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Anlagen von der Stange

Alles passt auf eine Palette, eine Photovoltaikanlage komplett mit Modulen, Montagesystem, Steckern, Anschlusskabeln und Wechselrichtern. Aufwändige eigene Planung und Konfiguration entfallen. Eine Atlaskarte im Internet verrät, in welchen Gebieten Deutschlands das Aufdachsystem installiert werden kann. Dazu formuliert Cetrosolar im Netz gleich noch acht Bedingungen, und wenn die alle erfüllt sind, soll das standardisierte Komplettsystem optimal funktionieren – ohne aufwändige individuelle Planung und Konfiguration. Centrosolar hat sein neues Cenpac auf der Intersolar Europe in München vorgestellt, es ist

in vier Varianten erhältlich, das muss reichen, mehr Individualität ist nicht drin. Sharp präsentierte auf der Intersolar mit dem „Hamburger Dach“ ebenfalls eine standardisierte Systemlösung für den Kleinanlagenbereich. Sharps Abnehmer können die Komplettsysteme in nur drei Größen ordern. Auch andere Anbieter bieten Photovoltaikanlagen von der Stange an, manchmal zeitlich limitiert als Promoaktion, wie beispielsweise PV5 Solar Concept. Der Fachgroßhändler offeriert immer mal wieder Standardpakete im Rahmen von 100- und 500-Dächer-Kampagnen. Für diese Aktionen in verschiedenen Orten schließt sich PV5 dann mit Kommunen, Handwerksinnungen und ausgewählten Modulherstellern zusammen, um die Pakete zwei Prozent billiger als individualisierte Komplettsysteme anzubieten.

Ob standardisiert oder individuell zusammengestellt: Für Komplettsysteme spricht zunächst der geringere Planungsaufwand. Der Installateur muss sich keine Gedanken darüber machen, welche Module er mit welchen Montagegestellen und Wechselrichtern kombiniert und wie die Teile dimensioniert werden. Außerdem verringern sich die Transportkosten, alles kommt aus einer Hand. Und für den Handwerker ergibt sich ein weiterer Vorteil: Er hat als Lieferanten und für Garantieansprüche einen zentralen Ansprechpartner.

Dafür sind aber die Hersteller für die Anlagen vorgegeben und die Komponenten können nicht individuell über Herstellergrenzen hinweg konfiguriert werden. Die Qualität der Zusammenstellung ist abhängig davon, welche Daten der Komplettanbieter überhaupt erfasst und wie er sie bearbeitet. Und hier gibt es große Unterschiede. Dachschräge und Strahlungsintensität beispielsweise interessieren manche Anbieter überhaupt nicht. Während etwa Entrason acht Seiten ausgefüllter Vordruck reichen, erfasst Centrosolar mit seinem aufwändigen Online-Tool deutlich mehr und will beispielsweise Strahlungsintensität und Dachneigung wissen.

Anlagengröße entscheidet

Dennoch ist auch diese Fernabfrage nicht mit der geschulten Prüfung des Objekts vor Ort und einer darauf fußenden individuellen Planung zu vergleichen. Es gilt abzuwägen, inwieweit der erhöhte Investitionsaufwand für die Planung vor Ort durch den zu erwartenden Mehrertrag gerechtfertigt ist. Entscheidend dabei ist die Größe der Anlage. „Bei größeren Anlagen, zum Beispiel auf Reithallen oder kleineren Gewerbeflächen, wo die Auslegung doch mehr Kompetenz verlangt, wird der Solarteur weiter die beste Wahl sein. Er stellt die Anlage typischerweise individuell zusammen“, sagt Alexander Kirsch, Vorstandsvorsitzender der Centrosolar Group. Hier würden sich Komplettsysteme nicht durchsetzen.

Anders bei kleineren Dachflächen. „Das Einfamilienhausdach ist für den typischen Solarteur zu klein. Das macht dann ein lokaler Handwerksbetrieb, zum Beispiel der Heizungsinstallateur. Dieser wartet regelmäßig die Heizung und kennt somit den Kunden.“ Deshalb werde er normalerweise auch mit der Installation der Photovoltaikanlage für dieses Haus beauftragt. Für ihn seien Komplettsysteme interessant. Ohne allzu spezialisiertes Wissen könne er die Anlage zu einem akzeptablen Preis auslegen und sich bei der Zusammenstellung auf die Kompetenz des Komplettanbieters stützen. Bleibt zu hoffen, dass die wirklich in jedem Fall so hoch ist, denn schließlich ist auch eine kleinere Solaranlage eine größere und langfristige Investition.

Neue Marktchancen

Noch weniger Wissen braucht der Installateur für die Fertigpakete. Hier ist die Abstimmung aller Einzelkomponenten fest vorgegeben. Allerdings muss er bei geringeren Investitionen auch geringere Erträge akzeptieren, denn das Modulset wird in den seltensten Fällen das Dach flächendeckend überspannen. Dennoch, oder besser gesagt gerade deshalb sieht Kirsch hier neue Marktchancen. „Der Wunsch, das Dach vollständig auszunutzen, wird sich mit der jetzt anstehenden EEG-Novelle ändern, weil das Thema Eigenverbrauch eine andere Rolle spielt.“ Für den Eigenverbrauch wird es nach der Absenkung der Einspeisetarife immer noch mehr Geld geben als für die Einspeisung ins Netz, allerdings nur, wenn der Eigenanteil wenigstens 30 Prozent beträgt. „Dann ist aber nicht mehr die Frage, wie groß ist mein Dach und was kann ich draufsetzen, sondern: Wie hoch ist mein Verbrauch und wie dimensioniere ich die Anlage so, dass ich sie zu einem relevanten Anteil selbst nutze.“ Da bieten sich pauschale Aufdachanlagen in normierten Leistungsgrößen an. Diese müssen nicht an die Besonderheiten des Dachs angepasst werden.

Sollte der Trend wirklich in diese Richtung gehen, wäre das ein weiteres absurdes Beispiel für die Absicht eines Gesetzes, nämlich den Eigenanteil absolut zu erhöhen und die Photovoltaik damit insgesamt voranzubringen, und die gegenteilige Wirkung: Die Erzeuger hätten kein Interesse mehr daran, so viel Strom wie möglich zu erzeugen. Bleibt zu hoffen, dass durch die Standardisierung mehr Kunden erreicht werden, so dass eine höhere Anzahl der PV-Dächer diesen Effekt zumindest teilweise kompensiert. Wie auch immer sich die künftigen Erzeuger verhalten werden, Komplettsysteme sind für kleine Anlagen eine interessante Option.

William Vorsatz

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