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Sicher aufs Dach

Um Solarmodule auf ein Dach zu befördern und dabei noch ein bisschen Geld zu sparen, lassen Installateure und ihre Kunden sich so manches einfallen. Für einen Landwirt mag es naheliegend sein, die Module auf die Schaufel seines Frontladers zu legen und sie so auf das Dach zu fahren. Ein Handwerker und sein Kunde arbeiten vielleicht lieber mit Seilen. Sie schnüren ein Seil um das Modul, die Person auf dem Dach zieht es daran hoch. Noch schlimmer: Sie packen die Module am Kabel an der Anschlussdose und steigen damit eine Leiter hinauf.

Kurzfristig können so ein paar Euro gespart werden, langfristig drohen unerwünschte Konsequenzen. Abgesehen von Schäden am Modul, die Ertragseinbußen zur Folge haben, riskieren die Beteiligten, dass Menschen verletzt werden. DasSchlimmste, was Peter Sasse, Aufsichtsbeamter bei der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM), dazu einfällt, ist, dass eine schwangere Frau durch herunterstürzende Module so schwer verletzt wurde, dass sie an den Folgen starb. Doch auch schon ein Modul, das auf den Fuß fällt, tut weh und kann Knochen brechen. Es gibt also viele Gründe, um Solarmodule sicher auf das Dach zu befördern.

Von den Modulherstellern bekommen Käufer keine Vorgaben, wie sie die Produkte auf das Dach bringen sollen. Zwar schreiben die Hersteller in ihren Montageanleitungen detailliert vor, wie ihre Erzeugnisse zu transportieren, zu lagern und zu montieren sind, Auflagen für die Strecke vom Boden auf das Dach machen sie darin aber nicht. „Ob zum Transportaufs Dach ein Schrägaufzug, Kran oder andere Hilfsmittel verwendet werden können, wird so von uns nicht vorgeschrieben“, bestätigt Daniela Faust, Pressesprecherin von Kyocera. REC Solar handhabt es genauso. „Das ist in unseren Augen Verantwortungsgebiet der Berufsgenossenschaften oder ähnlicher Institute“, sagt Marketingmanagerin Silke Kriebel.

Trotzdem gibt es Dinge, die man unterlassen sollte. „Ein Modul sollte auf keinen Fall mit der Glasscheibe auf dem Kopf transportiert werden“, nennt Faust ein Beispiel. „Durch das Auf und Ab beim Gehen wird das Laminat belastet, so dass es zu Mikrorissen in den Zellen kommen kann.“ Für Aleo Solar sagt Pressereferentin Isabelle Wollenberg: „Auf die Leitungen darf kein Zug ausgeübtwerden. Deshalb dürfen Module auf keinen Fall an den Stringleitungen hochgezogen werden. Außerdem dürfen die Anschlussdosen eines Laminats nicht gegen ein anderes Laminat drücken.“ Antje Stephan, Kommunikationsdirektorin bei Conergy, betont, dass Module keinen kritischen Belastungen ausgesetzt werden dürfen. Als Beispiel nennt sie das Anfassen an den Anschlussdosen.

Auflagen für die Behandlung von Photovoltaikmodulen gibt es also schon. Stellt sich später heraus, dass die Produkte durch unsachgemäßen Transport beschädigt wurden, so erlischt der Anspruch auf Gewährleistung und Garantie.

So nicht!

Eine Methode, die die Aufsichtspersonen von Berufsgenossenschaften zu ihrem Leidwesen zwar selten, aber doch immer wieder beobachten müssen, sieht so aus: Die Monteure stellen sich rückwärts auf die Leiter und heben die Module so von Mann zu Mann hoch. Dies wird bei niedrigen Dächern manchmal gemacht. Die Unfälle, die dabei geschehen, sind noch gravierender, wenn die Monteure keinenHelm tragen. Ohnehin ist es verboten, Module auf einer Leiter hochzutragen. Zum einen steht eine Leiter nicht sicher genug auf dem Boden, zum anderen schreiben die Berufsgenossenschaften vor, dass auf einer Leiter nur maximal zehn Kilogramm transportiert werden. Ein Modul wiegt aber zwischen 17 und 30 Kilogramm. Bei einer zwar weniger gefährlichen, aber auch nicht optimalen Vorgehensweise arbeiten die Monteure mit einem Leiterngerüst. Dachdecker arbeiten oft mit Leiterngerüsten, bei denen zwei Anlegeleitern über einen Laufsteg miteinander verbunden sind, zum Beispiel wenn sie Reparaturen an der Regenrinne durchführen. Für Photovoltaikmodule eignen sie sich allerdings nicht, da die Module schnell ins Schlingern kommen und an die Leiter oder Wand anstoßen können.

