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Grün im ewigen Eis

Uruguay nutzt bereits fast vollständig Ökostrom. Erneuerbare produzieren im Verbund mit Biomasse zuverlässig Megawattstunden. Bei einer Forschungsstation am Südpol soll Photovoltaik ebenfalls helfen, die strengen Umweltauflagen zu erfüllen.

Entlang der rund 180 Kilometer langen Strecke auf der vierspurigen Ruta 1 kommt dem Reisenden die Landschaft sehr norddeutsch, ja heimisch vor. Die Nationalstraße führt an der Südwestküste des Landes von Colonia del Sacramento in die Hauptstadt Montevideo. Plattes Land, grüne Felder und immer wieder Windkraftanlagen rauschen vorbei. Nicht nur das: Plötzlich regnet es mitten im sommerlichen Februar. Echtes Schietwetter, zumindest an diesem einen Tag. Das lässt die subtropische Grassteppe am Río de la Plata gedeihen.

Dass auch Windräder wie Pilze aus dem Boden schießen, liegt an der Strategie, vollständig auf Ökoenergie umzustellen. Bis 2030 will der Staat klimaneutral werden. Uruguay erzielt dabei schnelle Erfolge. Im Jahr 2015 lieferten Erneuerbare 95 Prozent des Stroms und 55 Prozent des gesamten Energiebedarfs. Inzwischen kommen fast 100 Prozent der Stromversorgung aus Wasserkraft, Photovoltaik, Wind und Biomasse.

Den Klimawandel besser verstehen

Wie viele andere Nationen betreibt Uruguay seit über 30 Jahren eine Forschungsstation in der Antarktis. Die Artigas-Basis eröffnete im Dezember 1984. Die Station bietet Raum für zehn Wissenschaftler und 15 weitere Stationsmitarbeiter während der Sommermonate und sie wurde traditionell mit Strom aus Dieselgeneratoren versorgt. Das ändert sich nun. Denn auch in der Antarktis will Uruguay grüner werden.

Die Forschungsstation dient auch zum besseren Verständnis des globalen Klimawandels. Zudem muss sie so betrieben werden, dass die Forschung das sensible Ökosystem nicht schädigt. Deshalb unterliegt sie strengen Auflagen zum Schutz des eisigen Kontinents. Aber die Emissionen sind nicht der einzige Nachteil des Diesels. Der Transport, die Lagerung und Bereitstellung des fossilen Brennstoffs für den Generator sind gefährlich und verteuern die Stromversorgung. Solarenergie ist hier Teil der Lösung: Novasol Ingeniería, der größte Solarteur in Uruguay, bekam den Auftrag, eine Pilotanlage zu bauen, die den extremen Umweltbedingungen standhält.

Die Herausforderung: beißende Winde mit Geschwindigkeiten von bis zu 200 Kilometern pro Stunde, eisige Temperaturen und ein extremer Tageslichtunterschied von bis zu 16 Stunden Licht im Sommer und weniger als zwei Stunden im Winter. Zudem musste die Anlage in einem sehr kurzen Zeitfenster installiert werden, bevor der harte Winter kam. Bei den Wechselrichtern setzte der Projektierer auf ABB. Das einphasige Gerät verfügt über 1,2 Kilowatt Leistung und kommuniziert über einen Datenlogger. Eine Wetterstation und ein Fehlerstromschutz sind ebenso installiert.

Wissen über Wettermuster sammeln

Künftig möchte Uruguay 45 Prozent der Energieversorgung für die Artigas-Station aus erneuerbaren Energien gewinnen. Den Strom liefern vier Module mit je 310 Watt Leistung vom chinesischen Konzern BYD, die Techniker von Novasol Ingeniería an die Stationswand gen Süden montiert haben. Seit März, rechtzeitig bevor der Winter auf der Südhalbkugel anbricht, speist die Anlage nun ins Stationsnetz. Sie kann aus der Ferne überwacht werden, um Daten zu den Energieerträgen sowie zu Wettermustern zu sammeln.

Das verbessert wiederum die Informationsbasis für eine größere Anlage in der Region. Denn es gibt bereits Pläne, eine Photovoltaikanlage mit 100 Kilowatt Leistung im nächsten Jahr zu installieren. Auch wenn die Installation unter schwierigen Bedingungen erfolgte: „Das Projekt zeigt, wie leistungsstark Solarlösungen an jeglichem Standort der Welt sein können“, frohlockt Francisco Manfredi von ABB Uruguay. (Niels Hendrik Petrsen)