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Sensoren gegen Langfinger

In zwei Punkten sind sich Polizei und Sicherheitsexperten, Solarparkbetreiber und Versicherungsunternehmen einig. Erstens: Solarparks mit ihren vielen Photovoltaikmodulen, Wechselrichtern und Kupferkabeln sind häufig millionenschwere Investments, die entsprechend geschützt und gesichert werden müssen – schließlich lagert auch niemand ein paar Tonnen Gold direkt neben einer Autobahn hinter einem schlichten Maschendrahtzaun. Und zweitens: Je weniger über die tatsächlich ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen bekannt ist, umso besser – auch beim Fort Knox sind Baupläne und Fotos der ohne Zweifel gut gesicherten Anlage geheim, und Besucher haben keinen Zutritt.

Ganz so streng nehmen Solarparkbetreiber die Geheimhaltung zwar nicht.Aber Kriminelle haben sich – das berichten zumindest diverse Unternehmen – schon häufig als Photovoltaikbegeisterte, potenzielle Investoren oder Journalisten getarnt, um Details in Erfahrung zu bringen und später für Raubzüge zu nutzen. Ein Umstand, der die Gesprächsbereitschaft nicht gerade fördert. Welche Sicherheitslösungen grundsätzlich auf dem Markt sind oder schon realisiert wurden, ist kein Geheimnis. Die konkret vor Ort gewählte Variante schon eher.

Kameras und Bewegungsmelder

Zu den Ausnahmen inmitten der schweigsamen Mehrheit gehört Michael Honig. Er produziert im Napa Valley mit Hilfe der kalifornischen Sonne nicht nur Wein, sondern auch Strom. Leider interessierten sich nicht nur seine Kunden für die819 im Jahr 2006 installierten 200-Watt-Module, sondern auch Diebe. Gleich zwei Mal, im November 2008 und im April 2009, ließen sie über Nacht lastwagenweise Module im Wert von über 100.000 US-Dollar mitgehen. Aber bei ihrem dritten Besuch wenige Monate später endete ihr Beutezug im Netz der Polizei – dank eines kurz zuvor von den Unternehmen Shamrock Renewable Energy Services und Texana Security auf dem Weingut installierten Überwachungssystems namens Video Verification. „Bei Shamrock verwenden wir bei Installationen spezielle Sicherheitsbolzen und registrieren auch die Seriennummern der Module. Aber Kriminelle finden immer wieder Wege, solche Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen“, sagt Shamrock-CEO Jim Curran. „Das ist sehr frustrierend,denn wir gehen für unsere Kunden eine Langzeitverpflichtung ein, ihre Systeme am Laufen zu halten. Daher haben wir nach einer Lösung gesucht – und bei Texana gefunden.“ Basis des Systems sind sechs einfache Überwachungskameras. Aber niemand muss für den kleinen kalifornischen Weinbaubetrieb 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche sechs Bildschirme im Auge behalten: Wenn auf Michael Honigs Gelände einer der ebenfalls installierten Bewegungsmelder auslöst, werden dem Personal in Texanas Überwachungszentrale eine Alarmmeldung sowie sechs bis zehn Sekunden lange Videoclips von den Kameras vor Ort übermittelt – die in der entscheidenden Nacht keine wilden Tiere zeigten, sondern drei Männer und eine menschliche Hand, die eine Kamera blockierte. Keine Frage, dass daraufhin sofort die Polizei alarmiert wurde.

Übrigens ist bei Texanas Videoüberwachungssystem nicht nur der personelle Aufwand für die Überwachung gering, sondern auch der finanzielle für die Installation, da alle Daten dank GPRS drahtlos übertragen werden. Für Michael Honig eine kleine Investition mit großer Wirkung: „Ich habe 2.000 Dollar investiert, um eine Anlage zu schützen, die eine Million Dollar gekostet hat – ein Kinderspiel.“ Weitaus mehr Aufwand und entsprechend höhere Kosten verursachte die Absicherung des spanischen Solarparks Abertura. Allerdings ist dieser mehr als 200-mal teurer als Michael Honigs Anlage und mit 23,1 Megawatt und zwei Millionen Quadratmetern zudem deutlich größer. „Es liegt auf der Hand, dass eine 225 Millionen Euro schwere Investition geschützt werden muss“, sagt Borja Escalada, geschäftsführender Partner der Betreibergruppe Vector Cuatro: viele teure Module, ein riesiges Netzwerk hochwertiger Kupferkabel. Aber welcher Schutz ist sinnvoll? Der Zaun ist nur ein schwaches Hindernis, denn Vector Cuatro musste ihn mit mehreren größeren Löchern versehen, um den Wildwechsel in der Region weiter zu ermöglichen. Das gesamte Gelände auszuleuchten, war sowohl aus ökologischen als auch aus finanziellen Gründen keine Option. Infrarotstrahler waren dem Unternehmen ebenfalls zu teuer und ihre Reichweiten zu gering. Und Patrouillen-Fahrzeuge würden in dem sandigen Gebiet so vielStaub aufwirbeln, dass für die Reinigung der Module zusätzlicher Aufwand von etwa 100.000 Euro pro Jahr eingeplant werden müsste.

