edelstahl gefertigt, daraus resultiert eine verminderte Wärmeleitfähigkeit“, sagt Gens. Außerdem sei unterhalb der Bodenplatte eine Schicht EPDM befestigt, das trenne thermisch gegen die Bildung von Kondenswasser.
Sichere Nummer
Ähnlich wie die Ejot-Flachdachstütze, aber statisch anders konstruiert ist der Befestigungspunkt TSS Pin von Schweiger Dach in München. Das Dachdeckerunternehmen mit Spezialisierung auf große Industriedächer geht mit dem TSS Pin nicht auf die Dachtragschale, sondern auf die Tragkonstruktion des Gebäudes. Ähnlich wie bei Schletter setzt der Fußpunkt in Trapezform in zwei benachbarten Tiefsicken auf, um die Kraft in den darunterliegenden Träger zu leiten. Eingedichtet wird dann wie bei Ejot mit dem Fest-Losflansch innerhalb der Dachdichtungsebene. Während Ejot seine Flachdachstütze als separates Bauteil anbietet, hat Schweiger ein passendes Montagesystem für die Modulbefestigung entwickelt und bietet nur das Komplettsystem mit eigener Montage an. Der Vorteil: Der Kunde hat einen Ansprechpartner für Dach und Unterkonstruktion, der 20 Jahre Garantie auf die Dichtigkeit der Dachhaut gibt. Bei bestehenden Dächern übernimmt Schweiger die Restlaufzeit der Gewährleistung.
Die Nachfrage bei den Flachdach-Montagegestellen hat sich in den letzten Jahren in Richtung der aerodynamisch optimierten Systeme verschoben. Trotzdem gibt es immer wieder Bauherren, die auf Nummer sicher gehen wollen, und Dächer, die zu steil, zu weich oder zu windig sind für lose aufgestellte Module. Für seine Tennishalle in Isernhagen hatte der Bauherr für den flachen Bereich des Daches zwar eine lose aufgestellte Anlage ausgewählt. Die erste Reihe hat er aber trotzdem mit SOL-F befestigen lassen – zur Sicherheit. „Wir wollen nicht den gesamten Markt umkrempeln mit dem System“, sagt Lutz Richter von SFS Intec, „uns ist bewusst, dass wir nur in Teilbereichen des Marktes Anwendung finden.“