Die Besucherschlange vor dem hellblau beleuchteten, großzügigen Stand der norwegischen REC kurz vor der Mittagszeit war typisch: Händler aus Frankreich, Projektierer aus Spanien, Installateure aus dem Schwabenland, Banker aus den USA, Wechselrichterhersteller aus Taiwan, Zellhersteller aus China.
Auch bei anderen global aufgestellten Herstellern wie Suntech, Sharp, SMA, Q-Cells, Applied Materials oder Yingli gaben sich Geschäftsleute aus aller Welt an den zwei Hauptmessetagen die Visitenkar ten in die Hand. Praktisch alle, die in der Branche Rang und Namen haben, waren in den Münchener Messehallen präsent. „Nie zuvor hatten wir mehr Aussteller, Besucher und Nationen“, freut sich Veranstalter Markus Elsässer von der Solar Promotion. „Damit hat die Intersolar mit ihrem Umzug von Freiburg nach München ein neues Kapitel aufgeschlagen.“
Auch Aussteller wie die Freiburger Solar-Fabrik profitieren: „Wir sind mit dem Messeverlauf außerordentlich zufrieden“, sagt Unternehmenschef Christoph Para deis. „Unser Kerngeschäft konnte durch neue Kontakte ausgebaut werden.“
1.053 Aussteller in München
Die Zuwachsraten der Intersolar 2008 sind in der Tat beachtlich: Über 51.000 Besucher (2007: 32.000), ein Anteil der internationalen Gäste von über 40 Prozent (2007: 30 Prozent), 1.053 Aussteller (2007: 638), davon 47 Prozent aus dem Ausland (2007: 37 Prozent), 76.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche (2007: 34.000). Das Wachstum spiegelt den ungebrochenen globalen Boom und die Aufbruchstimmung der Branche. Dies trotz etlicher politischer Turbulenzen. Denn im weltweit wichtigsten PV-Markt Deutschland sorgte die Diskussion um angebliche Übersubventionierung von Solarstrom und eine bis zu 30-prozentige Absenkung der Einspeisetarife bis vor kurzem für Unruhe.
Auch die Zukunft der Förderung in Spanien steht derzeit auf dem Prüfstand, in den USA wird schon seit über einem Jahr um die Verlängerung der nationalen Steuerkredite gerungen, und Ontario legte seinen Einspeisetarif bis Anfang August auf Eis.
Kosten runter, Qualität rauf
Die Branche nimmt es sportlich. Kosten runter, Qualität rauf, lautet die Botschaft aus München. Kaum ein Hersteller, der nicht entsprechende Innovationen präsentierte. 30 Prozent weniger Strom verbrauchen beispielsweise Schrauben-Vakuumpumpen der süddeutschen Firma Busch, die unter anderem in Kristallziehanlagen bei der Herstellung von mono- und polykristallinem sowie amorphem Silizium verwendet werden. Canadian Solar präsentierte erstmals sein neues E-Modul CS6A in den Leistungsklassen 150 bis 160 Watt. Es ist aus direkt gereinigtem metallurgischem Silizium gefertigt, das in der Herstellung wesentlich günstiger als klassisches Silizium ist. Das Modul ist pro Watt zehn bis 15 Prozent preiswerter. Allerdings ist der Wirkungsgrad circa zwei Prozent schlechter, und die langfristige Leistungsdegradation wird kontrovers beurteilt.
40 Prozent Herstellungskosten möchte Signet Solar durch ein XXL-Modul einsparen. Das 5,7 Quadratmeter große amorphe Dünnschichtmodul war ein Publikumsmagnet in München. Um fünf bis sechs Prozent kann die Ausbeute von PV-Modulen durch speziell beschichtetes Antireflexionsglas verringert werden, das Centrosolar präsentierte. Einen Spitzenwirkungsgrad von 98 Prozent verspricht der neue Wechselrichter Platinum TL von Diehl Ako in der Acht-Kilowatt-Leistungsklasse. Beim Modell 7200 wird bereits ab einer Einstrahlung von acht Watt Solarstrom eingespeist.
Auch bei der Senkung der Installationskosten ist noch viel Musik drin. So sind beim neuen Modulstecksystem Quiksnap von Suntech die Anbauteile zur Installa tion sowie die Kabelverbindungen bereits in die Module integriert. Es werden rund ein Viertel weniger Verbindungspunkte auf dem Dach benötigt. Rund 70 Prozent weniger Anbauteile, die mit dem Dach verbunden sind, sollen für eine noch höhere Haltbarkeit sorgen.