Wärmebilder und Stolperdrähte

Die Lösung: Wärmebildkameras. Insgesamt 27 Wärmebildkameras von Flir Systems bilden einen lückenlosen Wärmebild-Zaun rund um das Solarparkgelände. Über eine spezielle Flir-Software wurden virtuelle Stolperdrähte definiert: Wer oder was auch immer diese virtuelle – und damit unsichtbare – Linie betritt, löst vor Ort einen optischen und akustischen Alarm aus. Gleichzeitig erscheint im Kontrollraum das Bild derjenigen Wärmebildkamera auf dem Monitor, die den Alarm ausgelöst hat. Und das Personal kann entscheiden, ob es sich um einen Fehlalarm oder einen Ernstfall handelt. Bei einem echten Alarm und wenn der Eindringling nicht bereits von der Sirene vertrieben wird, verständigt der Wachmann die Polizei, die dann innerhalb von Minuten vor Ort ist.

Einige herkömmliche Überwachungskameras, die gelegentlich bei Tageslicht eingesetzt werden können, ergänzen das System, sind aber nicht so wichtig. „Tagsüber müssen wir uns keine großen Sorgen machen, da ein Wartungsteam mit vier oder fünf Leuten ständig zu Fuß auf dem Gelände unterwegs ist. Die Sicherheit in der Nacht jedoch ist eine andere Sache.“ Escaladas Fazit: „Wir sind sehr glücklich mit dem thermischen Zaun. Er ist nicht nur eine kostengünstige Lösung, da er ohne große Baumaßnahmen zurealisieren ist und nicht viel Strom verbraucht, er ist auch sehr effektiv. Wenn ich diese Installation mit denen vergleiche, die wir bei anderen Solaranlagen einsetzen, die wir verwalten, kann ich nur sagen: Der Wärmebildzaun übertrifft sie alle. Wir haben praktisch keine Fehlalarme und sind in der Lage, die gesamte Anlage mit nur einer Maßnahme zu schützen.“ Bei neuen Projekten oder wenn das Sicherheitssystem in einem der anderen Solarkraftwerke ausgetauscht werden muss, sind für Escalada daher Wärmebildzäune das Mittel der Wahl.

Ausschließlich konventionelle Kameras sind dagegen beim britischen Langage Energy Park in der Nähe von Plymouth im Einsatz, der mit einer Spitzenleistung von fünf Megawatt einer der größten Solarparks Großbritanniens ist. Allerdings umschließt das relativ kleine Areal auch ein stabiler Zaun. Und diesen hat das vom Entwickler Carlton Power beauftragte Sicherheitsunternehmen Aceda genutzt, um die Kameras sowie ein Zaunmeldesystem zu installieren, das auf mechanische Störungen oder Schwingungen reagiert, indem es die Kameras aktiviert. Das ganze System ist in ein IP-Netzwerk integriert, so dass die Anlage aus der Ferne betreut und überwacht werden kann. Jede Kamera verfügt über eine eigene IP-Adresse und Software. Ein autorisierter Benutzer ist daher überall in der Lage, die Bilder zu sehen – im selben Gebäude oder sonstwo auf der Welt.

Auf solche Kameras setzen auch die Betreiber eines 45-Megawatt-Solarparks in Portugal. Allerdings werdendiese Kameras nicht durch Bewegungsmelder oder Zaunmeldesysteme aktiviert, sondern mit Hilfe von Radar. Entwickelt haben das System die Überwachungs- und Sicherheitsspezialisten CBC Europe und Integrated Security Design (ISD-Tech). Zum Anforderungsprofil gehörten ein sicheres System zur Überwachung von Menschen und Fahrzeugen, die sich dem Gelände nähern, sowie eine Möglichkeit, das Sicherheitsteam bei unklaren Bewegungen oder unbefugten Eindringlingen zu alarmieren. Für die Erfüllung dieser Vorgaben sorgen jetzt zwei Radareinheiten: „Radar Vision kann Eindringlinge in bis zu 800 Meter Umkreis entdecken und überprüfen, daher bietet das System Rund- um-Sicherheit“, sagt John Downie, Vertriebs- und Marketingmanager bei CBC. „Zusätzlich zur 360-Grad-Radarabdeckung gehören vandalismussichere, hochauflösende Überwachungskameras zum System. Damit bietet es eine millimetergenaue Überwachung der gesamten Anlage sowie die Echtzeitverfolgung eventueller Eindringlinge.“

