Temperaturen bis knapp vierzig Grad Celsius, vier Monate lang fast kein Regen: Die Bauern in Ostdeutschland verzeichnen in diesem Jahr nicht nur Ertragsausfälle. Faktisch bringen sie nur Stroh ein, Ernte: null. Weizen, Gerste und Mais haben nur kleine, harte Körnchen ausgeformt, wo eigentlich kraftvoll strotzende Ähren oder Kolben an den Stängeln hängen müssten. Die Arbeit eines Jahres verweht im heißen Staub dieses Sommers.
Ausblick auf das, was kommt
Sie ist eine Katastrophe, die Dürre in diesem Jahr. Doch sie gibt einen Ausblick auf das, was kommt. Immerhin sind sich die Medien – und viele Bauern – einig, dass der Klimawandel eine Rolle spielt. Oder spielen könnte.
Der Klimawandel, korrekt: die globale Erwärmung aufgrund von schädlichen Emissionen, ist von Menschen gemacht. Er ist kein Zufall, sondern das Resultat jahrzehntelanger Überbeanspruchung unserer Umwelt. In diesem Jahr zeigt er sich besonders deutlich: Kaum Schnee im Winter, dafür seit dem Frühjahr monatelange Hitze ohne Niederschläge.
Der Anteil der Bauern
Daran haben die Bauern ihren Anteil: Agrardiesel darf noch immer mehr Abgase in die Luft blasen, als bei Pkw oder Lkw erlaubt. Die industrielle Landwirtschaft laugt die Böden aus, macht sie anfälliger für Trockenheit. Kunstdünger und Pestizide fördern die Versalzung der Fluren und schädigen die Gewässer.
Die Viehwirtschaft, wo hunderte oder gar tausende Rinder in den Ställen stehen, ist einer der größten Emittenten von Methan weltweit. Methan wiederum ist einer der wichtigsten Klimakiller überhaupt. Ein teuflischer Kreislauf.
Tagebaue schlucken viel
Freilich, manches ist den Bauern nicht anzulasten: In Brandenburg, flächenmäßig das größte Bundesland im Osten, wird das Wasser der Flüsse gebraucht, um die stillgelegten Tagebaue in der Lausitz zu fluten. Die gigantischen Gruben schlucken gigantische Mengen Wasser, das verstärkt die Trockenheit.
Hinzu kommt, dass die Brandenburger Böden sehr karg sind. Das sind sandige Böden, Überbleibsel der Geschiebe aus der Eiszeit, nicht so fette Schwarzerde wie in der Börde in Sachsen-Anhalt. Doch auch dort klagen die Bauern über die Hitze und die Trockenheit.
Die Wüste schreitet nach Norden
Wir müssen uns darauf einstellen: Die Wüste schreitet nach Norden. Was sich derzeit in Deutschland abspielt, gibt einen Vorgeschmack auf die Konsequenzen aus der Klimaerwärmung. Das Szenario ist bekannt, längst.
Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler, warnen weitsichtige Politiker und Ökologen. Seit Jahrzehnten gibt es beispielsweise die Solarbranche, die handfeste Antworten auf die drängenden Probleme entwickelt. Die Frage ist doch: Was muss eigentlich noch passieren, bis sich die Erkenntnis endlich durch die Hirne schmilzt?
Und bis sich wirklich etwas tut. Denn bislang ist die Fraktion der Bremser in der Mehrheit. Bleiben wir beim Bundesland Brandenburg: Warum gibt es kein Konzept der Bauernverbände, mit dem Klimawandel umzugehen?
Da gibt es in Potsdam ein Ministerium für Landwirtschaft, das nicht weiß, ja nicht einmal fragt: Wie muss man die bäuerlichen Betriebe und ihre Erlösstrukturen umgestalten, damit die Bauern mit solchen Dürren fertig werden?
Aus der Trickkiste der Solarbranche
Wir stehen hier für ein Fachmagazin, das photovoltaik heißt. Also greifen wir ganz tief in die Trickkiste unserer Branche. Wie wäre es denn, wenn sich die Bauern in Brandenburg mit Agro-Photovoltaik befassen?
