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Weniger ist mehr

Dafür, dass es erst Ende Februar in den Markt eingeführt wurde, war das neue Indachmodul von Solon schon erstaunlich erfolgreich. Zumindest im Marketing. Im März heimste der Berliner Hersteller damit den Innovationspreis auf dem Otti-PV-Symposium in Bad Staffelstein ein, Ende Mai nahm Solon den „Intersolar Award 2009“ in Empfang. Beide Male betonten die Juroren das ästhetische Design und den Montagekomfort. Dank eines speziellen Kunststoffrahmens kann das Modul aus schwarzen monokristallinen Zellen ohne Unterkonstruktion auf die Dachlattung montiert werden.

Auf diese Idee ist auch die Solarwatt AG aus Dresden gekommen. Wie Solon stellte sie auf der Messe „Salon des Energies Renouvelables“ in Lyon ihr „Easy-In-System“ vor. Mit Hilfe eines neuen Aluminiumrahmens können zwei Standardmodule von Solarwatt nun ebenfalls direkt auf die Dachlatten geschraubt werden. Auch hier liegt die Anlage tief im Dach und stellt die wasserführende Schicht dar. Im Markt der Indachmodule wollen die beiden PV-Hersteller damit eine „zweite Generation“ etablieren, bei der neben der verbesserten Optik die Zeit- und Kostenersparnis bei der Montage im Mittelpunkt steht.

Bisher mit Unterkonstruktion

Seit Frankreich integrierte Anlagen bevorzugt fördert, wächst der Markt an Indachmodulen. Solarworld, Schott Solar, Schüco, Solar-Fabrik, Sunways, Kyocera und andere: Die Anbieterliste ist lang. Was ihre Module für die Dachintegration qualifiziert, ist die Tatsache, dass sie mit entsprechenden Montagesystemen wie Intersole oder Solrif kompatibel sind.

Wie die derzeit übliche Montage aussieht, zeigt das Beispiel des Befestigungssystems Intersole von Renusol. Der Monteur entfernt zunächst die Dachpfannen auf dem Schrägdach und ersetzt sie durch Intersole-Platten aus Hochdruckpolyethylen (HDPE). Die Platten werden wie Dachpfannen eingelegt und sorgen dafür, dass das Dach wasserdicht ist. Anschließend legt der Monteur Aluminiumanker an und schraubt sie durch die Platten hindurch an die Dachlatten oder -balken. Danach kann er die Module auf den Aluminiumschienen an den Ankern befestigen.

In Frankreich und Italien beispielsweise erhalten Installationen mit dieser zusätzlichen Unterkonstruktion die höhere Einspeisevergütung für dachintegrierte Photovoltaikanlagen. Skeptiker in der Branche vertreten jedoch die Ansicht, dass dies keine gebäudeintegrierten Anlagen im strengen Sinne sind. Als solche müssen die Module nämlich die wasserführende Schicht sein. Das heißt, sie sollen gewährleisten, dass kein Regen oder Tauwasser in die Dachhaut eindringt. Bei Intersole beispielsweise übernehmen die Kunststoffplatten diese Funktion.

Darüber hinaus flößt die Montage noch Respekt ein. Für die Installation sind viele Einzelteile und mehrere Schritte vonnöten. „Ein falscher Handgriff, und das Dach ist undicht“, sagt Frauke Roswadowski, Produktmanagerin bei Solon. Das neue Modul Solon Black 160/05 zeichnet sich laut Roswadowski dadurch aus, dass die Zahl der Einzelkomponenten reduziert wurde und der Aufbau dadurch einfacher sei. Das Unternehmen will Handwerkern die Scheu vor der Indachmontage nehmen und diese optisch ansprechenderen und in einigen Ländern lukrativeren PV-Anlagen auf die Dächer bringen.

