Das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat einen Vorschlag zur Novelle der Elektrizitätswirtschaftsrechts ausgearbeitet. Mit der Integration des Konzepts einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage soll es möglich werden, Solarstrom direkt im Mehrfamilienhaus zu nutzen.
Das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) hat einen Entwurf für eine Reform des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes (ElWOG) vorgelegt, um Mieterstromprojekte möglich zu machen. Das Problem bisher ist, dass die Zuordnung einer Erzeugungsanlage zu mehreren Verbrauchern gesetzlich nicht vorgesehen ist. Private Direktleitungen sind bisher verboten, so dass ein Stromerzeuger seinen Strom nicht in direkter Nachbarschaft vertreiben darf. Will er dies tun, muss er eine Konzession als Energielieferant haben. Außerdem haben die Netzbetreiber immer noch die Hoheit über jeden einzelnen Zähler in Mehrfamilienhäusern.
Intelligente Zähler messen den Bezug von Solarstrom
Benedikt Ennser, Leiter der Abteilung Energie im BMWFW hat den Vorschlag für eine entsprechende Änderung des ElWOG auf dem Jahreskongress des Branchenverbandes PV Austria vorgestellt. Die Idee ist, das Konzept einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage in das ElWOG einzufügen. Dabei geht es darum, dass eine Erzeugungsanlage an die Hauptleitung angeschlossen wird. Alle Bewohner des Gebäudes können sich freiwillig über ideelle Anteile an der Erzeugungsanlage beteiligen. Nur die Mieter, die das wollen, bekommen auch den Photovoltaikstrom. Der Überschussstrom wird dabei ins Netz eingespeist. „Die große Kunst ist, den Solarstrom den einzelnen Zählern zuzuordnen, die ihn auch nutzen“, erklärt Benedikt Ennser. Dazu müssen intelligente Messsysteme installiert werden, um eine viertelstündliche Auflösung von Stromverbrauch und Erzeugung der Photovoltaikanlagen hinzubekommen. Nur darüber kann abgerechnet werden, wer wie viel Solarstrom und wie viel Strom aus dem Netz verbraucht.
Abrechnung bleibt Hoheit des Netzbetreibers
Der Netzbetreiber behält dabei die Hoheit über die Zählpunkte und rechnet den jeweiligen Strombezug ab. Die einzelnen Zählpunkte sind aber nicht mehr direkt an das öffentliche Netz angeschlossen. Es ist wird ein Zweirichtungszähler an der Grundstücksgrenze installiert, der den gesamten Strombezug des Gebäudes aus dem öffentlichen Netz misst. Er misst auch die Einspeisung von Solarstrom in das Netz. Zusätzlich ist hinter der Solaranlage ein Erzeugungszähler installiert. So kann der Netzbetreiber bei der Abrechnung den direkt im Gebäude verbrauchten Solarstrom saldieren und über die intelligenten Zähler der einzelnen Wohneinheit zuordnen. Dabei wird der Solarstrom nur mit denjenigen Mietern abgerechnet, die sich auch an der Anlage beteiligen. Alle anderen Mieter bekommen den normalen Strombezug aus dem Netz abgerechnet. Die freie Lieferantenwahl aller Teilnehmer bleibt dadurch erhalten.
Auf die Novelle des ElWOG konzentriert
Das Ministerium hat sich auf die Änderung des ElWOG konzentriert. Andere Rechtsvorschriften wie das Mietrecht oder das Wohnungseigentümergesetz bleiben davon unberührt. Das Prinzip ist dabei nicht nur auf die Photovoltaik beschränkt. Über dieses Konstrukt der gemeinsamen Erzeugungsanlage ist auch auf Speicher oder KWK-Anlagen anwendbar. Es ist auch nicht auf Wohngebäude begrenzt, sondern kann auch für Gewerbeimmobilien genutzt werden. Wichtig dabei ist lediglich, dass jeder Verbraucher im Gebäude seinen Strom auf der gleichen Netzebene bezieht.
Verbesserungsvorschläge einreichen
Der Entwurf für die Novelle des ElWOG befindet sich derzeit im Abstimmungsprozess mit den Bundesländern, mit Österreichs Energie sowie anderen Verbände und Unternehmen. Der nächste Schritt wird ein Begutachtungsverfahren, an dem alle interessierten Bürger und Unternehmen in Österreich teilnehmen können. „Verbesserungsvorschläge sind sehr willkommen“, betont Ennser. Danach wird das Ministerium eine entsprechende Regierungsvorlage erstellen und den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess in Gang setzen. Das Ziel ist, die Novelle des ElWOG noch in diesem Jahr abzuschließen. (Sven Ullrich)