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Interview-Swissolar (1): “Die Einmalvergütung ist eine Verbesserung“

Mit dem Jahreswechsel gilt bei den Eidgenossen ein neues Energierecht. Der Branchenverband hofft auf neuen Schwung für die Photovoltaik, frohlockt David Stickelberger, Chef von Swissolar.

Herr Stickelberger, wie wird sich das ab 2018 geltende, neue Energierecht auf den Photovoltaikmarkt auswirken?

David Stickelberger: Eine Prognose ist schwierig. Die Verordnungen zum neuen Gesetz, also die Ausführungsbestimmungen, sind zwar seit November veröffentlicht. Es bleiben allerdings für uns wichtige Fragen offen, über die im Extremfall noch die Gerichte entscheiden werden. Trotz dieser Unsicherheiten sind wir zuversichtlich, dass die Photovoltaik auf den Wachstumskurs zurückkehrt. Spätestens 2019 sollte wieder die Schwelle des jährlichen Zubaus von 300 Megawatt überschritten werden, der Anstieg könnte 400 Megawatt erreichen. Dabei helfen die sinkenden Anlagenpreise, da die knappen Fördermittel auf mehr Anlagen aufgeteilt werden können.

Was ändert sich konkret für die Betreiber von Photovoltaikanlagen in der Schweiz?

Für die Anlagen im bisherigen Fördersystem der kostendeckenden Einspeisevergütung, kurz KEV, ändert sich nichts. Nur größere Generatoren mit mehr als 500 Kilowatt Leistung müssen ab 2020 ihren Strom direkt vermarkten.

Wie sieht bei neu gebauten Anlagen aus?

Von der KEV-Warteliste sind 18.000 der insgesamt 38.000 Anlagen bereits gebaut worden. Nach heutigem Stand werden jedoch nur noch bis zu 1.000 der kleinen Anlagen, die bis zum 30. Juni 2012 angemeldet wurden, auch die KEV erhalten. Die Zusagen sollen innerhalb von drei Jahren erfolgen, wobei die Tarife um 20 Prozent geringer ausfallen werden. Für alle Anlagen mit weniger als 100 Kilowatt Leistung, die nach Mitte 2012 angemeldet wurden, gibt es nur noch die Einmalvergütung. Nur Anlagen mit über 100 Kilowatt Leistung haben weiterhin ein Anrecht auf die KEV-Förderung. Allerdings gilt für diese Anlagen die Pflicht zur Direktvermarktung ab 2020. Alternativ können sie die Einmalvergütung beanspruchen, die maximal 30 Prozent der Investitionskosten deckt. Dann fällt die Pflicht zur Direktvermarktung weg.

Welche konkrete Vergütung erhalten Anlagen, die derzeit im Bau sind?

Mit KEV-Zusage oder einer Anmeldung vor Mitte 2012 gibt es elf Rappen, sonst bleibt nur die Einmalvergütung für die Betreiber.

Immerhin fließt ab 2018 mehr Geld in den Netzzuschlagsfonds und damit in Photovoltaikprojekte. Das ist von Vorteil.

Richtig. Der Maximalbetrag steigt von 1,5 auf 2,3 Rappen pro Kilowattstunde. Aus dem Fonds werden unter anderem die KEV-Einspeisevergütung sowie die Einmalvergütungen gezahlt. Ganz genau stehen für die KEV 1,3 Rappen und für die Einmalvergütung 0,2 Rappen bereit. Der restliche Rappen fließt in große Wasserkraftwerke, Geothermie-Erkundungen und Rückerstattungen für die Industrie.

Wie beurteilen Sie die gekürzten Vergütungssätze für bereits realisierte Anlagen?

Das ist ein unschöner Entscheid, der die Rechtssicherheit in der Schweiz durchaus infrage stellt. Er ist aber angesichts der extrem knappen Mittel ein Stück weit nachvollziehbar. Klagen von Betreibern sind nicht auszuschließen, ich halte sie aber für weitgehend aussichtslos.

Wie wirkt sich die lange Warteliste der KEV-Förderung auf die Entwicklung des Schweizer Marktes aus?

Insgesamt befinden sich, wie schon erwähnt, 38.000 Anlagen auf der Warteliste. Mit der Einmalvergütung können diese Anlagen wieder gefördert werden. Leider gibt es auch bei der Einmalvergütung lange Wartezeiten für Neuanmeldungen: Unter 100 Kilowatt Leistung beträgt sie zwei bis drei Jahre, für größere Generatoren sogar sechs bis sieben Jahre. Es wird wichtig sein, dass die Bauherren Vertrauen darauf haben, dass die Förderung auch nach der Wartezeit noch existiert. Nur dann bauen sie schon während der Wartezeit. Es ist gut, dass die Photovoltaik nicht mehr in der KEV ist, da die letzten Zusagen für Anlagen im Jahr 2023 enden. Die Einmalvergütung läuft noch bis 2030.

Künftig können auch deutlich größere Photovoltaikanlagen die Einmalvergütung bekommen. Warum ist das ein Vorteil?

In den letzten zwei Jahren gab es faktisch keine Förderung für Photovoltaikanlagen mit mehr als 30 Kilowatt Leistung, der Markt war deshalb stark eingebrochen. Die Einmalvergütung ist nun immerhin eine Verbesserung unter den relativ schlechten Rahmenbedingungen in der Schweiz. Anlagen mit einer hohen Eigenverbrauchsquote werden dadurch wieder lukrativ. Bisher wurden Anlagen zwischen 30 und 50 Kilowatt Leistung kaum gebaut, weil die anfallenden Messkosten relativ teuer waren. Sie machen bis zu einem Viertel der Gesamtkosten der Anlage aus. Mit der Einführung der Smart Meter entfällt eine Lastgangmessung über 30 Kilowatt und damit auch horrende Messgebühren. Für Anlagen größer 100 Kilowatt schlägt allerdings die lange Wartedauer ins Kontor.

Das Gespräch führte Niels H. Petersen.

Lesen Sie im 2. Teil: Eine neue gesetzliche Definition der Eigenverbrauchsgemeinschaften ermöglicht es ab sofort, dass sich Gewerbe und Wohngebäude gegenseitig versorgen. Wichtige Fragen sind aber noch offen, mahnt David Stickelberger, Chef von Swissolar.