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AKTUELLE MELDUNGEN

Die Meinungen zum Klimaschutzprogramm

Das am Freitag vorgestellte Klimaschutzprogramm der Regierung wird überwiegend kritisiert. Die geplanten Maßnahmen würden nicht ausreichen, die gesetzten Ziele zu erreichen.

Viele Wirtschaftsverbände haben mit Kritik auf das vorgestellte Klimaschutzprogramm reagiert. Insbesondere der niedrige Einstiegspreis für CO2 werde keine Lenkungswirkung entfalten, ist die mehrheitliche Meinung. Positives Echo gibt es vom Verband der Automobilindustrie und dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches.

Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) – Zu Kleinteilig, kein großer Wurf

Von einem großen Wurf kann nicht die Rede sein, ist die Einschätzung von BEE Präsidentin Simone Peter. Sie kritisiert: „Die vielen kleinteiligen Ansätze reichen bei weitem nicht aus, um die deutschen Klimaschutz- und Erneuerbaren-Ziele zu erreichen. Ein Einstiegspreis von lediglich zehn Euro für CO2 ist ein Offenbarungseid für die Mutlosigkeit der Bundesregierung. So kann die CO2-Bepreisung keine ökologische Lenkungswirkung entfalten, zementiert Subventionen für fossile Energieträger und wird den tatsächlichen Kosten, die CO2 verursacht, nicht im Ansatz gerecht. Damit bleiben saubere Technologien weit unter ihren Möglichkeiten.“

Das Klimakabinett kann nicht schlüssig darlegen, wie die Energieversorgung künftig aufgestellt und die Versorgungssicherheit gewährleistet sein soll. Die Annahmen gehen von einem deutlich zu niedrigen Stromverbrauch aus, da der Bedarf an sauberem Strom durch Power-to-X, Elektromobilität und Erneuerbarer Wärme steigen wird. „Mit den heutigen Ankündigungen wird das 65%-Ausbauziel zur Makulatur“, so die BEE-Präsidentin. Im Stromsektor sieht die Bundesregierung gar keine CO2-Bepreisung jenseits des Europäischen Emissionshandels vor. Da dieser nur einen kleinen Bruchteil der CO2-Kosten abdeckt, bleiben die Wettbewerbsvorteile für fossile Energieträger bestehen – allen Klimaschutzbeteuerungen zum Trotz. „Es droht eine Ökostromlücke, die den Industriestandort Deutschland bedroht“, befürchtet Peter.

Zwar sei es erfreulich, dass der 52-Gigawatt-Deckel für Photovoltaik endlich gestrichen wird. Unklar bleibe jedoch, in welchem Umfang Photovoltaik ausgebaut werden soll. Völlig offen sei auch, ob mit dem Maßnahmenpaket die ebenfalls gewaltigen Potenziale der Solarthermie für die Raum- und Prozesswärme gehoben werden.

Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) – Erleichterung über Streichung des Ausbaudeckels

Der BSW fasst die ersten Reaktionen aus der Solarwirtschaft zusammen: Erleichterung über den Fall des Solardach-Deckels, insgesamt aber eher ernüchternd. . „Die Streichung des Förderdeckels für Solardächer wird in letzter Minute einen Markteinbruch abwenden, wenn sie jetzt umgehend gesetzlich fixiert wird. Insgesamt bleibt das Eckpunktepapier aber eher zaghaft und vage. Statt den Solarturbo zu starten, knüpft man einen fluglahmen Flickenteppich“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW.

Unklar bleibt der Umfang der dringend notwendigen Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus. Mehr als fraglich ist, ob mit dem Maßnahmenpaket die ebenfalls gewaltigen Potenziale der Solarthermie für die Raum- und Prozesswärme endlich gehoben werden. Erst jüngst warnten Marktforscher infolge des notwendigen Atom- und Kohleausstiegs vor einer Klimaschutz- und Stromlücke für den Fall, dass das jährliche Ausbautempo der Solarenergie nicht um ein Vielfaches beschleunigt werde. 

Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) – Gesamtpaket enttäuscht

In einer ersten Bewerbung sagte Marie-Luise Wolff, Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): „Die heutige Einigung im Klima-Kabinett enthält zwar einige wichtige Weichenstellungen. Das Gesamtpaket enttäuscht jedoch. Insbesondere bei der CO2-Bepreisung und der notwendigen Strompreis-Entlastung ist die Bundesregierung viel zu zögerlich. Hinzu kommt: Die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale würde die zögerliche Mehrbelastung des CO2-Ausstoßes im Verkehr konterkarieren. Auch die Beschlüsse im Bereich der Erneuerbaren Energien sind nicht ausreichend, um das Ziel von 65 Prozent Erneuerbarer Energien bis 2030 zu schaffen. Gerade an diesen entscheidenden Punkten ist der Koalition alles andere als ein großer Wurf gelungen“.

Beim dringend notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien fehlt der Koalition die notwendige Entschlossenheit: So soll es zwar richtigerweise einen höheren Zubau von Meeres-Windparks geben. Enttäuschend und kontraproduktiv ist aber die Einführung eines pauschalen Mindestabstands für Windanlagen an Land zur Wohnbebauung in Höhe von 1.000 Metern. Damit werden die Flächenrestriktionen sogar noch verschärft anstatt abgebaut. Zu begrüßen ist hingegen die Aufhebung des 52 -Gigawatt-Deckels bei der Photovoltaik.

Positiv ist, dass sich die Koalition endlich dazu durchringen konnte, Energiespeicher von bestehenden Umlagen zu befreien. Das hatte der BDEW seit Jahren mit Nachdruck gefordert.

Die Maßnahmen zur Elektromobilität begrüßt Wolff. Allerdings erscheinen die Beschlüsse zur Ladeinfrastruktur noch undurchdacht. Damit werden aus Sicht des BDEW die hohen Zielvorgaben nicht erreichbar sein. Die Forderung nach einer Million Ladesäulen ist aus BDEW-Sicht überdimensioniert. Nach BDEW-Berechnungen sind 350.000 öffentliche Ladepunkte für die geplanten zehn Millionen E-Autos vollkommen ausreichend.

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): Keine Antwort auf die Klimakrise

Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND kommentiert: „Die Große Koalition ist an ihren eigenen Zielen gescheitert. Das ist eine bittere Nachricht für das Klima und für alle Klimaschützerinnen und Klimaschützer, die heute die Straßen geflutet haben. Die Bundesregierung liefert keinen großen Wurf und keine Antwort auf die Klimakrise. Nach einer Dekade, in der die Emissionen in Deutschland kaum gesunken sind, nach Monaten des politischen Ringens, liefert sie ein Stückwerk aus halbgaren Maßnahmen, Ankündigungen und Absichtserklärungen. Die Union ist hauptverantwortlich für den fehlenden Ehrgeiz, aber auch die SPD hatte offenbar nicht die Kraft, ihre Positionen durchzusetzen. Dieses schwache Klimapaket dokumentiert das Versagen vor der Herausforderung der Klimakrise und den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen. 

Das mögliche Klimaschutzgesetz kann über die Defizite in allen anderen Bereichen nicht hinwegtäuschen. Der CO2-Preis ist lächerlich niedrig, seine Einführung wird durch ein Handelssystem unnötig verkompliziert. Selbst bei der Energiewende ging es der Union hauptsächlich darum, mit pauschalen Abstandsregelungen für Windräder weiter Sand ins Getriebe zu werfen. Auf das Kohleausstiegsgesetz will man sich jetzt erst bis November einigen. Auch hier blockiert die Union.“

Deutsche Energie-Agentur (DENA): Einstieg in einen Kurswechsel

Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur sagt: „Das Klimapaket der Bundesregierung kann ein Einstieg in einen Kurswechsel sein. Die dafür nötigen Instrumente sind enthalten: eine Bepreisung von CO2 und eine Flankierung durch vielfältige Programme, die Wechseloptionen für Verbraucher und Industrie schaffen. Viele aber haben sich insbesondere bei der Ausgestaltung des ökonomischen Rahmens deutlich mehr gewünscht, damit neue klimafreundliche Geschäftsmodelle und Technologien noch schneller in den Markt kommen können. Das, was heute politisch möglich war, ist sehr wahrscheinlich noch nicht genug, um die Klimaziele 2030 zu erreichen.