Nach Herstellerangaben kommt das Solon-Modul ohne Unterspannbahnen, Aluschienen oder Modulklammern aus. Bei der Installation werden zunächst Montagebretter mit einem vorgeschriebenen Maß vertikal auf die Dachlatten geschraubt. „Die Montagebretter sind nötig, weil wir das richtige Dachlattenmaß nicht sicherstellen können“, erläutert Frauke Roswadowski. Anschließend setzt der Monteur das Module auf die Montagebretter, richtet es seitlich parallel zur Ziegeleindeckung aus und befestigt es durch die Bohrlöcher im Rahmen hindurch mit Holzbohrschrauben auf den Montagebrettern. Danach legt er das nächste Modul über dieses erste an und so fort. Durch den Rahmen überlappen sich die Module ähnlich wie Dachziegel; das Wasser fließt direkt auf der geschlossenen Fläche ab. Die Montage des Easy-In-Systems von Solarwatt funktioniert ähnlich. Allerdings entwickelte Solarwatt nicht das komplette Modul neu, sondern lediglich einen speziellen Rahmen für seine kristallinen Standardmodule M220-60 GET AK und P210-60 GT AK. Die Produktidee stammt von dem Vertragshändler C.M.S. Energiesysteme in Nettetal.

Patentierte Profile

Mit Hilfe der patentierten Rahmenprofile hängt der Monteur die Module in die Dachlattung ein. Er schiebt sie über eine Nut-Feder-Verbindung ineinander und schützt sie mit Sogsicherungen vor Wind. Auch hier überlappen sich die Module durch den speziellen Rahmen. Wenn alle Module auf dem Dach verlegt sind, wird das gesamte Modulfeld mit einem Eindeckrahmen regendicht an die angrenzende Dacheindeckung angebunden. Wie Solon wirbt Solarwatt damit, dass keine zusätzlichen Gestellschienen oder Modulklemmen nötig sind. Eine Besonderheit ist jedoch zu beachten: Solarwatt schreibt dickere und breitere Dachlatten vor, als sie bisher im Hausbau üblich sind, um eine höhere Stabilität zu erreichen.

Einen zusätzlichen Wind- und Wetterschutz gibt es bei dem Solarwatt-System dennoch. Der Hersteller schreibt eine Unterspannbahn vor. Laut DIN sei sie in Deutschland ohnehin Pflicht, sagt Jürgen Dreßler, Solarwatt-Mitarbeiter. In Frankreich ist das nicht der Fall. Durch die Unterspannbahn dringt kein Kondenswasser in das Dach ein. Kondenswasser entsteht bei PV-Modulen durch die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. „Die Tedlarfolie auf der Rückseite von PV-Modulen kann grundsätzlich kein Wasser aufnehmen“, so Dreßler. Bei Aufdachanlagen nehmen die Dachziegel die Feuchtigkeit auf. Beim dachintegrierten Easy-In-System wird das Kondenswasser über die Unterspannbahn abgeleitet.

Solon fordert keine Unterspannbahn, da das Kondenswasser bei seinem System keinen Schaden am Dachbalken anrichten könne, so Frauke Roswadowski. Allerdings musste das Unternehmen zwischenzeitlich erkennen, dass die Unterspannbahn auch einen mindestens psychologischen Effekt birgt. Immer wieder kamen skeptische Rückfragen zu dem nicht erforderlichen Feuchtigkeitsschutz, berichtet sie. Deshalb integriert Solon bei der aktuellen leichten Überarbeitung des Moduls Ablaufrinnen für Kondenswasser in die Rahmen.

Ein Einwand, mit dem Indachinstallationen häufig konfrontiert sind, ist die schwierigere Hinterlüftung. Eine gute Hinterlüftung ist wichtig, damit die Module sich nicht zu sehr erwärmen und der Ertrag nicht sinkt. Jürgen Dreßler betont, dass bei den Solarwatt-Modulen genügend Platz für eine ordentliche Luftströmung gegeben sei. Rahmen, Dachlatte und Konterlatte schaffen 130 Millimeter Abstand. Außerdem ströme durch das Vogelschutzgitter am unteren Teil des Daches Luft ein und trete aus dem First wieder aus, ergänzt Dreßler. Solon empfiehlt für die Luftzirkulation Lüfterziegel. Bei diesem System gibt es oben und unten auf dem Dach jeweils eine Ziegelreihe. Darin sollen die Lüfterziegel, die zum Standardprogramm von Ziegelherstellern gehören, integriert werden.