Ein erstes Versuchsfeld am Bodensee gibt es bereits, dort könnten sie sich die Sache anschauen. Oben Solarmodule, um kostengünstig Strom zu erzeugen. Unten, am Boden, die Fruchtfolge. Oder die Weide.
Flächen sind ausreichend vorhanden. Mit dem Sonnenstrom könnten die Bauern ihre Traktoren und Lkw aufladen, solche vollelektrischen Fahrzeuge befinden sich bereits in der Erprobung. Ebenso interessant wäre es, den Strom in der Region zu verkaufen, wie aus Biogasanlagen. Nur, dass es emissionsfreier Strom wäre.
Zweites Standbein für die Bauern
Der bäuerliche Betrieb erhielte eine neue Einnahmequelle, ein weiteres Standbein. Viel wichtiger jedoch: Die teilweise Verschattung durch die Solarmodule würde die Austrocknung der Böden bei langen Hitzeperioden deutlich senken.
Und: Die Spritkosten der Betriebe würden reduziert. Landwirtschaftliche Maschinen mit eigenem Sonnenstrom zu betreiben, ist viel billiger als mit Diesel – selbst wenn der Agrardiesel unverschämt hoch gefördert wird.
Sinkende Arbeitskosten durch Sonnenstrom
Vollelektrische Fahrzeuge können auf den Felder autonom fahren, oder per Joystick in der Hand des Bauern, der am Feldrand hockt. Er könnte per Fernbedienung problemlos eine ganze Gruppe von Mähdreschern über den Acker führen – die Haspeln akkurat versetzt, um den Schlag in kürzester Zeit zu ernten.
Auf diese Weise wird vor allem die Senkung der Arbeitskosten interessant. Bisher ist jeder Traktor, jeder Mähdrescher mit Fahrern besetzt. Weil er nach dem Schnitt über öffentliches Straßenland zur Tankstelle rollen muss.
Autonome Feldgeräte bauen
Vollelektrische Geräte könnten ihren Strom direkt vom Feld beziehen. Ist der Schlag abgeerntet, werden sie auf einen Sattelschlepper geladen, der sie zum nächsten Feld bringt. Man könnte solche autonomen Feldgeräte ganz anders bauen, was die Investitionen zur Anschaffung verringert. Oder die Leasingraten.
Denn sie brauchen keine staubdichte Kabine mehr, kein Lenkrad, keinen superstarken Verbrennungsmotor und kein aufwändiges Getriebe. Das ganze Gerät wird auf den Zweck optimiert, um den es hauptsächlich geht: die Ernte von Halmfrüchten.
Wie schlau sind die Bauern wirklich?
Im Volksmund ist oft von Bauernschläue die Rede. Ob die Bauern wirklich schlau und weitblickend sind, wird sich erweisen. Sie müssten Druck machen bei ihren Politikern, damit sie den Wandel in der Landwirtschaft mit kluger Förderung flankieren.
Damit der Wahnsinn in Brüssel aufhört, stillgelegte Felder mit hohen Prämien zu belohnen. Nutzt ein Landwirt eine solche Fläche für Photovoltaik, fällt er automatisch aus der Agrarsubvention. Soll heißen: Während sich das Klima weiter aufheizt, nutzen wir freie Flächen nicht einmal, um davon Sonnenstrom zu ernten.
Was sich ändern kann, muss sich ändern
Soll auch heißen: Was sich ändern kann, muss sich ändern. Der Druck muss von den Bauern kommen. Sonst habe ich einen anderen Vorschlag, der freilich nix mit Photovoltaik zu tun hat. Wer nichts über Agro-PV lernen will, sollte sich nach Israel auf die Socken machen, zu den Kibbuzim in der Negev. Schaut Euch dort an, was es heißt, der Wüste ein karges Brot abzuringen.
Klingt vielleicht etwas martialisch. Doch die Wüste ist bereits auf dem Weg zu uns. Der Sommer in diesem Jahr, diese Dürre, der Staub, die Brände: Worauf warten die Bauern eigentlich noch?
Hinweis: Im Septemberheft von photovoltaik werden die Erfahrungen mit dem Versuchsfeld der Agro-Photovoltaik am Bodensee ausführlich vorstellen.