Die EU hat die Regelungen für den Handel mit Umweltverschmutzungsrechten leicht geändert. In Zukunft sollen weniger Zertifikate am Markt sein als bisher und der Preis damit steigen. Das reicht nicht aus, wie aus einer Auswertung der Reformschritte durch Agora Energiewende und dem Öko-Institut hervorgeht.
Die Änderung der Regelungen im europäischen Handel mit CO2-Zertifikaten (Emission Trade System – ETS) hat zwar einige Verbesserungen für den Klimaschutz gebracht. Doch kann das nur der erste Schritt sein, um den Emissionshandel mit der Energiewende in Europa zu verzahnen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Experten des Öko-Instituts in Zusammenarbeit mit ihren Kollegen von Agora Energiewende erstellt haben.
Mit der Reform des Emissionshandels hat die Europäische Kommission auf das bisherige Versagen des ETS als Steuerungselement für die Verringerung von Treibhausgasen reagiert. Denn schon lange ist der Preis, den unter anderem Betreiber von Kohle- und Gaskraftwerken für den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid bezahlen müssen, viel zu niedrig.
Mehr Zertifikate entwerten
Der Grund: Es sind zu viele Zertifikate am Markt. Das will die Kommission mit der Anfang März beschlossenen Reform ändern. Denn ab 2023 gilt: Der größte Teil der überschüssigen Zertifikate wird automatisch gelöscht. Wenn ein Kohlekraftwerk stillgelegt wird, können die teilnehmenden Staaten die Zertifikate entwerten, die dieses Kraftwerk gebraucht hat, um Kohlendioxid ausstoßen zu können. Bisher wurden die Zertifikate auf andere Umweltverschmutzer verteilt, wenn ein Kohlekraftwerk vom Netz gegangen ist. Das hat den Preis weiter gedrückt und jede Klimaschutzmaßnahme entwertet.
Außerdem soll in den Jahren 2021 bis 2030 die Anzahl der Verschmutzungsrechte von bisher 1,74 auf 2,2 Prozent pro Jahr sinken. Das ist auch notwendig, wenn die EU ihre Klimaschutzziele überhaupt erreichen will. „Mit der aktuellen Reform des Emissionshandels ist ein wichtiger erster Schritt getan worden, die CO2-Bepreisung wieder zu einem relevanten Teil des klimapolitischen Werkzeugkastens zu machen“, sagt Felix Christian Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik des Öko-Instituts. „Aber eben auch nur ein erster Schritt, auf den weitere folgen müssen.“
Schneller auf aktuelle Situation reagieren
Schließlich hat sich zwar der Preis für eine Tonne CO2 an der Börse bei 15 Euro stabilisiert. Das hat auch den Effekt, dass die Kapazitäten der Steinkohlekraftwerke durch Gaskraftwerke ersetzt werden, die weniger CO2 ausstoßen. Dadurch brauchen sie auch weniger Zertifikate, was den Effekt der Reform weitgehend zunichte macht. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass der CO2-Preis bis 2024 nur wenig auf 17 Euro pro Tonne steigen wird. Auch danach deutet nichts darauf hin, dass der Preis weiter steigen wird, trotz Reformmaßnahmen.
Wie weitere Schritte aussehen können, um den CO2-Preis auf ein realistisches Niveau zu heben, haben die beiden Projektpartner herausgearbeitet. So sollten die Staaten, die am Emissionshandel teilnehmen, die Markteinführung von klimafreundlichen neuen Technologien tatkräftig unterstützen. Zudem muss die Kommission die Phasen verkürzen, in denen die Regeln für den Emissionshandel angepasst werden. Denn mit kürzeren Handelsphasen können man schneller auf Änderungen und Neuentwicklungen reagieren. Andererseits würde sich nicht jede zusätzliche Klimaschutzmaßnahme oder ein schnellerer Ausbau von erneuerbaren Energien kontraproduktiv auf den CO2-Preis auswirken. Deshalb sei es auch notwendig, die Zahl der CO2-Zertifikate am Markt schneller an die aktuelle Situation anzupassen. Zudem werden schon jetzt Rufe nach einem CO2-Mindestpreis laut. Dann könnten alle Zertifikate, die zu diesem Preis keinen Abnehmer finden, automatisch gelöscht werden. (su)