Zunächst einmal Gratulation zum Gewinn des Spitzencluster-Wettbewerbs. Haben Sie wirklich damit gerechnet?
Wir haben uns schon gute Chancen ausgerechnet, doch im Voraus weiß man ja nie, ob es klappt. Deshalb freue ich mich nun umso mehr.
Gerade in den vergangenen Monaten wurde in der öffentlichen Diskussion über die Novellierung des EEG die Innovationsfähigkeit der deutschen Solarindustrie in Frage gestellt. Gibt nun die Anerkennung und Förderung des Solarvalley als Hochtechnologie-Spitzencluster der gesamten Photovoltaikbranche Rückenwind?
Auf jeden Fall, das ist ein sehr wichtiges Signal für die PV-Technologie als Spitzentechnologie und wird uns bei der Weiterentwicklung von Innovationen und der Stärkung der
Wettbewerbsfähigkeit enorm helfen.
Wo steht das Solarvalley Mitteldeutschland derzeit im globalen Wettbewerb?
Ich sehe es schon so, dass wir weltweit die Nase vorne haben. So eine Dichte der Produktion und der Forschung sowie der verschiedenen Technologien, sowohl Silizium als auch Dünnschicht, gibt es ja weltweit nicht. Allein 2007 wurden 18 Prozent aller weltweit produzierten Zellen in der Region Mitteldeutschland gefertigt. Hier sind ja eine ganze Reihe der weltweit wichtigsten Unternehmen vertreten. Uns geht es natürlich darum, diese Spitzenposition weiter auszubauen. Denn der globale Wettbewerb wird in den kommenden Jahren gnadenlos sein. Vor allem in Asien kommen neue Spieler aus der Mikroelektronik auf den Markt. Ein wichtiges Ziel des Clusters ist deshalb, Forschung und Entwicklung voranzutreiben und die regionale Zusammenarbeitauszubauen.
Was sind die weiteren Zielsetzungen?
Hauptziel ist die Senkung der Kosten für Solarstrom und die Erreichung der Netzparität in Deutschland in den kommenden fünf bis sieben Jahren. Hieran orientieren sich all unsere Aktivitäten wie auch beispielsweise der Ausbau der Grundlagenforschung an den beteiligten Universitäten in Ilmenau, Dresden, Freiberg und Halle-Wittenberg. Wir wollen aus der Region heraus bis 2020 mindestens 20 Prozent Solarstrom liefern und dazu auch die gebäudeintegrierte PV ausbauen.
Bereits jetzt sind mindestens 8.500 Personen in der Photovoltaik-Branche in Mitteldeutschland beschäftigt. Wie viele neue Arbeitsplätze wollen Sie in den kommenden Jahren schaffen?
Hier haben wir uns ein sehr ehrgeiziges Ziel gesteckt: Insgesamt wollen wir bis 2020 in Mitteldeutschland 55.000 neue Arbeitsplätze in der Photovoltaik schaffen.
Hauptsächlich in der Industrie – oder auch bei Installateuren? Hier hinkt Mitteldeutschland ja noch ziemlich hinterher .
In der Tat, hier haben momentan Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg die Nase deutlich vorne. Doch wenn wir erreichen, dass die Systempreiskosten bald weiter sinken, wird dies auch die PV-Installationen in unserer Region stark nach vorne bringen.
Wie viele Mittel stehen Ihnen insgesamt in den kommenden fünf Jahren zur Verfügung?
Insgesamt an die 100 Millionen Euro. 40 Millionen kommen vom BMBF, 40 Millionen bringen die beteiligten Unternehmen im Rahmen der Kofinanzierung auf. Dazu kommen weitere 20 Millionen Euro Fördermittel der drei beteiligten Bundesländer.
Werden schon dieses Jahr Mittel vergeben?
Ja, voraussichtlich schon ab Oktober. Bis dahin wollen wir einen Verein Solarvalley Mitteldeutschland gründen und einen Geschäftsführer einstellen. Denn das Projektmanagement lässt sich nicht mehr nebenher machen. Richtig losgehen mit der Mittelvergabe soll es dann im kommenden Jahr.
Nach welchen Kriterien wird das Geld vergeben?
Hauptaspekt ist der Beitrag zur Erreichung der Netzparität. Entscheidend hierfür ist eine Senkung der gesamten Systemkosten. Das wollen wir durch die Optimierung von Prozessen und Produkten erreichen. Dazu müssen nicht nur die Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette gesenkt, sondern auch der Wirkungsgrad und die Lebensdauer der Produkte gesteigert werden. Im Laufe des Wettbewerbsverfahrens wurden bereits entsprechende Projektanträge gestellt, die von einem technischen Komitee geprüft wurden und die wir in unsere Bewerbung mit einbrachten.
Welche konkreten Projekte werden gefördert?
Beispielsweise ein Vorhaben zur Verringerung der Waferdicke auf unter 120 Mikrometer. Beteiligt hieran sind unter anderem Ersol und PV Cyrstalox. Zusammen mit Projektpartnern aus
einer Arbeitsgruppe Zellproduktion soll geklärt werden, wie weit man die Waferdicke sinnvoll verringern kann, damit einerseits Kosten reduziert werden und gleichzeitig die Haltbarkeit und Zuverlässigkeit gesichert wird.
Es tut sich ja fast täglich etwas in Sachen PV, wie beispielsweise jüngst der Spatenstich für die neue Dünnschichtfabrik von Masdar bei Erfurt. Werden solche neuen Akteure und Entwicklungen in Ihre Initiative mit einbezogen?
Unser Ziel ist es, dass sich das Solarvalley Mitteldeutschland und die gesamte PV-Branche weiterentwickeln. Deshalb beziehen wir gerne weitere Partner in unsere Initiative ein, und wir sind offen für neue Ideen. Nur sind die Geldtöpfe aus dem Wettbewerb zumindest für die kommenden zwei Jahre aufgrund der Vorauswahl der Projekte schon aufgeteilt.
Ist denn eine Zusammenarbeit mit der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg geplant, die ja mittlerweile auch die Photovoltaik als eines ihrer Aushängeschilder vor sich herträgt?
Wir arbeiten intensiv mit Partnern aus benachbarten Regionen zusammen. So sind auch Jonas & Redmann aus Berlin und SMA aus Nordhessen Mitglieder unserer Initiative. Im Kern unserer Aktivitäten als Sieger des BMBF-Wettbewerbs steht allerdings schon die Vernetzung der Branche aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Stichwort regionaler Wettbewerb: Es ist beachtlich, dass drei Bundesländer über die Landesgrenzen hinweg gemeinsam eine solche Initiative entwickeln. Doch fängt jetzt nicht das große Hauen und Stechen um die Fördermillionen und weitere Firmenansiedlungen an?
Die Verteilung der Geldmittel und der förderfähigen Projekte ist schon weitgehend festgeklopft. Um die Firmenansiedlung wird weiterhin ein regionaler Standortwettbewerb stattfinden, das halte ich für normal. Doch im Bereich der Aus- und Weiterbildung und der Forschung wird es zu einer verstärkten länderübergreifenden Zusammenarbeit kommen, das ist ein Kernaspekt unserer Initiative.
Können Sie hierbei auch Synergieeffekte mit den anderen Gewinnern des BMBF-Wettbewerbs nutzen?
Spannend ist für uns vor allem der Know-how-Austausch mit dem Spitzencluster Forum Organic Electronics in der Region Rhein-Neckar. Hier verspreche ich mir insbesondere Vorteile für die Weiterentwicklung der rückseitig kontaktierten Solarzellen.