Der Kunde ist König – und verlangt nach Lithiumspeichern. Deshalb erweitert Powerball-Gründer Mathias Grässl nun seine Palette. Er verkauft trotzdem lieber Bleisysteme und wartet darauf, dass eine ökologischere Technologie Lithium ablöst.
Seit April 2018 liefert Powerball Systems seine Systemspeicher nicht nur mit Blei-batterietechnik, sondern auch mit Lithium-Ionen-Batterietechnik aus. Wie kommt es zu dieser strategischen Neuausrichtung?
Mathias Grässl: Dafür gibt es zwei Gründe. Der erste ist die Nachfrage: In Deutschland fordern viele Interessenten explizit Lithiumspeicher. Der zweite Grund ist, dass unsere Systemspeicher mit allen Akkuarten arbeiten, sie müssen lediglich mit 48 Volt geladen werden können. Fachpartner können bei der Akkutechnik ganz dem Kundenwunsch entsprechen, ohne sich unterschiedliche Anschlussarten merken zu müssen. Es kann somit schneller und nach einem Schema installiert werden – übrigens auch Lithium-Ionen- und Bleispeicher gemischt. Das unterstützen wir zusätzlich dadurch, dass wir im Hintergrund alle Daten hinterlegen, sodass keine Einrichtezeiten für die Kommunikation und Darstellung erforderlich sind. Nachdem eine Verbindung zum Router hergestellt ist, geht das System nach zwei Minuten online.
Technisch macht die Installation für Fachpartner keinen Unterschied?
Genau so ist es. Aber von der Philosophie der Nachhaltigkeit gibt es einen Unterschied. Ich verkaufe Lithiumspeicher ungern, insbesondere da es kein ordentliches Recycling gibt. Aber wir möchten einen Teil des deutschen Marktes für uns beanspruchen – deshalb bieten wir Lithium an, weil unsere Speicher es auch können. Es gibt aber auch in Deutschland Kunden, denen die Vorteile von Bleiakkutechnik wichtig sind und die keinen Lithiumspeicher im Haus haben wollen, weil sie sich nicht sicher fühlen oder weil ihnen das Recycling fehlt. Dann raten wir zu einem Bleispeicher. Wir bieten auch bei der Akkuart volle Flexibilität.
Wie gewährleisten Sie die Sicherheit für Ihr System?
Wir kaufen die Batterie mit Batteriemanagement bei einem deutschen Hersteller ein, der für die Sicherheit der Akkus nach dem Sicherheitsleitfaden einsteht. Als Lithiumbatterietechnologie verwenden wir je nach Größe NMC oder NCA, also Nickel-Mangan-Cobalt oder Nickel-Cobalt-Aluminium-Oxid. Wir stellen dann unser Powerball-System zusammen, inklusive Energiemanagement mit intelligenter Laderegelung.
Wer fragt explizit Bleispeicher nach?
Es gibt Kunden, die Angst vor der Brandgefahr bei Lithiumspeichern haben. Anderen ist wichtig, dass Blei nahezu vollständig recycelt wird. Seine kürzere Lebensdauer gegenüber Lithium wird hier als Vorteil betrachtet, da sich in zehn Jahren sicherlich neue Batterietechnologien entwickeln, die umweltfreundlicher sind als die Lithiumakkus. Aufgrund der Flexibilität unseres Systems können diese in die bereits bestehende Hardware integriert werden. Ein weiterer Grund ist häufig der erweiterte Temperaturbereich von minus 20 bis plus 55 Grad Celsius, sodass der Powerball auch in einem außenliegenden Anbau oder einer Garage ohne Heizung betrieben werden kann.
Wie unterscheidet sich der Schweizer vom deutschen Heimspeichermarkt? Welche anderen Präferenzen gibt es?
In der Schweiz ist häufig die Idee der möglichst großen Unabhängigkeit der Investitionstreiber. Wir verkaufen hier sehr oft Speicher mit 24 Kilowattstunden nutzbarem Energieinhalt, die mit Photovoltaikanlagen von beispielsweise 14 Kilowatt Leistung kombiniert werden und auch die Wärmepumpe versorgen. Der Preis spielt auch eine Rolle. Hier können wir mit unserer Technologie ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.
Die Strompreise sind in der Schweiz deutlich niedriger als hierzulande. Wie entwickelt sich der Schweizer Heimspeichermarkt?
Der wächst meiner Ansicht nach vor allem, weil die kostendeckende Einspeisevergütung entfallen ist und durch eine Einmalzahlung ersetzt wurde. Zudem sind die Vergütungen für die Überschussenergie häufig derart gering, dass ein Speicher sehr schnell in Betracht gezogen wird. Eine Preisdifferenz von 16 oder 18 Rappen pro Kilowattstunde ist keine Seltenheit. Warum den Strom verschenken, wenn man ihn ein paar Stunden später wieder teuer kaufen muss?