Bundesverband Wärmepumpe (BWP): Maßnahmen greifen zu kurz

Die vom Klimakabinett vorgestellte Lösung eines nationalen Emissionshandelssystems für die Sektoren Verkehr und Wärme greifen nach Meinung des BWP zu kurz. „Um eine Lenkungswirkung im Sinne des Klimaschutzes zugunsten von Wärmepumpen zu entfalten, sind die Entlastungen bei den Strompreisen und die Belastungen von CO2-Emissionen  zumindest in den Anfangsjahren viel zu niedrig“, sagt Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP.  Der Strompreis müsse in Zukunft deshalb noch deutlich stärker entlastet werden, etwa durch die Absenkung der Stromsteuer.

Auch der angedachte Zuschuss von 40 Prozent beim Austausch einer alten Ölheizung gegen erneuerbare Wärme sei positiv zu bewerten. „Entscheidend ist, dass im Falle eines Austausches immer zunächst der Wechsel zu einem erneuerbaren System wie Wärmepumpe oder Pelletheizung geprüft wird. Denn in den meisten Fällen ist auch die Modernisierung von Bestandsgebäuden mit Wärmepumpen sinnvoll und möglich.“

Dass der Einbau von Ölheizungen ab 2026 nicht mehr gestattet sein soll, ist ein deutliches Signal. Es  wird allerdings stark eingeschränkt, da Ölheizungen in Kombination mit klimafreundlichen Wärmeerzeugern als Hybridanlagen auch nach 2026 weiterhin verbaut werden dürfen.

Grund zur Freude beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW)

Deutlich positiv äußert sich Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW: „Die Bundesregierung spricht sich für Gas als Energieträger mit Zukunft aus. Wir begrüßen diese Position ausdrücklich. Das ermöglicht, gasbasierte Lösungen dort einzusetzen, wo heute noch CO2-intensive Energieträger das Klima belasten. Damit hat Deutschland eine realistische Chance, die großen Herausforderungen der Energiewende zu bewältigen. Positiv zu erwähnen sind die Entscheidungen der Bundesregierung, im Mobilitätssektor regenerative Kraftstoffe zu unterstützen und wasserstoffbasierte Antriebe, insbesondere für LKW und Busse, voranzutreiben. Die Rolle des Wasserstoffs zu stärken und das damit verbundene Bekenntnis, der Brennstoffzellentechnologie auf Wasserstoffbasis zu einer breiten Anwendung verhelfen zu wollen, ist ein wichtiges Signal, um Treibhausgase effizient zu vermeiden und das Klima zu schützen. Positiv bewerten wir darüber hinaus, dass durch den geplanten Anreiz zur Erneuerung veralteter Öl-Heizungen, moderne Gastechnologien gestärkt werden.“

Verband der Automobilindustrie begrüßt Anreiz für CO2-sparendes Verhalten

Die Automobilindustrie begrüßt, dass das Klimakabinett den Einstieg in die CO2-Bepreisung beschlossen hat. Mit der Einführung eines nationalen Emissionshandels für die Sektoren Gebäude und Verkehr wird der Weg über einen mengenbasierten Ansatz gewählt. Damit bekommt CO2 einen Preis. Es entsteht ein Anreiz für CO2-sparendes Verhalten. Dieser ergänzt die Lenkungswirkung der bereits bestehenden EU-Flottengrenzwerte für CO2. Positiv ist, dass die generierten Mittel so eingesetzt werden sollen, dass klimafreundliche und sozialverträgliche Mobilität gefördert wird. Und es wird möglich, perspektivisch ein einheitliches Emissionshandelssystem auf europäischer Ebene zu schaffen. (PF)

Hier lesen Sie im Überblick die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Klimaschutz.