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Die Macht der Empfehlung

Leonhard Kockelmann, Geschäftsführer der Meikowe GmbH, sitzt in seinem Büro und telefoniert, wie so oft. Das gehört einfach dazu. Derzeit rufen ihn täglich mehrere Kunden an, weil sie von der politischen Diskussion verunsichert sind. Stets ist Kockelmann freundlich, zuversichtlich. Bei diesem Gespräch aber wird er ungeduldig, legt schließlich auf. Das Angebot, das er für den Kunden vorbereitet hat, wirft er achselzuckend in den Papierkorb. Der Mann wollte kein persönliches Treffen zur Angebotsbesprechung vereinbaren. „Vergleichsangebote schicke ich nicht“, das ist Kockelmanns feste Devise. Er weiß, dass er oft etwas teurer ist als die Konkurrenz. Dafür überzeuge er mit Technik vom Feinsten und der Bereitschaft, den Kunden persönlich genauestens zu unterrichten und einzubeziehen.

Seine Mitarbeiter seien von der Photovoltaik „begeistert“. Er schickt nur bewährtes Personal auf die Dächer und befragt jeden Kunden, ob er zufrieden war oder wo es noch Verbesserungspotenzial geben könnte. Die wissen das zu schätzen und revanchieren sich mit Empfehlungen. „Besonders wenn man in einem Ort der Erste ist, wird man weitergereicht“, sagt Kockelmann. Sechs bis sieben Neukunden kommen pro Tag, einfach so. Da kann die Meikowe auf Preisdrücker verzichten, und einen Werbeetat benötigt sie schon lange nicht mehr. Kockelmann beherzigt einige der wichtigsten Regeln für erfolgreiches Empfehlungsmarketing. Er stellt seine Kunden nicht nur zufrieden, er überzeugt, ja begeistert sie. Seine Mitarbeiter sind motiviert und tragen die Firmenphilosophie nach außen, und er fordert Kritik gezielt heraus. Das bewahrt ihn davor, dass Kunden ihrem Unmut an anderer Stelle, zum Beispiel im Internet, Luft machen.

Meinung wirkt

Diese und andere Maßnahmen mehr können Empfehlungen hervorrufen, Kompetenzen belegen und Vertrauen erzeugen. Wer sie anwendet, nutzt eines der günstigsten und effizientesten Marketinginstrumente, die es gibt. Empfehlungsmarketing basiert auf der Erkenntnis, dass bestehende und potenzielle Kunden sich austauschen. Gerade bei teuren, gut sichtbaren und damit prestigeträchtigen Anschaffungen wie Photovoltaikanlagen suchen Interessenten den Rat von anderen. In einer aktuellen Studie des Marketingforschungsinstituts Nielsen gaben 90 Prozent der Befragten an, dem Rat von Bekannten zu vertrauen, 70 Prozent dem Rat anderer Internetnutzer. Solche zufällig gefundenen Meinungen werden als vertrauenswürdiger eingeschätzt als redaktionelle Zeitungsartikel, Anzeigen und Werbespots aller Art. Wer empfohlen wird, hat einen klaren Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Der Kunde ist schon beim ersten Kontakt positiv gestimmt. Im direkten Vergleich mit dem Wettbewerber genießt der Empfohlene einen klaren Vertrauensvorschuss. Denn für ihn spricht nicht nur das Wort des Empfehlers. Der Kunde hat auch schon während der Vorauswahl einiges über die Arbeitsweise erfahren. Eine unbekannte Firma kann das nicht so einfach und vor allem glaubwürdig vermitteln.

Dagegen entziehen unzufriedene Kunden der Firma Geschäfte, und zwar weitgehend unbemerkt. So genügen schon einige wenige geschickt platzierte, negative Bewertungen im Internet, um dem Ruf einer Firma ernsthaften Schaden zuzufügen. Dem Shopper-Report der European Interactive Advertising Association (EIAA) von 2008 zufolge erwerben knapp 60 Prozent der Konsumenten nach Web-Recherchen einen anderen als den ursprünglich geplanten Elektro-Artikel, und das sind kleine Ausgaben, im Vergleich zu einer Solaranlage. Deshalb sollte es einem Solarteur, der auf einen Zustrom neuer Kunden angewiesen ist, besonders wichtig sein, wie man über ihn spricht.