Kürzere Montagezeit

Als wichtigste Vorteile nennen beide Hersteller den geringeren Materialaufwand und die kürzere Montagezeit. „Die ganze Vorbereitung der Indachmontage fällt weg“, betont Dreßler. Er geht davon aus, dass zwischen 50 und 70 Prozent der Montagezeit eingespart werden können. Frauke Roswadowski beziffert die Zeitersparnis bei der Montage mit 50 Prozent. Etwa einen Tag dauere die Montage einer Ein- bis Drei-Kilowatt-Anlage, inklusive Abnehmen der Dachziegel, Montieren der Module und Anbringen der Verkabelung. Solon hat im April die ersten Anlagen verkauft. Nun werden in Deutschland und in Frankreich wöchentlich Anlagen gebaut, berichtet Frauke Roswadowski im Mai. Aus Italien gebe es Projektanfragen. Diese drei Hauptmärkte hat auch Solarwatt im Blick. Dreßler geht davon aus, dass der deutsche Markt ungefähr 50 Prozent des Umsatzes abdecken wird.

Preislich wollen die beiden Hersteller mit Aufdachkonstruktionen mithalten. „Die Kosten für das reine Modul sind höher“, sagt Frauke Roswadowski. „Da aber alle Systemkomponenten inbegriffen sind, ist der Systempreis mit Aufdachanlagen vergleichbar.“ Das bestätigt auch Tino Bubner, Projekt- und Bauleiter bei Elektro-Steuerungen und Alternative Energien GmbH (ESA) in Cottbus. Er sammelt gerade seine ersten Erfahrungen mit dem Solarwatt-System. „Die Module sind zwar etwas teurer“, sagt Bubner. „Aber vom Preis her ist es definitiv günstiger, weil die Dachsteine und das Gestell komplett wegfallen.“ Einen großen Unterschied würde auch die wegfallende Gestellmontage ausmachen.

Mit einem Beispiel verdeutlicht er seine Aussage. Bubner hat gerade 30 Solarwatt-Module mit dem neuen System installiert. Für die Anlage mit rund sieben Kilowatt Leistung hat er zusammen mit drei Kollegen dreieinhalb Stunden gebraucht. „Und das war das erste Mal mit dem Easy-In-System“, betont er. „Nächstes Mal geht es noch schneller.“ Bei dem System, das er sonst nutzt, hätte er für die gleiche Anlage 72 Dachhaken setzen müssen. Dafür würden laut Bubner drei Mitarbeiter schon einen ganzen Tag benötigen.

Schulungen für Handwerker

Tino Bubner und der Dachdecker, mit dem er die Anlage integriert hat, haben Schulungen bei ihrem Lieferanten besucht. Solarwatt wie auch Solon bieten Montageschulungen an, um Dachdecker, Elektriker und andere Handwerker an die neue Montageform heranzuführen. Unter anderem lernen die Teilnehmer, wie sie bei Modulschäden auf dem Dach vorgehen. Das Solarwatt-Modul wird beispielsweise von links unten nach rechts oben verlegt. Um an ein schadhaftes Modul heranzukommen, muss der Installateur oben rechts beginnen, die Module lockern und sich so langsam vorarbeiten. Alle abmontieren muss er jedoch nicht.

Diese Vorgehensweise unterscheidet sich von der eines anderen Anbieters von Indachmodulen, die ähnlich wie die neuen Produkte in Dächer integriert werden. Denn so ganz neu sind die Systeme von Solon und Solarwatt nicht. Ein ganz ähnliches Indachsystem bietet Roto Sunroof aus Bad Mergentheim seit Ende 2007 an. Das System besteht ebenfalls aus sehr wenigen Komponenten: aus dem ein mal ein Meter großen Modul oder Kollektor, vier Haltewinkeln, die auf die Latten geschraubt werden, und dem Eindeckrahmen für das gesamte Feld. Der dichtet die Module so ab wie Dachfenster.

Wie die Dachdecker und Solarhandwerker die neuen Indachsysteme annehmen, bleibt abzuwarten. Vielleicht schaffen die neuen Systeme es auch, einen Stein ins Rollen zu bringen. Denn der erste Nachfolger steht schon vor der Tür: Auf der Intersolar kündigte der Alzenauer PV-Hersteller Schott Solar an, dass er voraussichtlich ab März 2010 eine neue Generation seines Indax-Moduls auf den Markt bringt. Auch das wird dann direkt mit der Dachlattung verschraubt.

Ina Röpcke

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