Investieren auch immer mehr Unternehmen in eine autarke oder ökologische Energieversorgung?
Ja, sowohl kleinere als auch größere Unternehmen nehmen hier Geld in die Hand. Wir bieten die Möglichkeit einer Messdatenaufnahme, die online in unserem Portal visualisiert wird. Zudem können wir die Daten auswerten, um dann auch die richtige Speichergröße empfehlen zu können. Die Hardware für die Messdatenaufnahme kann jeder Partner bei uns erwerben. Da es sich hierbei um die gleiche Messeinheit handelt, die im Powerball steckt, ist deren Montage damit bereits erfolgt. Das vereinfacht die Arbeit bei einer nachfolgenden Installation.
Welchen Einfluss erwarten Sie durch die Energiestrategie 2050, die auch den Eigenverbrauch stärken soll?
Da jetzt neu auch größere Solarstromanlagen von einer einmaligen Vergütung profitieren und unsere Speichersysteme preislich attraktiv sind, gehen wir davon aus, dass einige dieses Geld für den Kauf eines Powerballs verwenden werden. Auch weil die Zahlung der Einmalvergütung erst deutlich nach der Inbetriebnahme der Solarstromanlage erfolgt und damit erst später für den Anlagenbesitzer bereitsteht.
Wie groß ist Ihre Fertigung? Wie viele Heimspeicher können und müssen Sie pro Jahr verkaufen?
Unsere Produktion ist sehr überschaubar. Dank meiner Erfahrung im Bereich der Elektronik- und Baugruppenfertigung konnten wir diese sehr schlank halten. Unsere Verkaufszahlen sind nicht durch die Fertigung begrenzt, sondern durch den Vertrieb. Produzieren können wir problemlos 2.000 Systeme pro Jahr, ohne Änderungen in der Produktion durchführen zu müssen. Unsere Gewinnschwelle liegt bei 300 bis 500 Systemen. Das hängt davon ab, welche Varianten verkauft werden, wir haben eine Basic- und eine Professional-Serie.
Wie viele Speicher haben Sie bisher verkauft?
Wir haben rund 250 Systeme im Markt, 150 haben wir im Jahr 2017 verkauft, die meisten davon innerhalb der Schweiz. In diesem Jahr wollen wir aber die Gewinnschwelle erreichen und mindestens 300 Stück absetzen.
Das ist überschaubar. Wie können Sie mit diesem Absatz überleben?
Da wir nur die Endmontage machen, können leicht 2.000 Systeme pro Jahr gebaut werden – und das mit ein bis zwei externen Mitarbeitern, die in unseren Räumlichkeiten produzieren, wenn Aufträge vorliegen. Wir erhöhen damit unsere langfristige Überlebenschance enorm.
Sie haben Ihre zwei Varianten erwähnt. Wie unterscheiden sich Ihre Basic- und Professional-Serie?
Das Basismodell liefert keinen Notstrom und ist nicht inselfähig. Der Professional-Speicher kann zu einem Inselsystem erweitert werden. Er hat einen separaten Stromkreis. Dadurch kann ein Gerät angeschlossen werden, das maximal so viel Leistung benötigt, wie der Batteriewechselrichter liefern kann. Die Notstromoption steht bei der Professional-Serie ein- oder dreiphasig bereit.
Schweiz und Deutschland sind interessante Märkte. In welchen Ländern vertreiben Sie Ihre Geräte außerdem noch?
Wir haben in Österreich, Norwegen wie auch auf den Kapverdischen Inseln bereits Speicher installiert. Die Verbindungen zu Afrika verstärken sich derzeit, wie auch in osteuropäische Länder. Hier liegen sehr konkrete Anfragen vor, um sich vor längeren Stromausfällen abzusichern.
Das Gespräch führte Niels H. Petersen.
Matthias Grässl ist Gründer und Geschäftsführer der Powerball Systems AG in Solothurn. Das Schweizer Unternehmen ist Hersteller und Entwickler von Stromspeichersystemen mit Notstrom- und Inselfunktion. Mathias Grässl besitzt außerdem Unternehmen in der Schweiz und Deutschland, die Photovoltaik, Stromspeicher und Wärmepumpenlösungen für private und gewerbliche Betreiber planen und realisieren. Die Erfahrungen aus diesen Planungs- und Installationsunternehmen flossen in die Entwicklung und Produktion eigener Stromspeicher ein. Seit 2005 ist Grässl in den erneuerbaren Energien tätig. Davor war er Geschäftsführer eines Elektrogeräteherstellers und hat mehrere Unternehmen entwickelt.