Nur wer wirklich begeistert …

Wer Empfehlungsmarketing erfolgreich als ein Mittel zur Neukundengewinnung einsetzen möchte, muss allerdings mehr erreichen als ein O.K., das auf Nachfrage kommt. Eine Firma muss es schaffen, Interesse zu wecken und im Gespräch zu bleiben, nur dann bekommt sie die begehrten Anfragen. Dafür genügt es nicht, auf Glück zu hoffen, sondern sie muss definierte und systematische Prozesse installieren.

Im ersten Schritt muss die Firma nicht nur perfekte Arbeit leisten, sie muss auch emotional berühren. „Die Basis ist der ‚mehr als zufriedengestellte‘ Kunde. Seine Erwartungen müssen übertroffen werden“, sagt Anne Schüller. Die Expertin berät Firmen zum Empfehlungsmarketing und hat bereits mehrere Bücher darüber veröffentlicht. Wer eine gute Erfahrung gemacht hat, sei zufrieden, bleibe aber still. Nach einer schlechten Erfahrung rieten Kunden ab, und zwar aktiv und vehement. Nur wer wirklich begeistert sei, werde zum aktiven und damit wirksamen Empfehler, erläutert sie. Die Erwartungshaltung speist sich dabei nicht unbedingt aus dem Vergleich mit anderen Photovoltaikinstallationen, sondern aus den allgemeinen Erfahrungen mit Handwerkern.

Einen reibungslosen und kundenfreundlichen Ablauf wird jedoch nur eine Firma bieten können, in der die Organisation stimmt und in der Qualitätsbewusstsein gelebt wird. Leonhard Kockelmann nimmt sich für die Beratung der Kunden zwei bis drei Stunden Zeit. Er bringt Angebote grundsätzlich persönlich vorbei und geht erst wieder, wenn alle Fragen geklärt sind. Personalengpässe überbrückt er mit Mitarbeitern aus anderen Geschäftsbereichen und durch Kooperationen mit anderen Firmen. Sein Engagement belohnen die Kunden, auch wenn der Preis etwas höher ausfällt. Kockelmann sagt sogar: „Wenn die Technik tipptopp ist, spielt der Preis überhaupt keine Rolle“.

Vertrauenssache

Der Kauf einer Photovoltaikanlage ist einer der wenigen Fälle, bei denen Privatpersonen ein Investitionsgut kaufen, das sich rentieren muss. Sie können sich dabei nicht auf bekannte Marken verlassen, wie zum Beispiel beim Autokauf. Es gibt kaum Testberichte und keine Probefahrten. Ihre einzige Möglichkeit ist es, dem Installateur zu vertrauen. Welche Mechanismen helfen, diese Beziehung aufzubauen und zu festigen, schildert Matthias Nöllke in seinem neuen Buch „Vertrauen“. Er sagt: „Leistung und Sachverstand genügen nicht.“ Zwar sei es richtig, das Gegenüber von seiner Kompetenz zu überzeugen. Doch vielen Fachleuten fehle dabei der „Ausdruck der Wertschätzung“ für den Kunden. „Sie lassen uns spüren, dass wir keine Ahnung haben, damit deutlich wird, wie sehr wir auf sie angewiesen sind.“ Wer so handle, schüre beim Kunden die Angst, dass der Fachmann seine Machtposition ausnutze.

„Vertrauenswürdige Experten erkennt man daran, dass es ihnen ein Anliegen ist, sich verständlich zu machen“, schreibt Nöllke. Erst wenn das Vertrauen hergestellt ist, sind die Kunden bereit, dem Installateur freie Hand zu lassen. Der Landwirt Arno Billen hatte sich nach einer Empfehlung mit seiner 170-Kilowatt-Anlage auf Meikowe verlassen. Nun ist er so zufrieden, dass er erweitern will. Ein Gegenangebot holt er sich nicht mehr.

Empfehlungen multiplizieren

„Das wird der Kockelmann schon richtig machen“, ist er sich sicher. Den vielen Anrufern, denen Kockelmann Billens Nummer gegeben hat, erzählt er gerne seine guten Erfahrungen. „Ich verdiene zwar nichts dabei, aber warum soll ich den Leuten nicht sagen, wo ich das gute Zeug her hab?“ Stimmen die Voraussetzungen, kann eine Firma im zweiten Schritt beginnen, die Empfehlungsrate zu verbessern.