Verfolgung per Radar

CBC und ISD-Tech haben auch das Glasfasernetzwerk zwischen den zwei Radarpunkten und dem zentralen Kontrollraum des Solarparks gebaut. „Wenn ein Eindringling entdeckt wird, bekommt das Sicherheitsteam ein akustisches Signal, so dass niemand ständig die Monitore im Auge behalten muss“, erklärt John Downie. „Die Überwachungskamera der Radareinheit, die den Alarmausgelöst hat, verfolgt dann automatisch alle Bewegungen der Eindringlinge, damit das Sicherheitsteam schnell und gezielt eingreifen kann. Jede Radar-Vision-Einheit kann bis zu fünf verschiedene Kameras steuern, damit auch mehrere Personen auf dem Gelände gleichzeitig kontrolliert und verfolgt werden können.“ Das kann durchaus sinnvoll sein. Denn auch wenn es keine belastbaren Zahlen zum Diebstahl von Solarmodulen gibt, fällt in den diversen Polizeiberichten eines auf: Wenn Diebe in Solarparks zuschlagen, tun sie das in großem Stil. Zum einen ist ein solches Gelände in der Regel auch mit großen Lkw oder Sattelschleppern gut zu erreichen, zum anderen geht der Klau von Modulen wesentlich schneller als deren Installation. Unternehmen und Polizei schätzen, dass zwei aufeinander eingespielte Diebe bei einer Freiflächenanlage etwa 50 Module pro Stunde mitgehen lassen können – und oft sind es eben mehr als zwei.

Grundsätzlich gilt: Alle Sicherheitsmaßnahmen zielen darauf ab, Diebe bestenfalls von einem Beutezug abzuschrecken oder diesen zumindest zu erschweren. Ein ideales System gibt es nicht, jeder Betreiber muss je nach Größe und Lage seines Solarparks und dem zur Verfügung stehenden Budget die für sich beste Lösung ausfindig machen. Die äußere Grenze eines Solarparks wird dabei von den Unternehmen oft als erste Verteidigungslinie bezeichnet: Hier stehen der möglichst stabile, hohe und gegen Übersteigen gesicherte Zaun sowie diejeweiligen Alarm- und Kamerasysteme. Die nächste Hürde ist die möglichst langwierige Demontage des Diebesguts: Spezielle Schrauben, deren Köpfe beim Befestigen der Module abreißen oder mit eingeschlagenen Stahlkugeln mechanisch gesichert werden können, verlangsamen die Arbeit erheblich. Spezielle Kabel aus Kupfer oder Glasfaser, die durch alle Modulrahmen gefädelt werden und mit Anfang und Ende an eine Messeinheit angeschlossen sind, können nicht nur als mechanische Sicherung dienen, sondern bei Manipulationen ebenfalls Alarm auslösen. Und einige Hersteller bieten inzwischen auch Module an, in deren Anschlussdosen GPS-Ortungssysteme stecken – die Module sorgen dann nicht nur für einen Alarm, wenn sie von ihrem angestammten Platz wegbewegt werden, sondern lassen sich damit später auch lokalisieren.

Weiterverkauf schwierig

Immerhin: Noch gibt es für Solarmodule keinen großen Gebrauchtmarkt, auf dem Diebesgut schnell und unauffällig verkauft werden könnte. Manchmal tauchen gestohlene Module bei Ebay oder Craigslist wieder auf, manchmal organisieren Installateure auf diesem Weg ihren Einkauf, manchmal wandern sie auf die Dächer der Einbrecher selbst. In Kalifornien gibt es die Theorie, dass geklaute Module auf illegalen Marihuana-Plantagen als Inselanlagen zur Stromversorgung beitragen, um den normalerweise außerordentlich hohen Energieverbrauch dieser Anpflanzungen vor den Behörden zu verschleiern.

Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die meisten gestohlenen Module über Zwischenhändler an Firmen verkauft werden, die es mit der Herkunft ihrer Ware nicht so genau nehmen und vor allem möglichst billig einkaufen wollen. Sinkende Modulpreise und das Überangebot auf dem Markt könnten das jedoch immer unattraktiver machen. Darauf hoffen zumindest die Solarfirmen in Kalifornien, wo der jüngste Photovoltaikboom auch zu einem deutlichen Anstieg der Moduldiebstähle geführt hat. „Wenn ein Modul regulär 400 Dollar kostet, ist es auf dem Schwarzmarkt vielleicht 50 Dollar wert“, sagt Hugh Kuhn, COO des kalifornischen Unternehmens Solar Power Partners. „Wenn die Preise weiter sinken, kann das Risiko schwerer wiegen als die mögliche Beute.“

Petra Hannen

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