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Der Qualitäts-Inspektor

Sie haben vor gut fünf Jahren begonnen, Module aus China zu vermitteln. Wie viele Hersteller sind seitdem bei Ihren Prüfungen durchgefallen?

In der Anfangszeit kamen die Module von etwa zwei Drittel der Produzenten für uns nicht in Frage. Qualitativ fielen deren Herstellungsprozesse oder Produkte deutlich schlechter aus als die des oberen Drittels. Das Qualitätsgefälle hat sich inzwischen gebessert, da viele Hersteller langfristig produzieren wollen und daran arbeiten, ihre Qualität auf ein gutes Niveau zu bringen. Chinesische Hersteller schließen schnell auf.

Was für Probleme haben Sie denn schon gesehen?

Zum Beispiel, dass Lotspritzer auf den Zellen mit einemMesser abgekratzt werden oder die Arbeiter und Arbeiterinnen die Zellen ohne Handschuhe sortieren und mit bloßen Händen anfassen. Es kommt vor, dass vorgeschriebene Randbedingungen beim Flashtesten nicht beachtet werden, so kann es sein, dass die Module vor dem Test nicht auf die erforderliche Temperatur aufgewärmt wurden.

Sie sind ja ein typischer Vermittler. Was ist Ihre Aufgabe in der Handelskette von China nach Deutschland?

Unsere Kunden möchten gute Module aus China importieren. Wir vermitteln ihnen dazu Qualitätslieferanten, die wir vorher geprüft und ausgesucht haben. Zu den Kunden zählen Großhändler und große Installationsbetriebe, die aus dem Elektro-Installationsbereich kommen und heute auch im großen Umfang Solaranlagen installieren. Außerdem Großprojektierer, die Solarparks bauen und an Investoren verkaufen. Unsere Kunden suchen Lieferanten, die nicht so groß sind wie Yingli, Trina oder Suntech Power. Denn die großen chinesischen Produzenten verweisen bei Anfragen auf ihre deutsche Niederlassung oder Großhändler in Deutschland, und diese verkaufenzu höheren Preisen, als beim Direktimport aus China machbar ist. Unsere Kunden suchen Lieferanten, die kleiner sind, so dass sie direkt in China einkaufen können und noch attraktivere Preise bekommen. Auf der anderen Seite sollen die Lieferanten ein gutes Qualitätsniveau haben.

Können Sie denn dafür garantieren, dass die Qualität stimmt?

Wir können das nicht garantieren, aber wir können dazu beitragen und dem Kunden mit unserer Erfahrung helfen, dass er mehr Sicherheit beim Einkauf hat, als wenn er ohne uns einkauft. Teil unserer Aufgabe ist es auch, Reklamationen im Sinne unserer Kunden zu lösen. Einmal erhielt ein Kunde zwei Container, bei denen einige Module Blasen auf den Rückseiten aufwiesen. Die Module hatten Laminierungsdefekte. Wir haben uns um die Reklamation gekümmert, und beide Container wurden durch neue, defektfreie Waren ersetzt. Wir haben in den letzten fünf Jahren über 55 Megawatt vermittelt, dies entsprach rund 500 Containern. Wir haben über 20 Fabriken in China besichtigt und über 150 Container inspiziert. Mit dieser Erfahrung beurteilen wir, ob der Lieferant fachgerechte Prozesse und eine gute Produktqualität bietet oder auch ob sein kommerzielles Geschäftsgebaren fair ist.

Nutzen alle Handelsunternehmen die Dienste von Ihnen oder anderen Vermittlern?

Nicht alle, aber wer davor steht, in China direkt zu beziehen, für den ist dies oft eine schwierige Entscheidung und er sucht Unterstützung, um das Risiko zu minimieren. Ohne Erfahrung mit den Fabriken in China begibt man sich ja auf ein neues und fremdes Terrain. Allerdings ist die Mindestliefermenge ein Container. Ein solcher enthält Module mit einer Leistung von rund 140 Kilowatt. Unsere Kunden sollten mindestensdrei Container pro Jahr abnehmen. Das entspricht dann etwa 400 Kilowatt Modulleistung pro Jahr.

Wie wollen Sie es schaffen, die richtigen Hersteller zu finden und dass diese Ihnen nichts vormachen?

Aufgrund einschlägiger Erfahrung. Wenn Sie die erste Fabrik in China besichtigen, können Sie schwer einschätzen, ob diese gut oder schlecht ist. Wenn Sie zwei gesehen haben, ist es auch noch schwierig. Wenn Sie aber über zehn Fabriken besichtigt oder begutachtet haben, dann lernen Sie, die Unterschiede, die Sie sehen, zu bewerten. Wir schauen uns genau an, wie organisiert die Fabrik ist und wie die Arbeiter Arbeitsabläufe umsetzen. Werden Arbeitsschritte fachgerecht und konsistent nach Anweisung durchgeführt? Wie werden die Anlagen betrieben und erfolgen einzelne Prozessschritte fachgerecht?

Was sind kritische Punkte?