Mit Körperkraft

„Bei kleinen Anlagen bringen wir die Module über das Gerüst hoch“, berichtet Jörg Tappeser, Geschäftsführer von Solartechnik Tappeser in Schwerte, und kommt damit zu den gängigen Methoden. Auf jeder Lage des Gerüstssteht ein Monteur, der das Modul entgegennimmt und weiter hochhebt. „Das ist das Modulschonendste, was man machen kann“, meint Tappeser. Allerdings gehe es sehr auf die Ellenbogen. Hinzu kommt, dass jeder Arbeiter bei dieser Transportweise genau wissen muss, wie er die Module behandeln muss und was er nicht machen darf. Außerdem muss ein Gerüst vorhanden sein, was bei Baustellen, auf denen nur eine Photovoltaikanlage montiert werden soll, häufig nicht der Fall ist.

Gesundheitsschonender und preiswert ist ein Leiter-Seilaufzug. Der Gerüstebauer Layher beispielsweise bietet einen solchen Aufzug mit spezieller Ausstattung für Photovoltaikmodule an. Auf der Vorderseite der Leiter ist ein Materialwagen mit Gummiauflage angebracht. Das Modul wird auf den Wagen gestellt und von vorn befestigt. Jetzt zieht der Arbeiter den Wagen an einem Seil hoch. Auf dem Dach nimmt eine zweite Person die Ladung ab. Dieser einfache mechanische Aufzug eignet sich für kleine Baustellen.

Solarlift

Von solchen Liften gibt es auch elektrisch betriebene, die die Arbeit leichter machen. Lifte für die Solarbranche bieten zum Beispiel Böcker in Werne, Nordrhein-Westfalen, und Geda in Asbach-Bäumenheim in der Nähe von Donauwörth an. Geda brachte Ende der 1990er Jahre seinen „Solarlift“ auf den Markt. „Der Boom war 2008/2009“, sagt JürgenDeffner, Pressesprecher bei Geda. Der Solarlift sei eine Alternative zum Dachdeckerlift und zur Hebebühne. Aus mehreren Gründen eigne er sich besser für Solarmodule als herkömmliche Dachdeckerlifte.

„Ein Dachdeckerlift fährt ruckartig nach oben, während der Solarlift sanfter anfährt“, erläutert Deffner. Außerdem sei die Solarpritsche speziell für die Photovoltaikbranche entwickelt worden. „Gummipolsterungen auf der Auflage und Gummipuffer am Kopfende des Lifts sorgen für einen sicheren Halt und Transport der Solarelemente“, erklärt Deffner. Auch gegenüber Hebebühnen hätten die Lifte Vorteile, fährt er fort. Hebebühnen seien teurer und man sei nicht von den Vermietern oder anderen Dienstleistern abhängig.

Seine Argumente klingen schlüssig. Doch einige Handwerker halten die Zusatzkosten für die Solarausrüstung für nicht angemessen. Sie bleiben beim Dachdeckerlift und bauen sich selbst eine Schutzvorrichtung für die Module. Jörg Tappeser zum Beispiel befestigt auf dem Aufsatz des Lifts unten eine Spanplatte und an den Seiten Dachlatten. Die Module befestigt er mit einem Spann

gurt. So erspare er sich bei einem kleinen Lift ein paar hundert Euro, sagt er. Die Hersteller selbst nennen keine Preise für ihre Geräte und die Extraausstattung.

Schrägaufzüge

Für Anlagen mit bis zu 70 oder 100 Modulen oder auch zwei Paletten bevorzugen Installateure elektrisch betriebene Schrägaufzüge. Auch sie stammen aus der Dachdeckerbranche. Dachdecker fahren damit Ziegel auf die Dächer. Peter Sasse von der BG ETEM geht davon aus, dass etwa 60 Prozent der Module mit Dachdecker-Schrägaufzügen hochbefördert werden. „Weitere 20 Prozent werden mit Hubarbeitsbühnen hochgebracht, die übrigen 20 Prozent mit Kränen“, schätzt Sasse.

