Die Ministerpräsidenten der Bundesländer konnten sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die Novelle des EEG einigen. Die Standpunkte der einzelnen Länder liegen zu weit auseinander. Doch selbst Länder, von denen eine offene Kritik erwartet wurde, halten sich zurück.
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer sind sich uneinig über die Novelle des EEG. Das war das Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz, die unter anderem die Energiewende zum Thema hatte. Doch die heftige Kritik, die sich die Branche von den Ministerpräsidenten der Länder erwartete blieb aus. „Der vom Bund vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Reform des EEG ist grundsätzlich ein konstruktiver Beitrag für eine kosteneffiziente Weiterentwicklung des Förderrahmens beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor“, sagte dann selbst der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Das EEG sei nach wie vor ein entscheidendes Instrument auf dem Weg zu einer neuen Energieversorgungsstruktur. „Wir Länder sehen dennoch Änderungsbedarf“, versuchte Kretschmann wenigstens ansatzweise Kritik anzudeuten. „Das EEG muss mit Blick auf die Verteilung seiner finanziellen Lasten dringend überarbeitet und stärker marktorientiert und vor allem auch europarechtskonform ausgestaltet werden.“ Das von der EU-Kommission eingeleitete Beihilferechtsverfahren fordere die Länder gerade mit Blick auf die stromintensiven Unternehmen ganz besonders.
Kosten dominieren die Debatte
Von der Belastung des Eigenverbrauchs von Solarstrom mit einer EEG-Umlage war jedoch nicht die Rede. Die Ministerpräsidenten sehen offenbar immer noch das Problem der Energiewende in der Finanzierung und lassen sich auf die fadenscheinige Kostendebatte ein, ohne die Reformvorhaben der Bundesregierung im einzelnen zu kritisieren und an diesem Punkt Änderungsbedarf anzumelden. Die Branche ist enttäuscht von der laschen Haltung der Ministerpräsidenten. Deshalb fordert der Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) Hermann Falk auch zu recht, dass sich die Ministerpräsidenten der Länder in der entscheidenden Phase der Verhandlungen mit der Bundesregierung über die Novelle des EEG für eine echte Energiewende in Deutschland einzusetzen. „Der von der Bundesregierung vorgesehene Deckel für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist so niedrig, dass der Ökostrom nicht einmal den bis Ende 2022 zu ersetzenden Atomstrom kompensieren kann“, warnt Falk. „Wenn der Deckel nicht angehoben wird, ist ein weiterer Anstieg der Kohleverstromung die Folge. Es kann nicht sein, dass die Regierung drei Jahre nach Fukushima die Energiewende nur noch deckelt und zusammenkürzt, statt sie zu fördern“, kritisiert er.
Braunkohle verstopft die Netze
Auch die Umweltverbände befürchte, wenn die Energiewende in der Weise ausgebremst wird, wie es die Bundesregierung plant, dann wird die Verstromung von Kohle wieder umfangreicher werden. „Statt die kostengünstigste erneuerbare Energie – die Windkraft an Land – auszubremsen, müssen die Bundesländer alles daran setzen, die klimaschädliche Braunkohle zurückzudrängen“, sagt Oliver Moldenhauer von Campact. Das Kampagnennetzwerk hatte zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) vor der Vertretung des Landes Baden-Württemberg, in der die Ministerpräsidentenkonferenz stattfand, eine große Demonstration organisiert, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. „Braunkohlekraftwerke sind genau wie Atomkraftwerke schwerfällige Kraftwerkskolosse, die natürliche Schwankungen von Wind- und Sonnenenergie nicht flexibel ausgleichen können. Nicht die erneuerbaren Energien sind das Problem sondern zu viel Braunkohlestrom“, sagt Moldenhauer mit Blick auf die flexibleren Gaskraftwerke. „Das gegenwärtige Überangebot an Braunkohlestrom macht effiziente Gaskraftwerke unwirtschaftlich und treibt die EEG-Umlage in die Höhe, da diese auf der Differenz zwischen Börsenpreis und den Vergütungssätzen für erneuerbare Energien basiert.“
Unsinniger Vorschlag aus München
In der Kritik stand auch die Landesregierung von Bayern. Denn diese hatte gefordert, die Förderung der erneuerbaren Energien bei acht Cent pro Kilowattstunde und die EEG-Umlage auf dem jetzigen Stand von 6,24 Cent pro Kilowattstunde einzufrieren. Sollte die EEG-Umlage weiter steigen, solle die Förderung der erneuerbaren Energien ganz eingestellt werden, fordert die Regierung in München. Die Energieexpertin vom BUND Daniela Setton hält diesen Vorschlag für Unsinn. „Wenn die EEG-Umlage auf ihren Kern zurückgeführt wird und ausufernde Industriebefreiungen gekürzt werden, wird sie sogar sinken“, erklärt sie. „Der bayerische Ministerpräsident Seehofer sollte stattdessen in Bayern von der Bremse beim Ausbau der Windenergie gehen“, fordert sie. Setton rief die Ministerpräsidenten auf, einen überhasteten Systemwechsel hin zu Ausschreibungsmodellen - wie von der Bundesregierung geplant - abzulehnen. „Die bisherige Einspeisevergütung ist das Herzstück der Energiewende“, betont die Energieexpertin vom BUND. „Die so bewirkte breite Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Erneuerbare-Energien-Anlagen führt zu einer hohen Akzeptanz der Energiewende.“
Einigung bis zum Sommer dieses Jahres
Ob die Ministerpräsidenten tatsächlich noch ihre Kritik an der EEG-Reform grundsätzlich verschärfen, bleibt abzuwarten. Allerdings sieht es nicht danach aus. „Der Wille, die Energiewende zum Erfolg zu führen ist heute noch einmal bekräftigt worden“, gibt sich Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) im Anschluss der Ministerpräsidentenkonferenz diplomatisch. Doch zumindest versucht sie, die Bedeutung der Bundesländer in den Reformverhandlungen nicht ganz zu untergraben. „Hier gibt es keine Alleingänge des Bundes“, sagt sie. „Insbesondere wird es keine Verordnungsermächtigung im Gesetz ohne Beteiligung der Länder geben. Auch das wollen wir uns ausdrücklich vorbehalten“, betont Lieberknecht. (Sven Ullrich)