Zunehmend treibt der Eigenverbrauch für Gewerbebetriebe den Photovoltaikmarkt. Klaus Hasenbeck vom Modulhersteller Centrosolar akquiriert und plant solche Anlagen. Im Gespräch erläutert er die Chancen in diesem Marktsegment und welche Trends die künftige Entwicklung bestimmen.
Welche Projekte haben Sie derzeit in der Planung?
Klaus Hasenbeck: Ein großes Projekt sind 200 Dächer auf Aldi-Supermärkten, die gerade unsere Schwesterfirma Centroplan plant und realisiert. Jedes Dach wird zwischen 70 und 90 Kilowatt Solarstrom leisten. Bei jedem Gewerbeobjekt machen wir eine Ist-Analyse und können das Lastprofil des Kunden in unser Planungstool übernehmen. Anhand des Standorts können wir die Anlagen für den Eigenverbrauch optimieren. Selbstverständlich bewerten wir auch die Dächer, ob sie die Solarmodule tatsächlich aufnehmen können. Als Ergebnis geben wir eine Empfehlung zur Größe der Anlage.
Wie schnell können die Dächer von Aldi oder anderen Gewerbeprojekten geplant und belegt werden?
Anlagen können schnell geplant und gebaut werden. Bei Aldi wird es innerhalb des Jahres geplant und montiert. Bei anderen Gewerbebetrieben arbeiten wir eng mit unseren Handwerkspartnern zusammen. Aber auch hier stehen kurzfristige Kapazitäten zur Verfügung. Unser Planungstool haben wir selbst entwickelt, um alle Parameter möglichst schnell und umfassend aufzunehmen. Das erfordert eine hohe Komplexität, da stecken einige Mannjahre Entwicklungsarbeit drin. Zusätzlich können wir über den Energiemanager beispielsweise auch stromverbrauchende Geräte im Gebäude zuschalten, wenn genug Solarstrom angeboten wird.
Haben Sie ein weiteres Beispiel für gewerbliche Dachanlagen?
In einem Supermarkt geht es um die Beleuchtung, denn die Lampen brennen während des ganzen Tages, auch im Sommer. Zudem sind viele Kühlgeräte zu versorgen. Kürzlich haben wir einen typischen Fabrikbetrieb mit einer 94-Kilowatt-Anlage ausgestattet, in Stuhr bei Bremen. Der Kunde ist ein Formbauer, der rund 200.000 Kilowattstunden im Jahr verbraucht. Die wichtigsten Verbraucher sind die Elektromotoren der Maschinen. Die Anlage wurde auf einem Ost-West-Dach installiert, sie ging Ende April in Betrieb. Ohne Speicher haben wir seit Inbetriebnahme eine Eigenverbrauchsquote von mehr als 90 Prozent erreicht. Im Jahresmittel erwarten wir eine Eigenverbrauchsquote von über 70 Prozent. Der Planungsvorlauf betrug lediglich vier Wochen.
Welche Gewerbebetriebe eignen sich am besten für die Eigenversorgung mit Sonnenstrom?
Nahezu alle Branchen. Es ist immer dann spannend, wenn der Eigentümer des Gebäudes auch der Betreiber der Solaranlage ist. Handelt es sich um verschiedene juristische Personen, kommt die EEG-Umlage durch den Stromverkauf hinzu. Deshalb ist es besser, die Photovoltaikanlage ins Betriebsvermögen zu übernehmen und das Dach an den Betreiber zu verpachten. Weil die Anlagen nicht mehr durch die Einspeisevergütung finanziert werden, muss der Kunde eine gute Bonität vorweisen. Sonst wird es mit der Bank schwierig.
Welche Eigenverbräuche sind realistisch?
Wir erstellen für unsere Kunden eine Wirtschaftlichkeitsprognose und berechnen die notwendigen Investitionen. Übrigens nicht nur für die Solaranlage, sondern auch für Effizienzmaßnahmen im Gebäude, etwa den Austausch von Glühlampen oder Umbauten in der Elektroinstallation. Bis zu 50 Prozent Eigenverbrauch und 50 Prozent Autarkiequote sollten kein Problem sein. Manchmal ergeben sich auch interessante Kombinationen mit Blockheizkraftwerken. Dann stellen wir Kontakte zu den Herstellern her. Oder man kombiniert die Photovoltaik mit Wärmepumpen. Oder mit einem kleinen Windrad. Für eine Turbine mit 13 Metern Nabenhöhe und sechs Kilowatt Leistung brauchen Sie in einigen Regionen nicht einmal eine Baugenehmigung.
Die Planung erledigt Centroplan. Wer baut die Anlagen?
Das machen wir mit unseren Partnern aus dem Fachhandwerk, die ohnehin vor Ort tätig sind. Wir übernehmen die Planung und unsere Fachhandwerker wickeln den kompletten Auftrag inklusive Montage und, wenn vom Kunden gewollt, mit Wartungsauftrag ab.
Wenn Sie die Anlagen auf Eigenverbrauch auslegen, speisen Sie also nicht mehr ein?
Überschüsse, die nicht im Gebäude verbraucht oder gespeichert werden, speisen wir weiterhin ins Netz ein. Aber die rein netzeinspeisenden Anlagen sind aus heutiger Sicht nicht mehr vorrangig. Das Ziel der Investition ist es, die Betriebskosten zu senken. Bestimmte Unternehmen in der Verarbeitung von Metall oder Kunststoffen haben einen sehr hohen Pro-Kopf-Verbrauch, gemessen an der Zahl ihrer Mitarbeiter.
Wann wird es mit der Photovoltaik schwierig?
Es gibt kaum technische Hindernisse, eher wirtschaftliche. Schwierig wird es bei geleasten Gebäuden. Das wird sich erst ändern, wenn der Strompreis weiter steigt. Derzeit liegt der Einkaufspreis für 100.000 Kilowattstunden bei rund 21 Eurocent je Kilowattstunde. Bei großen Anlagen mit mehr als 100.000 Kilowatt muss man den Eigenverbrauch über 20 Jahre ansetzen, dazu kommen die Finanzierungskosten. Wir erreichen derzeit zwischen 13 und 14 Eurocent für den Sonnenstrom. Mit der EEG-Umlage in geleasten Gebäuden sind wir bei 17 Eurocent. Das bedeutet: Je teurer der Strom im Einkauf, desto größer ist die Lücke, um die Refinanzierung zu stemmen. Wir gehen davon aus, dass die Strombezugskosten im Jahr um durchschnittlich 3,5 Prozent steigen. Daran können Sie erkennen: Die sonnigen Zeiten liegen noch vor uns.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Den vollständigen Report über Gewerbedächer lesen Sie im Oktoberheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 4. Oktober 2013 erscheint.