Der Berner Versorger BKW hat im vergangene Jahr die Abnahmetarife für Solarstrom drastisch gesenkt. Das Parlament des Kantons fordert jetzt die Einflussnahme der Regierung als Mehrheitseigentümerin, den Entscheid rückgängig zu machen.
Die im vergangenen Jahr vom Berner Energieversorger und Netzbetreiber BKW beschlossene Absenkung der Einspeisevergütung für Solarstrom von 11,5 auf vier Rappen stößt im Großen Rat des Kantons parteiübergreifend auf Unmut. Sowohl die SP als auch die SVP mit Unterstützung der Grünen und der EVP haben zwei Anträge eingebracht, um die Senkung des Rückspeisetarifs durch die BKW rückgängig zu machen. Vor allem angesichts der Tatsache, dass die BKW den Solarstrom weiterhin für einen Preis von 9,37 Rappen pro Kilowattstunde an ihre Kunden verkauft. „Dieser Schritt mag aus betriebswirtschaftlicher Sicht des Unternehmens vertretbar sein. In der aktuellen Diskussion um die Energiezukunft der Schweiz und des Kantons Bern steht er aber sehr quer in der Landschaft“, kritisieren SVP, Grüne und EVP in ihrer gemeinsamen Motion vom 4. November 2016.
BKW hat Monopolstellung
Bei der parlamentarischen Debatte haben alle Parteien genau diesen Standpunkt bekräftigt und gefordert, dass der Kanton als Mehrheitseigner der BKW auf die Entscheidung einwirken sollte. Kritisiert wurde vor allem, dass die Anlagenbetreiber keine andere Chance haben, als den nicht selbst verbrauchten Solarstrom in das Netz der BKW einzuspeisen. Noch heftiger wirkt sich die Senkung des Rückspeisetarifs auf die Betreiber von Anlagen aus, die auf der Warteliste zur Kostendeckenden Einspeisevergütung stehen und bisher dort noch nicht zum Zuge gekommen sind. Denn diese Anlagen speisen ihren gesamten Strom ins Netz der BKW – immerhin einer der größten Versorger und Netzbetreiber in der Schweiz – ein.
Stromspeicherangebot ist zynisch
Die BKW verweist auf eine Regelung der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ELCom), die im April 2016 eine konkrete Berechnungsmethode für die Rückspeisetarife festgelegt hat. Auf der Basis dieser Methode berechne jetzt auch die BKW ihre Einspeisetarife für den Solarstrom und komme so auf den Wert von vier Rappen. Um die Härte für die Betreiber von Eigenverbrauchsanlagen zu lindern, bietet die BKW zusätzlich Stromspeicher zum Kauf an. Doch genau das bringt die Emotion im Kontonsparlament zum Kochen. „Das Angebot der BKW, die Analgenbetreiber könnten von ihr Stromspeicher beziehen, um damit den Eigenverbrauch zu erhöhen und den Anteil des eingespeisten Stroms zu verringern, ist regelrecht zynisch“, wettert Christian Bachman, Sprecher der SVP im Großen Rat des Kantons Bern. „Hier verdient die BKW doppelt an den Kleininvestoren.“
Kantonsregierung wiegelt ab
Die Kontonsregierung lehnt eine Einflussnahme ab. Sie zieht sich darauf zurück , dass die Entscheidung über die Abnahmetarife für Solarstrom das operative Geschäft der BKW betreffe und damit nicht zu den Kompetenzen des Verwaltungsrates des Energieversorgers gehören. Auch wenn der Regierungsrat die Entscheidung der BKW pro forma als energiepolitisch bedauerlich rügt. Zwar könne der Verwaltungsrat Einfluss auf solche operativen Entscheide auf Unternehmensseite einwirken, müsse dies aber mit einer Mehrheit tun. Der Kanton sitzt aber nur mit einem Regierungsmitglied im achtköpfigen Verwaltungsrat, so dass es fast unmöglich erscheint, auf die Entscheidung einzuwirken. Es gebe zwar die Möglichkeit, über eine Veränderung der Statuten die Mehrheitsverhältnisse zu ändern, so dass der Kanton mit seiner anteiligen Mehrheit auch das Gros im Gremium vertritt. „Der Regierungsrat erachtet ein solches Vorgehen als völlig unverhältnismäßig, risikoreich und in keiner Weise angebracht“, schreibt die Kantonsregierung in ihrer Antwort auf die beiden Anträge des Parlaments. (su)