Anbieter für Solaraufzüge sind zum Beispiel Böcker, Geda und die Hermann Paus Maschinenfabrik in Emsbüren. Wie schon bei den Solarliften, die kleiner und etwas weniger leistungsstark sind, gibt es auch hier wieder spezielle Ausstattungen für Photovoltaikmodule. „Die Maschinen selbst unterscheiden sich überhaupt nicht von den Maschinen für Dachdecker“, sagt Christoph Montag, Vertriebs- und Marketingmanager bei Böcker.Lediglich das Lastaufnahmemittel sei anders. Insbesondere ist dies, wie bei den Solarliften, die Solarpritsche. Einige Firmen bieten zusätzlich dazu noch einen Solarmodulverteiler an. In diesen werden die Module auf dem Dach umgeladen und verteilt.

Bequem per Kran

Es gibt Situationen, da eignen sich auch Schrägaufzüge nicht mehr. Zum Beispiel wenn die Baustelle schwer zugänglich ist, wenn auf dem Gelände kein Platz füreinen Schrägaufzug oder der First höher als etwa 15 Meter ist.

Dann lautet die Alternative: Auto- oder Anhängerkran. Der Kranführer kann dann von der Straße aus die Module auf das Dach heben. Das kann vor der zu bebauenden Dachfläche sein, aber auch von der Rückseite des Gebäudes aus. Die Entscheidung für einen Kran ist allerdings auch eine wirtschaftliche Überlegung.

Bei Bavarialift, einem Anbieter von Hebegeräten mit Sitz im bayerischen Nabburg, kostet ein Autokran mit Kranführer zum Beispiel 65 Euro die Stunde. Ein Handwerker berichtet auch von 100 bis 120 Euro die Stunde. Mit An- und Abfahrt kommen da schnell ein paar hundert Euro zusammen. Die Monteure stehen dann unter dem Druck, möglichst schnell fertig zu werden. Voraussetzung ist außerdem, dass die Straße vor der Baustelle befahrbar ist, denn solch ein Autokran wiegt zwischen 40 und 60 Tonnen.

Anhänger oder Auto

Doch auch hier gibt es eine einfache Variante, den Anhängerkran. Der Kran steht auf einem Anhänger, wiegt nur drei Tonnen und kann über den Anhänger an ein Auto angehängt werden. Installateure, die einen solchen Kran ausleihen wollen, bekommen bei Bavarialift eine eintägige Schulung. Als Tagespauschale für den Kran zahlen sie momentan 170 Euro netto. „Anhängerkräne werden viel häufiger angefragt“, sagt Anton Götz, Geschäftsführer von Bavarialift. Sein Unternehmen verkauft solche Anhängerkräne. Sie können aber auch bei ihm oder seinen regionalen Kunden ausgeliehen werden. Für einen Autokran wiederum ist es üblich, sich an einen Kranservice in der Region zu wenden.

Wie Bavarialift bieten auch Böcker und Paus Kräne mit speziellen Ausstattungen für Solartechnik an. Böcker brachte 2010 eine Solarmodulgabel auf den Markt. Das ist eine Art Schubladensystem für Module. Auf dem Dach werden sie direkt daraus entnommen. „Auch hier sind alle Auflageflächen mit einem speziellen Gummi überzogen“, sagt Christoph Montag von Böcker. Das System habe den Vorteil, dass die Module am Boden durchgemessen und so sortiert werden können, dass sie auf dem Dach gleich in der optimalen Reihenfolge ankommen und montiert werden können.Von ihren Kunden erwarten die Anbieter von Aufzügen und Kränen, dass sie die Benutzerhinweise in den Bedienungsanleitungen befolgen. „Außerdem erhalten Käufer bei der Übergabe des Gerätes eine Einweisung zum baustellengerechten Umgang mit den Maschinen“, sagt Montag von Böcker.

