Wenn deutsche Urlauber sich in Richtung Süden aufmachen, führt der Weg oftmals über den Brenner. Durch malerische Landschaften geht es nach Südtirol. Südtirol gehört zu Italien, doch so recht italienisch will die Provinz ihren Gästen nicht erscheinen – mit ihrer Mischung aus italienischer Kultur, über 70 Prozent deutschsprachigen Einwohnern und etwas mehr Geordnetheit als im Rest des Landes.
Für deutsche Solarfirmen bietet diese Sonderstellung ideale Bedingungen, sich an den italienischen Markt heranzutasten. Seit der Novellierung des italienischen Einspeisegesetzes („Conto Energia“), die am 19. Februar 2007 in Kraft trat, gehört Italien zu den Top 5 der Photovoltaikmärkte in Europa, neben Deutschland, Spanien, Frankreich und Griechenland. Und so nutzen immer mehr deutsche PV- Hersteller und Systemanbieter die Chance, über erste Projekte in Südtirol in Italien Fuß zu fassen.
„Südtiroler lieben die Bayern“
Eines dieser Unternehmen ist die JMS Solar Handel GmbH aus Grainau an der Zugspitze. „Die Südtiroler lieben die Bayern“, sagt ihr Gründer und Geschäftsführer Josef Mittermeier und lacht. Mittermeier hat gut lachen, sein Markteinstieg in Italien war schnell und unkompliziert. Im Januar dieses Jahres nahm er an der Messe Klimahouse in Bozen teil. Dort beteiligte er sich an einem Gemeinschaftsstand der Exportfördergesellschaft des bayerischen Handwerks, der Bayern Handwerk International GmbH, und trat gleich zusammen mit seinem neuen Südtiroler Partner, Elektro Wimet, auf. Zehn Jahre deutsches Solar-Know-how gepaart mit einem einheimischen Elektrofachmann, das kam gut an. „Drei Wochen später hatten wir einen Auftrag für eine 123-Kilowatt-Anlage“, berichtet der Firmenchef. Weitere Aufträge folgten, unter anderem eine 140-Kilowatt-Anlage in Jennesien bei Bozen.
Die Installation überlässt Mittermeier seinem italienischen Partner. Zwar plant, montiert und wartet er mit seiner zweiten Firma Solarsysteme Mittermeier GmbH auch Solarstrom- und Solarwärmeanlagen, dies jedoch nur in der Region rund um Grainau. „Bei 200 bis 300 Kilometer Entfernung lohnt sich das nicht mehr“, sagt Mittermeier. Anders sieht es mit der Zulieferung von PV-Systemen an Händler- und Installationsbetriebe aus. In Deutschland beliefert sein Fachgroßhan del sieben Betriebe, in Italien arbeitet er mit Elektro Wimet und der Project Group in San Polo d’Enza in der Region Emilia-Romagna zusammen. Mit der Project Group gründet Mittermeier zurzeit die JMS Solar Italia, die ab 2009 Händler direkt aus Italien beliefern soll. „Es lohnt sich auf alle Fälle, dort aktiv zu werden“, resümiert Mittermeier. Wenn die Anlagen gut montiert seien, würden sie durch die hohe Sonneneinstrahlung zwischen fünf und sieben Prozent mehr Solarertrag als in Deutschland bringen.
Die Sprache ist nach seinen Aussagen eine der größten Hürden, um in Italien Fuß zu fassen. Sämtliche Anträge für Photovoltaikanlagen müssen in Italienisch gestellt werden. „Dafür braucht man einen Techniker oder einen Partner vor Ort“, weiß er heute. Auch die italienische Mentalität hat er in der Zwischenzeit besser kennen gelernt. „Die Italiener schätzen den E-Mail-Verkehr nicht besonders“, erzählt er. Lieber seien ihnen persönliche Treffen oder Geschäftsessen. Und: „Die Südtiroler sind wie wir, schnell entschlossen, und der Handschlag gilt noch was.“
„Präsenz vor Ort ist wichtig“
Gute Erfahrungen hat auch Hans Karl Pichler, geschäftsführender Gesellschafter der Ralos Northern Italy GmbH, in Südtirol gemacht. Die Ralos Vertriebs GmbH, PV-Systemanbieter mit Hauptsitz in Michelstadt im Bundesland Hessen, hat zunächst von Deutschland aus angefangen, den italienischen Markt zu bearbeiten. Pichler hat jedoch schnell festgestellt, dass dies auf Dauer nicht optimal ist. Anfang dieses Jahres eröffnete Ralos daraufhin eine italienische Niederlassung mit Sitz in Meran.
„Die Präsenz vor Ort ist wichtig, oder man muss einen guten Partner dort haben“, bestätigt Pichler Mittermeiers Erfahrungen. Letzteres könne jedoch schwierig werden, da die meisten Elektriker entweder schon mit jemandem zusammenarbeiten oder von vielen Interessenten belagert würden. Viele Orte in Südtirol liegen in Tälern, wahrscheinlich sei das der Grund, weshalb sich die Südtiroler mit Leuten wohl fühlten, die sie kennen. Da könne schon eine Distanz von 40 Kilometern zu viel sein.
Neueinsteigern empfiehlt Pichler, sich genauestens mit den technischen Vorgaben vertraut zu machen. So manch ein Anbieter habe zu spät festgestellt, dass er Komponenten installiert hat, die in Italien nicht zugelassen sind. Dies gibt dann Probleme bei der Konformitätserklärung, die zur Inbetriebnahme auszufüllen ist.
Als positiv erlebt er die Zahlungsmoral in Südtirol. Bankbürgschaften seien generell schwierig zu vereinbaren, weil die Italiener sie nicht gewohnt seien. Hier hat auch die Regierung dazugelernt. Im ersten Conto Energia waren bei Anlagen über 50 Kilowatt Leistung noch Bankbürg schaften Pflicht. Entsprechend waren 99 Prozent der Anlagen, die der Netzregulator GSE (Gestore dei Servizi Elettrici) im ersten Jahr bewilligte, Anlagen zwischen einem und 50 Kilowatt.
Auf den vordersten Plätzen
Im novellierten Conto Energia ist diese Auflage weggefallen. Entscheidender für die weitere Entwicklung des PV-Marktes in Italien war jedoch der Wegfall des PV-Deckels. Die Regierung strich die jährliche Leistungsbegrenzung und erhöhte die Förderhöchstgrenze auf 1.200 Megawatt. Jetzt war Masse in Sicht.
Photovoltaikanlagen mit rund 200 Megawatt PV-Leistung sind derzeit in Italien installiert. In Südtirol sind es 13,7 Megawatt, viele davon sind Anlagen mit mehreren hundert Kilowatt Leistung. Bis vor kurzem war Südtirol noch die Provinz mit der höchsten installierten PV-Leistung. Momentan ist es die Lombardei.
Dass die autonome Provinz Südtirol die Nase mit vorn hat bei der installierten PV-Leistung, verdankt sie zu großen Teilen den zahlreichen Obstgenossenschaften, die es dort gibt. Schon zu Zeiten des ersten Einspeisegesetzes begannen die Betriebe, Solarstromkraftwerke zu errichten. Sie haben große Dachflächen und benötigen viel Strom für die Kühlung ihrer Äpfel, Zwetschgen und anderer Obstsorten. Deshalb profitieren sie von