Wer Empfehlungsmarketing betreibt, lässt sich stets im ersten Gespräch mit einem Neukunden sagen, wie der auf die Firma gekommen ist. Oft verlaufen die Empfehlungen in vorhersehbaren Bahnen und bleiben in der gleichen Branche. Doch gelegentlich sind Kunden mit überdurchschnittlich vielen Kontakten in viele Branchen dabei, wie zum Beispiel Lokalpolitiker. Bei ihnen ist es besonders wichtig, sie zu begeistern und auch später noch den Kontakt zu halten. Wer ein Gefühl für die Empfehlungswege bekommen hat, kann später auch versuchen, gezielt diese sogenannten Multiplikatoren als Kunden zu gewinnen.

Weniger persönlich, aber sehr überzeugend wirken gut gemachte Referenzen. Fast alle Photovoltaikunternehmen veröffentlichen auf ihren Internetseiten ihre abgeschlossenen Projekte meist mit Angaben zur Leistung der Anlage, einigen technischen Daten und dem Ort. Was den Kunden wirklich interessiert, findet er dort nicht. War der Auftraggeber zufrieden? Hält die Anlage, was sie verspricht, und was kostet sie? Nun ist der letzte Punkt ganz zu Recht ein Geschäftsgeheimnis, und viele Mängel zeigen sich erst nach einiger Zeit, doch niemand sollte darauf verzichten, seine Kunden zu Wort kommen zu lassen. Wer gute Arbeit leistet, muss sich nicht scheuen, den Austausch zwischen Bestands- und Neukunden zu fördern.

Der Kunde berichtet

Eine gute Referenz stellt die Kundensicht auf das Projekt dar, denn mit dem Kunden kann sich der Interessent identifizieren. So beschreibt er zunächst seine Ausgangslage, zum Beispiel: „Wir wollten gerne etwas für die Umwelt tun und waren es leid, unser schönes Süddach brach liegen zu lassen.“ Dann folgen einige Worte zur Suche nach der passenden Lösung und der Grund, warum er sich für eine Firma entschieden hat. Er beschreibt, wie er die Installation erlebt hat, wie er mit seiner neuen Anlage zufrieden ist und aus welchen Gründen er sich immer wieder für Firma X entscheiden würde. Je authentischer und individueller eine solche Referenz wirkt, desto überzeugender ist sie. Diese sehr anschauliche Form der Referenz nennt man Fallstudie. Größere Unternehmen stellen damit schon seit langem komplexe Projekte vor. Doch auch im kleinen Rahmen unterstützen sie die Vertrauensbildung. Die Agentur Casestudies, die sich auf das Verfassen von Fallstudien spezialisiert hat, hat dazu im Jahr 2006 eine Marktstudie durchgeführt. Demnach schätzten 72 Prozent der befragten Marketingverantwortlichen Fallstudien als sehr wirksames Kommunikationsmittel ein. 24 Prozent halten sie für etwas wirksam.

Eine abgespeckte Form der Referenz ist der Einsatz von Testimonials. Das sind Menschen, die ein Produkt getestet haben und ihre Meinung dazu äußern. Oft sind es Prominente. Doch ein Unternehmer kann auch seine Kunden um ein Zitat bitten, das er dann im Internet oder auf seinen Angebotsschreiben veröffentlicht. „Angebote sind oft unpersönlich und so vergleichbar, weil sie sich nur auf den Endpreis reduzieren. Zitate von Testimonials machen das Angebot einzigartig. Der Kunde wird zum Fürsprecher“, sagt Anne Schüller. Bisher werden sie im Handwerk nur selten verwendet. Daher können Kundenzitate sehr positiv herausstechen. Der Unternehmer sollte jedoch darauf achten, dass sie nicht wie Werbesprüche klingen und dem Kunden einen Mehrwert bieten. Im Idealfall hat der zitierte Kunde eine ähnliche Anlage wie im Angebot und ist auch bereit, mit dem Interessenten darüber zu sprechen (Telefonnummer angeben). Es versteht sich von selbst, dass solche Testimonials sorgfältig dosiert werden müssen.

