Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Dienstbarkeiten ab jetzt übertragbar

Kaum bemerkt hat der Gesetzgeber bereits im Oktober ein anderes Vorhaben in die Tat umgesetzt, das für die Praxis der Photovoltaik von erheblicher Bedeutung sein wird. Am 17. Oktober 2024 trat das „Gesetz zur Übertragung beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ in Kraft. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich eine Erleichterung für Solarinvestoren, die Photovoltaikanlagen auf fremden Grundstücken planen und errichten. Auf bereits bestehende Dienstbarkeiten hat das Gesetz keine Auswirkungen.

Urteile: Wer trödelt, verliert den Rechtsschutz

Risiken minimieren

Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten sind ein übliches Instrument, um den Betrieb einer Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien auf einem Grundstück abzusichern, das nicht dem Anlagenbetreiber gehört. Der Nutzungsvertrag für derartige Anlagen erstreckt sich regelmäßig über 25 oder mehr Jahre.

In diesem Zeitraum ist nicht ausgeschlossen, dass Ereignisse eintreten, die den Betrieb der Anlage gefährden. Investoren fürchten unter anderem die Insolvenz des Grundeigentümers oder die Zwangsversteigerung des Grundstücks.

In solchen Fällen kann der Insolvenzverwalter oder die Person, die das Grundstück bei einer Zwangsversteigerung erwirbt, den Grundstück-Nutzungsvertrag mit dem Betreiber der Photovoltaikanlage kündigen. Dies gilt auch dann, wenn – wie allgemein üblich – vertraglich die ordentliche Kündigung des Nutzungsvertrags ausgeschlossen wurde.

OLG NRW: Solaranlagen haben Vorrang vor Denkmalschutz

Goldstandard: erstrangige Dienstbarkeit

Das Mittel der Wahl, um derartige unliebsame Überraschungen zu vermeiden, ist die beschränkte persönliche Dienstbarkeit. Diese Dienstbarkeit, die ins Grundbuch eingetragen werden muss, gewährt dem Anlagenbetreiber ein eigenes, vom Bestand des Nutzungsvertrags unabhängiges Recht zum Betrieb der Energieerzeugungsanlage auf dem betroffenen Grundstück. Die daraus resultierende Rechtsstellung ist umso besser, je höher der Rang der Dienstbarkeit ist.

Aktuelle Urteile: Bäume weg oder weniger Ertrag?

Als Goldstandard gilt ist die erstrangige Dienstbarkeit. Der erste Rang im Grundbuch bedeutet, dass kein anderes Recht in den Abteilungen II und II des Grundbuchs vorgeht. Ist hier zum Beispiel die Grundschuld einer Bank eingetragen, muss der erstrangig eingetragene Inhaber einer Dienstbarkeit nicht das Aus für seine Solaranlage fürchten, auch wenn die Bank ihre Ansprüche aus der Grundschuld befriedigen will.

Eigentum an der Anlage sichern

Die Dienstbarkeit verfolgt auch den Zweck, das Eigentum an der Photovoltaikanlage zu sichern. So besteht Rechtssicherheit, dass die Anlage durch die Installation auf dem Grundstück nicht mit dem Grundeigentum verschmilzt.

Gerade Banken, die das Photovoltaikprojekt finanzieren, legen hohen Wert auf eine möglichst erstrangige Dienstbarkeit. Oft ist dies sogar Voraussetzung für die Finanzierung des Projekts.

Klaus Bingel von GeVau: „Nicht nur elementare Schäden absichern“

Bisherige Regel im BGB

Kompliziert wurde der Umgang mit Dienstbarkeiten dadurch, dass nach Paragraf 1092 Absatz 1 BGB Dienstbarkeiten nicht übertragbar sind. Bei Photovoltaikprojekten ist es eher die Regel als die Ausnahme, dass die Anlage an einen Erwerber oder eine Projektgesellschaft übertragen wird. Wenn das Projekt startet und der Projektierer sich seine Dienstbarkeit in das Grundbuch eintragen lassen will, steht aber in aller Regel noch nicht fest, wann und an wen das Projekt weitergereicht wird.

Mehr Urteile und Informationen zu Rechtsfragen finden Sie hier.

Der zukünftige Erwerber der Anlage will jedoch selbstverständlich auch mit einer Dienstbarkeit im Grundbuch stehen. Weil ihm die Dienstbarkeit wegen Paragraf 1092 Absatz 1 BGB jedoch nicht einfach übertragen werden kann, half sich die Rechtspraxis mit komplizierten und oftmals fehlerbehafteten Konstruktionen aus.

Neuen Absatz eingeführt

Dies hat jetzt ein Ende. Denn der Gesetzgeber hat in Paragraf 1092 Absatz 3 BGB eine Ausnahmevorschrift ins Gesetz aufgenommen. Wenn die Dienstbarkeit dazu dient, das Grundstück für „Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft, Windenergie, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Umweltwärme oder Energie aus Biomasse“ zu nutzen, dann ist sie übertragbar. (gekürzt, HS)

Der Autor: Dr. Thomas Binder ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaikfachfirmen.

Dieser Praxisreport erschien im Märzheft der photovoltaik. Wir haben ihn für Sie freigestellt. Hier können Sie den Beitrag in voller Länge lesen.

Sie haben noch kein Abonnement? Dann melden Sie sich umgehend an!

Lesen Sie auch:

Zerez: Register für Zertifikate ab Februar 2025 verpflichtend

Versicherungsexperte Lutz Erbe: „Jede Anlage ist mit Restrisiko behaftet“