Die vier großen Ökostromanbieter haben in einem offenen Brief die Ministerpräsidenten der Bundesländer aufgefordert, in den Verhandlungen über das EEG die Bundesregierung mehr unter Druck zu setzen. Sie skizzieren die offensichtlichen Fehlentwicklungen, die dringend mit der jetzt anstehenden EEG-Novelle behoben werden müssen, statt neue Hürden aufzustellen.
Die Regierungschefs der Bundesländer müssen sich bei den bevorstehenden Sondertreffen mit der Bundesregierung für wichtige Korrekturen in der geplanten EEG-Novelle einsetzen. Das fordern die vier größten Ökostromanbieter Naturstrom, Lichtblick, Greenpeace Energy und Elektrizitätswerke Schönau (EWS) in einem gemeinsamen offenen Brief an die Ministerpräsidenten der Bundesländer. Einer der zentralen Kritikpunkt ist, dass eine echte Belieferung mit Grünstrom immer noch nicht möglich ist und innovative Eigenversogungsmodelle immer noch behindert werden. „Der vorliegende Entwurf des EEG 2016 ignoriert den Bedarf für neue Vermarktungsformen, die etwa erlauben, dass Menschen ihre Nachbarn mit selbst produziertem Strom mitversorgen“, schreiben die vier Unternehmen in ihrem offenen Brief.
Finger auf der offenen Wunde
Damit legen die Ökostromanbieter den Finger auf eine Wunde, die der Photovoltaikbranche schon lange das Leben in schwer macht. Unter anderem diese Hürde ist es, die den Zubau in den vergangenen Jahren so weit sinken ließ, dass noch nicht einmal die von der Bundesregierung anvisierten Ziel erreicht werden. Mieterstrommodelle, die direkte Belieferung von Gewerbetreiben und die Eigenversorgung von Industrieunternehmen werden ausgebremst, weil der Strom, der überhaupt nicht durch ein öffentliches Netz fließt, mit der EEG-Umlage belastet wird. In den ersten beiden Fällen sogar mit der vollen EEG-Umlage. Die Ökostromanbieter fordern deshalb, im neuen EEG eine Direktvermarktungsform zu regeln, die eine echte Grünstrombelieferung und innovative Eigenversorgungsmodelle wie Mieterstrom ermöglicht.
Zugesagte Klimaziele werden nicht erreicht
Außerdem warnen die Grünstromversorger vor wirtschaftlichen Verwerfungen durch einen begrenzten Ausbau der Windenergie an Land, wie er im EEG künftig vorgesehen ist. „Die aktuelle Novelle des EEG deckele den Zubau regenerativer Kraftwerke derart massiv, dass die bei der Weltklimakonferenz in Paris zugesagten Emissionsminderungen kaum zu erreichen sind“, warnen die vier Unternehmen. „Ins EEG 2016 müssen deshalb verlässliche, ambitionierte Mindestausbaumengen aufgenommen werden. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb die Bundesregierung ohne Not ihre technologische und moralische Vorreiterrolle aufgibt und erklärte politische Ziele über Bord wirft.“
Zudem kritisieren sie, dass kleine Bürgerenergieakteure von Risiken durch geplante Ausschreibungen für erneuerbare Energien bedroht sind. „Die Sonderregelungen im EEG-Entwurf 2016 für Bürgerenergieakteure helfen kaum und sind teils sogar schädlich“, schreiben die Ökostromanbieter. „Hier sind Nachbesserungen dringend nötig, wie sie die EU-Vorgaben ausdrücklich vorsehen.“
Charakter der Energiewende ist gefährdet
Durch die EEG-Novelle, wie sie jetzt geplant ist, verliere die Energiewende ihren jetzigen Charakter, kritisieren die Versorger von etwa einer Million Haushalte und Gewerbebetriebe in ihrem offenen Brief. Schließlich ist die Energiewende „ein Gemeinschaftswerk, das von Bürgerinnen und Bürgern getragen und nicht in erster Linie von Großprojekten und Gewinnmaximierung bestimmt wird“, betonen sie in dem gemeinsamen Scheiben an die Ministerpräsidenten der Länder. Diese treffen sich am kommenden Donnerstag in Berlin mit der Bundesregierung und werden dort über die EEG-Reform beraten. Dort sollen sie „ihre politischen Möglichkeiten dafür einzusetzen, die skizzierten Fehlentwicklungen abzuwenden und sinnvollen Regelungen zum Durchbruch zu verhelfen, die eine zügige, gerechte, kostengünstige und von hoher Akzeptanz getragene Energiewende ermöglichen“, fordern Naturstrom, Lichtblick, Greenpeace Energy und EWS. Den offenen Brief haben die vier Ökostromunternehmen nicht nur an die Länderchefs verschickt, sondern parallel auch an alle Mitglieder des Deutschen Bundestags. Schließlich wird das Parlament in den kommenden Wochen über die Novelle des EEG beraten. (Sven Ullrich)