Nutzen und Kosten abwägen

Sehr wirksam, wenn auch vergleichsweise aufwendig ist es, sich in der Öffentlichkeit einen Expertenstatus zu erarbeiten. Peter Schemm, Steuerberater aus Dachau, hat damit ganz gegensätzliche Erfahrungen gesammelt. Für das Fachbuch „Was Sie über Photovoltaikanlagen wissen sollten“ von Markus Witte hat er den Artikel zum Steuerrecht verfasst. Seitdem verzeichnet er einen stetigen Zustrom von Kunden, die sich von ihm für einen Pauschalpreis die Steuererklärung für ihre Photovoltaikanlage erstellen lassen. Darüber hinaus war er lange in einem Internetforum aktiv, hatte jedoch das Gefühl, dass die Nutzer seine Expertise eher abschöpften. „In diesen Foren gibt es viele selbst ernannte Fachleute, die alles erfragen und es dann recht und schlecht selber machen.“ Auf die Dauer sei ihm der Aufwand für den geringen Nutzen zu hoch gewesen.

Um Empfehlungen anzukurbeln, genügt es oft schon, die Kunden darum zu bitten. Ein Abschlussgespräch nach einem gut verlaufenen Projekt bietet dafür Gelegenheit. Gleichzeitig erhält der Kunde die Chance, Kritik zu äußern. Tobias Barth von der Elektro-Barth GmbH in Riesa bittet seine Geschäftspartner stets, nach Abschluss der Arbeiten einen Fragebogen auszufüllen. Meikowe erstellt ein halbes Jahr nach der Installation eine Kundenzufriedenheitsanalyse und wiederholt diese im jährlichen Abstand. Dadurch erreichen die beiden Unternehmen, dass Kritik ihnen gegenüber geäußert wird, und sie haben die Chance zu verhindern, dass eine schlechte Meinung wahllos kursiert. „Eine Reklamation zeigt, dass durchaus noch Interesse an einer Zusammenarbeit besteht“, sagt Anne Schüller. Der Unternehmer sollte diese Chance zur Bewährung nutzen.

Handzettel und Besichtigungen

War der Kunde zufrieden, kann man fragen, ob er bereit wäre, das Unternehmen zu empfehlen. Falls er Adressen von möglichen Interessenten nennt oder sich auf andere Weise engagiert, ist das Ziel erreicht. Der Solarteur sollte ihn in Zukunft auf dem Laufenden halten und darauf achten, das gute Verhältnis nicht zu überlasten. Führt der Kontakt zu neuen Geschäften, kann man sich auch mit einer kleinen Aufmerksamkeit dafür bedanken. Ein Installateur kann auch selbst dafür sorgen, dass die Installation eines Daches zum Gesprächsthema wird, indem er zum Beispiel mit Handzetteln auf den Montagetermin aufmerksam macht und zur Besichtigung einlädt. Allerdings sollte dann auch ein Mitarbeiter für Auskünfte zur Verfügung stehen. Als Tobias Barth einen Ort für einen Informationstag suchte, durfte er den Garten eines Kunden benutzen. Die neue Anlage auf dem Dach war das ideale Vorzeigeobjekt und die beste Referenz für alle Interessenten.

Solarteure, denen momentan die Module noch aus den Händen gerissen werden, werden sich fragen, warum sie überhaupt einen Gedanken ans Marketing verschwenden sollen. Augenscheinlich ist die Nachfrage nur von den Gewinnaussichten für die Betreiber abhängig. Sind sie gut, rollt der Rubel. Sind sie schlecht, bricht der Markt zusammen. Doch es gibt viele Situationen, in denen sich eine gute Kundenbindung auszahlt. Viele zufriedene Kunden helfen einer Firma auch über magere Zeiten. Wenn es nur noch wenige Aufträge zu verteilen gibt, werden die Unternehmen mit den besten Beziehungen die Nase vorn haben. Leonhard Kockelmann sagt aus seiner Erfahrung: „Empfehlungsgeschäft ist so einfach wie nur irgendetwas, das ist mein Hobby.“ Und dann er fügt schmunzelnd hinzu: „Mach dir frohe Stunden, geh zum Kunden.“

Cornelia Lichner

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