Olaf Wollersheim ist bei Solarwatt Innovations für die Entwicklung neuer Speichersysteme verantwortlich. Viele Jahre hat er am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) an der Lithium-Ionen-Technologie geforscht. Damals konnte er sich noch nicht vorstellen, wie verbreitet diese Speicher einmal sein werden.
Herr Wollersheim, wo waren Sie vor zehn Jahren tätig und woran haben Sie gearbeitet?
Olaf Wollersheim: Vor zehn Jahren war ich Wissenschaftler im Institut für Nanotechnologie am Forschungszentrum Karlsruhe, heute Karlsruher Institut für Technologie. Damals haben wir zu allen möglichen Nanomaterialien gearbeitet, die man für Ionenbatterien braucht. Diese Stoffe gab es seinerzeit nur in Mengen von wenigen Milligramm – wenn man Glück hatte. Die enorme Verbreitung, die solche Batterien einmal erfahren würden, war damals kaum vorhersehbar.
Wann begann diese Entwicklung?
Eigentlich schon 1995, als Sony die ersten Lithium-Kobalt-Zellen auf den Markt brachte. Bald danach erzielten andere Hersteller die ersten Durchbrüche mit Lithium-Eisenphosphat. In Deutschland war es die Firma Südchemie, die dazu eigene Patente hatte und die Batteriematerialien produzierte.
Hat Sie der steile Aufschwung der Speicherbatterien in den vergangenen Jahren überrascht?
Nachdem um 2010 oder 2011 klar wurde, welche Leistungsfähigkeit die Speicher erzielen würden, hat mich etwas anderes viel mehr überrascht: Wie stark der Widerstand der alten, fossilen Technologien sein würde. Und mich hat überrascht, wie wenig die Politik diese Entwicklung erkannt oder mitgestaltet hat. Deshalb wurde die Entwicklung gebremst, zum Glück nicht verhindert. Ein gutes Beispiel sind die Elektrobusse. Ein fehlender Gestaltungswille der Politik und die späte Einsicht der Fahrzeughersteller haben dazu geführt, dass deutsche Stadtwerke heute elektrische Busse in China, den Niederlanden oder Polen kaufen müssen. Das hätte anders laufen können, mit Werken bei uns in Deutschland.
Sind Sie der Wissenschaft noch verbunden?
Ich arbeite nicht mehr als Wissenschaftler. Aber ich halte noch Kontakt zu früheren Kollegen oder informiere mich über Vorträge auf Kongressen, um das Ohr am Puls der Zeit zu halten. Allerdings bin ich weiterhin in der Entwicklung von Speichersystemen tätig.
Bei Solarwatt sind Sie für die Entwicklung neuer Stromspeichersysteme zuständig. Wie läuft der Markt in diesem Jahr?
Wir erwarten, dass wir unseren Marktanteil in diesem Jahr verdoppeln werden. Das ist sehr ordentlich. Freilich, man kann sich immer noch mehr wünschen. Wir sind lieferfähig, aber so eine Mengensteigerung ist auch immer eine große Herausforderung. Momentan boomt die deutsche Industrie in allen Branchen, deshalb sind die Lieferanten mit allen Materialien und Komponenten knapp und unter Druck, den Lieferverpflichtungen nachzukommen. Das ist Jammern auf hohem Niveau, dessen bin ich mir bewusst. Aber die Nachfrage nach Kupfer, Kobalt, Nickel oder Lithium ist dermaßen hoch, dass es in der Lieferkette gewaltig knirscht und zwar für alle Speicherhersteller, die auf diese Rohstoffe zurückgreifen. Zum Glück können wir uns auf einen guten Einkauf und langfristige Lieferbeziehungen stützen.
Worin sehen Sie die Herausforderungen der kommenden Jahre?
Die Speicherbranche befindet sich noch in einer frühen Entwicklungsphase. Sie ist noch keine reife Branche mit 30 oder 40 Jahren Erfahrung. Die Innovationszyklen sind sehr kurz, alle 1,5 bis zwei Jahre kommen neue Speichersysteme auf den Markt. Das wird zwangsläufig zu einem Prozess der Konsolidierung führen. Denn der Kapitalbedarf, um Wachstum und Entwicklung zu finanzieren, ist hoch; ebenso der Wettbewerbsdruck.
Wie meinen Sie das?
Im Moment kämpfen alle, um Marktanteile zu gewinnen. Davon profitieren die Kunden. Aber nur die wenigsten können so Geld verdienen, denn das erforderliche Wachstum muss man jetzt vorfinanzieren.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger. Abonnenten lesen das komplette Interview in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins photovoltaik oder online auf www.photovoltaik.eu.