Risiken vermeiden

Dass dennoch genügend Fehler auf den Baustellen passieren, wissen die Berufsgenossenschaften. „Die meisten Verstöße gibt es bei den Schrägaufzügen“, sagt Ernst Rötzer, Mitarbeiter im Bereich Prävention bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM). Häufig würden Aufzüge nicht vollständig aufgebaut, bemängelt er. Immer wieder sieht er zum Beispiel Endschalter, die nicht richtig angebracht sind oder sogar auf dem Boden liegen. Dabei sorgen diese Schalter dafür, dass der Hubtisch am oberen Ende haltmacht und die Module nicht herunterfallen. Außerdem müssen Aufzüge unten fixiert werden, was laut Rötzer auch oft nicht geschieht.

Peter Sasse von der BG ETEM ergänzt, dass die Module auf jeden Fall im Schrägaufzug befestigt werden müssen, damit sie nicht herunterfallen. Bei Hubarbeitsbühnen sieht er eine andere Gefahr. Die Arbeitsbühne muss bis auf das Dach reichen, bei einem Flachdach zum Beispiel mindestens zwei Meter darüber. „Der Schwachpunkt hier ist die Entgegennahme der Module“, sagt Sasse. Wegen der Absturzgefahr müsse die Person, die die Module entgegennimmt, eine persönliche Schutzausrüstung tragen.

Darüber hinaus dürfen allgemeine Auflagen für die Montage von Photovoltaikanlagen nicht vernachlässigt werden. So ist auf jeden Fall die Statik des Daches zu prüfen. Für viele Dächer ist eine Palette mit 450 bis 500 Kilogramm Gewicht auf einem Punkt zu schwer. Außerdem fordern die Berufsgenossenschaften eine Gefahrenprüfung, die vor Beginn der Arbeit stattfinden muss. Entsprechend muss der Geschäftsführer oder ein von ihm beauftragter Mitarbeiter die Monteure für die Baustelle einweisen.

Nur wenn das alles – zusammen mit der Beachtung der Bedienungsanweisung der Gerätehersteller – erfolgt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Module ohne Schaden für Mensch und Produkt an ihrem Bestimmungsort ankommen.

Stimmen aus dem Photovoltaikforum

Berufsgenossenschaften verbieten es, Photovoltaikmodule per Hand die Leiter hochzutragen. Trotzdem ist dies anscheinend immer wieder zu beobachten. Eine Nachfrage im Photovoltaikforum zeigt allerdings, dass die meisten Forenmitglieder durchaus gute Erfahrungen mit ihren Installateuren gemacht haben. Außerdem wird deutlich, dass es hauptsächlich von zwei Faktoren abhängt, wie die Module auf das Dach kommen: erstens von der Anlagengröße und zweitens von der Höhe des Daches.
Anlagenbetreiber Bento schreibt beispielsweise, auf sein Gartenhaus mit einer Traufhöhe von 2,5 Metern habe er die Module noch per Hand hochgereicht. Auf seiner landwirtschaftlichen Scheune habe er dann schon einen Traktor mit Palettengabel einsetzen müssen. Bei mittleren Höhen kommen zudem auch gerne Gabelstapler und Teleskoplader zum Einsatz, wie zum Beispiel Strahli und Trashman berichten. Auch von Solarliften und Schrägaufzügen ist mehrfach die Rede.
Dass nicht alle einen sachgemäßen Umgang mit den Modulen beobachtet haben, zeigt zum Beispiel trippchen. „Der Installateur hatte nur eine etwa drei Meter kurze Leiter dabei. Die Aufstiegshöhe ist aber über sieben Meter. Daher wollte man die Anlage durch das Haus transportieren“, schreibt das Forumsmitglied. Erst nach vehementem Einspruch habe man eine längere Leiter besorgt und die Module huckepack in einer lebensgefährlichen Art und Weise auf das Dach transportiert. Ähnliches berichten auch andere Forumsmitglieder wie zum Beispiel zacheler und ToFu.
CARismaOPA, Betreiber einer 6,5-Kilowatt-Anlage, hat an seiner Anlage selbst Hand angelegt. Seine Methode klingt allerdings ebenfalls nicht ganz ungefährlich. Er schreibt, bei der Montage habe er einfach zwei Leitern nebeneinander an das Dach gestellt, an denen er die Module mittels eines Seils hat hochrutschen lassen.
Dann sollte man doch lieber die Methode wählen, von der Bento zu berichten weiß. Sein Installateur habe vor einiger Zeit aus Zeitgründen einen Helikopter bestellt, um die Module für eine sehr große Aufdachanlage auf das entsprechende Dach zu bekommen.
Mirco Sieg

Ina Röpcke

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