Die Energiewende in Deutschland wird international meist als Vorbild für andere Länder wahrgenommen. Neben dem Klimaschutz sind es vor allem die gesunkenen Preise, die auf den Vorstoß Deutschlands als Vorreiter der weltweiten Energiewende zurückgeführt werden.
Die Agentur für Erneuerbare Energie (AEE) hat die weltweite Wahrnehmung der Energiewende in Deutschland untersucht. Das Ergebnis ist, dass diese sowohl in Deutschland selbst als auch international mit großen Interesse verfolgt wird. „Zahlreiche Medien im Ausland greifen das deutsche Projekt als Modellfall auf, um den Umstieg der Energieversorgung von fossil-nuklearen Rohstoffen auf Sonne, Wind und Biomasse zu diskutieren“, fasst Philipp Vohrer, Geschäftsführer der AEE, die Ergebnisse zusammen. „Es ist von zentraler Bedeutung für den Klimaschutz, dass die Chancen und Vorteile, die erneuerbare Energien in Deutschland eröffnen, auch international erkannt und diskutiert werden.“ Aus dem jetzt veröffentlichten Hintergrundpapier geht hervor, dass ausländische Medien häufig die Vorreiterschaft Deutschlands würdigen, welches mit dem Mittel der regenerativen Energiebereitstellung diese dringliche Aufgabe angeht.
Chance für Entwicklungsländer
Außerdem heben die internationalen Medien die dank der deutschen Förderpolitik stark gesunkenen Preise für die Solar- und Windkraftanlagen hervor. Dies gilt gerade für die Entwicklungsländer als große Chance. „Wenn anhand des deutschen Beispiels die Machbarkeit der Energiewende demonstriert und konkrete Perspektiven für den Klimaschutz aufgezeigt werden können, hat dies international eine stark motivierende Wirkung“, betont Vohrer mit Blick auf die nationalen Klimaschutzbeiträge, deren Grundlagen die Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention derzeit in Lima ausarbeiten.
Kritik basiert auf falschen Deutungsmustern
Es gibt aber durchaus auch im Ausland skeptische Stimmen zur deutschen Energiewende, die diese als zu vermeidendes Negativbeispiel charakterisieren. Viele dieser Deutungsmuster basieren aber auf der Vorstellung, dass der Atomausstieg und Ausbau der erneuerbaren Energien eine undurchdachte Kurzschlusshandlung infolge der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 seien. Diese Muster verkennen aber, dass die Energiewende eine jahrzehntelange gesellschaftliche und politische Entwicklung war. „Die Energiewende ist ein ebenso umfassender wie komplexer Prozess“, erklärt Vohrer. „Damit ihre Bedeutung für den globalen Klimaschutz auch international adäquat verstanden und gewürdigt werden kann, sind Angebote notwendig, die Hintergründe und Details der Entwicklung in Deutschland auch für ausländische Beobachter transparent machen.“
Irrtümer aus der Welt schaffen
So wird unter anderem der Anstieg der Energiepreise im Zuge der Energiewende oft debattiert. Dies sehen viele internationale Beobachter als Zeichen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Wirtschaft geht. Die AEE zeigt aber, dass diese Deutungen dabei verkennen aber, dass die großen Industriebetriebe in Deutschland nur wenig zur Finanzierung der Energiewende beitragen. Im Gegenteil: Sie profitieren von den gesunkenen Börsenstrompreisen, da sie ihren Strom direkt auf dem Handelsparkett in Paris und Leipzig kaufen. Dies zeigt auch ein Vergleich der Industriestrompreise zwischen Deutschland, Italien, Spanien und Polen. Dabei wird deutlich, dass die Industrie in Deutschland von allen vier Ländern die geringsten Strompreise bezahlt. Ähnliche Irrtümer kursieren in der weltweiten Wahrnehmung der Energiewende in Deutschland auch über andere Punkte. Das Hintergrundpapier der AEE räumt diese Irrtümer aus der Welt. (su)