Die Förderung der erneuerbaren Energie in der Schweiz beträgt nur ein Zehntel der Subventionen, die die Betreiber von Atomkraftwerken bekommen. Selbst bei einer Anhebung des Förderbeitrags der Stromkunden muss jeder Schweizer mehr Geld für die Atomkraft bezahlen als für die erneuerbaren Energien.
Die erneuerbaren Energien senken den Strompreis in der Schweiz und ersetzen die Atomkraft, den eigentlichen Treiber des Strompreises in der Eidgenossenschaft. Dies ist das zentrale Ergebnis einer Studie über die Kosten von Atom- und Ökostrom. Diese hat das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) mit Sitz in Berlin im Auftrag der Schweizerischen Energiestiftung (SES) erstellt. Die Studie räumt mit der Vorstellung des vermeintlich billigen Atomstroms auf. Im Gegensatz zu den erneuerbaren Energien sind die Zusatzkosten der Atomenergie nicht nur auf der Steuerrechnung versteckt, sondern auch noch viel höher als die Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien in der Schweiz. „Das ist unehrlich“, betont die SES. „Werden alle Kosten berücksichtigt, ist Strom aus erneuerbaren Quellen heute schon günstiger.“
1,1 Rappen für Erneuerbare, 6,5 Rappen für Atomkraft
Derzeit zahlt jeder Stromkunde in der Schweiz einen Beitrag von 1,1 Rappen zur Förderung von erneuerbaren Energien. Dieses Geld fließt in die Kostendeckende Einspeisevergütung, um den Bau von Ökostromanlagen anzureizen. Damit beträgt die Förderung der erneuerbaren Energien für den Stromkunden nur ein Sechstel der versteckte Subventionierung der Atomkraft. „Würde man die Zusatzkosten der Atomkraft nach KEV-Modell auf die Endverbraucher umlegen, läge diese Atomabgabe im Jahr 2014 bei umgerechnet 6,5 Rappen pro Kilowattstunde“, rechnen die Autoren der Studie vor. „Private Haushalte müssten statt 21,4 Rappen durchschnittlich 28 Rappen für eine Kilowattstunde Strom bezahlen.“ Selbst bei einer Anhebung des Förderbeitrags der Stromkunden zur Finanzierung der Energiewende bleiben die Subventionen für die Atomkraft drei mal so hoch wie die Unterstützung des Ausbaus von Ökostromanlagen.
Atomkraft bekommt zehnfache Subventionen
In absoluten Zahlen werden diese erheblichen Unterschiede deutlich. Im vergangenen Jahr wurden für die Atomenergie Zusatzkosten von 3,7 Milliarden Franken fällig. In die Berechnung sind die fehlenden Haftpflichtversicherungen, die zu geringen Rückstellungen der Betreiber der Atomkraftwerke für den Rückbau und die Entsorgung der Anlagen und des Atommülls und vom Staat ausgereichte Gelder für die Erforschung der Atomenergie eingerechnet. Im Vergleich dazu betragen die Summen für die Förderung von erneuerbaren Energien in Höhe von 340 Millionen Franken nur ein Zehntel der vom Staat – und damit vom Steuerzahler – finanzierten Atomenergie. In die Summe der Unterstützung der erneuerbaren Energien sind die Kosten für die Förderung der Solarforschung mit berücksichtigt.
Erneuerbare ersetzen Atomkraft
Ein weiterer Ansatz zur Berechnung der Förderungen ist, die jeweilige Gesamtfördersumme für jede Technologie ins Verhältnis zur jeweils mit dieser Technologie erzeugten Strommenge zu setzen. Dabei ergibt sich zwar, dass die neuen erneuerbaren Energien eine viel höhere spezifische Förderung bekommen als die Atomkraft. Doch wird der jetzige Zubau der erneuerbaren Energien die künftigen gesellschaftlichen Folgekosten der Stromerzeugung vermeiden helfen. Deshalb sollte diese nicht als Beleg für die zu hohen Kosten der neuen erneuerbaren Energien oder gar für die geringeren Kosten von Atomstrom gewertet werden, betonen die Autoren der Studie. Denn die anfänglichen Investitionen zahlen sich aus, wen die Kostendegression zu niedrigen Strompreisen führen.
Im Gegensatz dazu verursacht die Atomkraft hohe und bisher kaum bezifferbare Folgekosten, die erst nach der Abschaltung der Kraftwerke fällig werden. „Außerdem sind die heute diskutierten Kosten der Förderung von neuen erneuerbaren Energien für die Atomenergie in anderer Form und im Laufe der letzten Jahrzehnte ebenfalls und in noch größerem Ausmaß gewährt worden. Hätten die AKW-Betreiber auch nur einen relevanten Teil der Kosten selbst tragen müssen, wäre diese Technologie vermutlich nie eingeführt worden. Die hohen vergangenen Förderungen haben die heutige Marktposition der Atomenergie überhaupt erst ermöglicht. Fast alle Förderungen sind zumindest indirekt relevant für die Markteinführung und Wettbewerbsvorteile zugunsten der Atomenergie.“
Ergebnisse in der Energiestrategie berücksichtigen
Auf der Grundlage dieser Ergebnisse appelliert der SES an alle Ständeräte, in der Herbstsession die Erkenntnisse aus dieser Studie bei ihrer Entscheidung zur Energiestrategie 2050 mit einzubeziehen. „Es braucht einen verbindlich Termin für den Ausstieg aus einer Technologie, welche hohe Kosten verursacht“, betont der SES. „Dadurch kann auch ihr Ersatz durch erneuerbare Energien konkret geplant und vorangetrieben werden.“ (Sven Ullrich)