128 chinesische Aussteller
Auffallend war die mit 128 Ausstellern starke Präsenz der Chinesen und deren Aktivitäten zur Kundenbetreuung, Qualitätssicherung und Markterschließung. Neben Suntech haben mittlerweile auch andere große Modulhersteller wie ET–Solar oder Solarfun deutsche Niederlassungen, meist in München, und sind dabei, den technischen Support und Vorort-Service auszubauen. Yingli kündigte eine entsprechende Offensive innerhalb des kommenden Jahres an. Suntech ist mittlerweile nicht nur wie etliche chinesische Mitbewerber ISO-14.000-zertifiziert und produziert mit europäischen Maschinen von Baccini oder Roth & Rau, sondern kaufte im April auch KSL-Kuttler im schwäbischen Dauchingen auf. Der Anlagenbauer fertigt mit 300 Beschäftigten Roboter und Automatisationsanlagen für die Leiterplatten-Industrie. Die Übernahme ist der erste Schritt, um eine Produktion in Deutschland aufzubauen. „Bis in spätestens zwei Jahren werden wir hier fertigen“, kündigte Suntech-Chefstratege Steven Chan gegenüber der PHOTOVOLTAIK an. Offen sei derzeit noch, ob in den neuen Bundesländern oder in Süddeutschland investiert werde. Denn neben öffentlicher Förderung sei die Nähe zum Markt entscheidend. Die hohen Lohnkosten in Deutschland schrecken Chan nicht. „Durch den hohen Automatisierungsgrad haben wir vergleichbare Kosten wie in China“, sagte Chan. Weitere Fertigungen in wichtigen Märkten wie Spanien und Italien seien in Planung.
Auch weitere internationale Hersteller bauen zumindest ihre Präsenz in Deutschland aus und nutzen dies als Sprungbrett über die Alpen. Die süddeutschen Solarhochburgen stehen deshalb bei ihnen hoch im Kurs. REC eröffnete jüngst ein Büro in München, Canadian Solar im bayerischen Babenhausen und Day4Energy im schwäbischen Zimmern. Auf dem Messestand der Kanadier tummelten sich auffallend viele Installateure aus dem Raum Meran (Südtirol), wo derzeit aufgrund der hohen Nachfrage die Post bei der Photovoltaik abgeht. „Wir kommen mit der Montage kaum nach und suchen dringend qualifizierte Installateure, gerne aus Deutsch land“, sagt Alois Aller, Firmenchef von Südtirol Solar.
Auch Sharp hat seine Fühler in Richtung Italien ausgestreckt. Im Visier sind besonders neue Partner wie die Energieversorger, berichtet Peter Thiele von Sharp in Hamburg. Mit dem zweitgrößten europäischen Energieriesen, der italienischen Enel, wurden jüngst Verträge zur Realisierung größerer Photovoltaik-Projekte von insgesamt 160 Megawatt abgeschlossen. Yingli startete eine Kooperation mit dem französischen Energieversorger EDF.
„Wir müssen größer denken und neue Anwendungsbereiche in Industrie und Gewerbe erschließen, um die Photovoltaik voranzubringen“, betont Sharp-Manager Thiele. Inwiefern die verschärfte Degression des novellierten EEG gerade für größere Anlagen einen Fallstrick darstellt, blieb in München offen. Projektierer wie Phoenix Solar planen, sich gegebenenfalls ganz aus dem Freiflächengeschäft in Deutschland zurückzuziehen, andere wie die Bad Kreuznacher City Solar rechnen damit, auch künftig hierzulande Großanlagen realisieren zu können, jedoch zunehmend mit Dünnschichtmodulen.
Modulpreise müssen sinken
Über eines allerdings waren sich die meisten Branchenvertreter in München einig: Der deutsche PV-Markt wird die Auswirkungen des EEG nur schultern, wenn Kostensenkungen wirklich beim Kunden ankommen. Hier sind vor allem die Modulhersteller gefordert. „Die Modulpreise müssen endlich sinken“, brachte Gerhard Stryi-Hipp vom Bundesverband Solarwirtschaft die Diskussion auf den Punkt.