Wenn die Zellen an den Leiterbahnenden der Zellenverbinder zu Strings verlötet werden, achten wir zum Beispiel darauf, ob dieser Prozess gleichbleibend mit hoher Ausführungsqualität erfolgt und ob die Arbeiter dabei Handschuhe tragen. Andere Bewertungskriterien sind, wie mit Problemen in der Fertigung umgegangen wird. Erfolgt eine systematische Überprüfung der Arbeitsschritte und der Zwischenprodukte durch eine Qualitätskontrollabteilung? Wird dabei ein Protokoll geführt? Auch achten wir auf die Fluktuation der Mitarbeiter. Wechselt das Personal ständig, ist es schwierig, Prozess-Know-how aufzubauen. Noch schlimmer ist, wenn Mitarbeiter nur kurzfristig angelernt werden, um für einen aktuellen Nachfragestoß die Kapazität aufzustocken, und danach wieder verschwinden. Wir achten darauf, ob prozesskritische Maschinen von guter Qualität verwendet werden oder ob Billiganlagen zum Einsatz kommen, die am bestennoch irgendwo mit Klebeband zusammengehalten werden. Zum Beispiel prüfen wir beim Flasher, wie oft dieser kalibriert wird. Wenn das alle halbe Stunde erfolgen muss, dann ist klar, dass der Flasher nicht stabil läuft. Bei guten Produzenten laufen Prozesse auf europäischem Niveau. Teilweise kommen qualitätskritische Anlagen sogar von deutschen oder anderen Qualitätsherstellern.

Wie ist da die Zusammenarbeit? Können Sie alle Unterlagen einsehen, die Sie lesen wollen?

Wir suchen Lieferanten, die offen mit uns und aufgeschlossen mit Kritik umgehen. Das zeichnet einen kooperativen Lieferanten aus, der an konstruktiver Kritik durch Außenstehende Interesse hat, weil ihm klar ist, dass er sich dadurch nur verbessern kann. Wenn wir Verschlossenheit spüren, werden wir eher misstrauisch. Wir haben zum Beispiel einmal eine vollautomatische Fertigung besichtigt, bei der ein Prozessschritt in der Linie ausgelassen wurde. Auf unsere Nachfrage erklärte man uns, dass dieser Schritt aus bestimmten Gründen in einem anderen Raum stattfindet. Wir bestanden darauf, diesen Raum zu sehen. Als wir in dem Raum mehrere Versandkartons anderer Zellenhersteller vorfanden, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass hier zugekaufte Zellen verarbeitet werden, obwohl dieses Modul nur für selbst gefertigte Zellen zertifiziert war. Damit wurde klar, warum der Prozessschritt in einem Extraraum stattfand und dieser anfangs nicht gezeigt werden sollte.

Wie oft bleiben Sie bei den gleichen Lieferanten?

Wenn wir Lieferanten haben, mit denen es gut klappt, machen wir mit denen beständig Geschäfte. In der Regel entwickeln sich solche Lieferanten positiv und werden noch besser.

Wie groß sind die Probleme, die durch kulturelle Unterschiede entstehen?

Kulturelle Unterschiede kommen häufiger zum Tragen, wenn es um das Kommerzielle in einer Geschäftsbeziehung geht. Hier können chinesische Lieferanten aus unserer Erfahrung getroffene vertragliche Abmachungen manchmal recht flexibel interpretieren. Auch kann sich die rechtliche Durchsetzung einer Abmachung vor einem chinesischen Gericht als schwierig erweisen.Genau hier ist es von Vorteil, wenn ein Vermittler, wie wir es sind, involviert ist. Wir versuchen, aufkommende Probleme aufgrund guter Geschäftsbeziehungen zu lösen, anstatt es auf einen Streit ankommen zu lassen. Auch ist uns die Erfahrung wichtig, die wir mit einem Lieferanten machen, wenn dieser Reklamationen gegenübersteht. Sprich, wie fair und kulant geht er mit einer solchen um. Wenn er fair bleibt, ist es ein Lieferant, der von uns weiterempfohlen wird. Wenn nicht, wird er von uns nicht weiterempfohlen. Dadurch, dass wir mehrere Kunden vertreten, haben wir eine höhere Einkaufsmacht als ein kleiner Händler, der auf eigene Faust importiert und vielleicht zehn Container im Jahr abnimmt.

Kommt es denn vor, dass deutsche Händler chinesische Module ohne solche Qualitätskontrollen importieren?

Ja, leider kommt das vor. Diese verlassen sich dann eben auf den Lieferanten, der angibt, dass er selber Qualitätskontrollen macht. Die macht er wohl auch – was aber immer relativ ist.

Wie kann ein Solarteur, der bei einem deutschen Händler chinesische Module kauft, sehen, dass der Händler sein Bestes getan hat, um die Qualität sicherzustellen?

Das ist ein sehr guter Punkt. Ich kann Solarteuren nur empfehlen, konkret zu hinterfragen, welche Maßnahmen oder Dienstleistungen der Händler in Anspruch nimmt, um sicherzustellen, dass es gute Module sind.

Der große Vorteil chinesischer Module ist, dass sie billiger sind als andere. Wieso können die chinesischen Anbieter so günstig sein und trotzdem eine hohe Qualität bieten?

Weil zum Beispiel chinesisches Personal grob geschätzt ein Zehntel von deutschem Personal verdient.

Aber Personalkosten spielen ja keine so große Rolle.

Richtig, aber auch die anderen Ausgaben und Investitionen sind in China viel niedriger. Dort eine Produktionshalle hochzuziehen, diese mit Reinräumen, Luftabsaugung und Anlagen auszustatten, kostet weit weniger als in Deutschland. China hat eine eigene Produktionswelt für sich. Das heißt, jede Komponente einer Anlage und jedes Teil einer Maschine wird in China und dadurch günstiger gefertigt. Selbst wenn die prozesskritischen Anlagen aus einer Fabrik in Deutschland kommen, gibt es noch viel drum herum, was aus China kommt und damit sehr günstig ist. Ich sehe nicht, dass sich chinesische Hersteller ihre niedrigen Preise nicht erlauben könnten. Im Gegenteil, die können zu dem Preis auch gute Qualität bieten.

Das Gespräch führte Michael Fuhs

Zitat

„Ich kann Solarteuren nur empfehlen, zu hinterfragen, welche Maßnahmen der Händler in Anspruch nimmt.“

Michael Fuhs

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