Der Anteil der Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen ist in den vergangenen Jahren international erheblich gewachsen. Die weltweit installierte Solarleistung hat sich im Zeitraum von 2000 bis 2012 von einem Gigawatt auf über 100 Gigawatt erhöht. Aufgrund des dezentralen Charakters dieser Art der Energieerzeugung sowie der damit einhergehenden zeitweiligen Lastumkehr ergeben sich neue Herausforderungen für die Netzbetreiber.
So führt ein Überangebot von Wirkleistung im Netz zu einem Anstieg von Netzspannung und Frequenz. Um die Netzstabilität sicherstellen zu können, wurden in den letzten Jahren entsprechende Gesetze und Richtlinien auf nationaler Ebene in Kraft gesetzt, welche die technischen Bedingungen für den Netzanschluss dezentraler Energieerzeugungsanlagen regeln.
In Deutschland verlangt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) seit 2012 die Beteiligung regenerativer Energieerzeugungsanlagen am Einspeisemanagement, damit die Wirkleistung begrenzt wird.
Dies gilt unabhängig von der Spannungsebene, in der die Netzankopplung der Anlage erfolgt. Die Anforderungen an die Scheinleistungsregelung sind für die Niederspannungsebene in der VDE-AR 4105 und für die Mittelspannungsebene in der technischen Richtlinie für Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) aufgeführt.
International gibt es technisch vergleichbare Rahmenbedingungen, beispielsweise die CEI 16 (Mittelspannung) respektive CEI 21 (Niederspannung) in Italien. Auch wenn die Anschlussregeln auf nationaler Ebene im Detail voneinander abweichen, stellt sich in der Regel stets die gleiche grundlegende Aufgabe: Bezogen auf den Netzverknüpfungspunkt der Anlage müssen bestimmte Bedingungen für die eingespeiste Wirk- und Blindleistung eingehalten werden, die von externen Vorgaben oder der in der Anlage hinterlegten Kennlinie abhängig sind. Ziel ist es dabei, die Netzfrequenz und Netzspannung in einem Bereich zu halten, der die Stabilität des Netzes garantiert.
Protokolle sind nicht standardisiert
In seinen Netzanschlussbedingungen gibt der zuständige Netzbetreiber für jede Photovoltaikanlage die einzuhaltenden Bereiche für Netzfrequenz und Netzspannung sowie die Blindleistungsfahrweise vor. Diese Vorgaben beziehen sich immer auf den Netzverknüpfungspunkt und nicht auf die AC-Anschlussseite der in der Anlage verbauten Energieerzeugungseinheiten (EZE), also der Wechselrichter.
EZA-Regler (EZA: Energieerzeugungsanlagen) setzen die Anforderungen in großen Photovoltaikanlagen am Mittelspannungsnetz um. Sie erfassen die am Netzverknüpfungspunkt vorliegende Spannung und Blindleistung über entsprechende Messtechnik. Anschließend ermitteln die EZA-Regler auf Basis der Abweichung zu den Vorgaben des Netzbetreibers, die entweder als Kennlinie vorhanden sind oder per externer Sollvorgabe erfolgen, die notwendigen Regelwerte für die Wechselrichter. Durch den geschlossenen Regelkreis werden parkinterne Impedanzen kompensiert.
Eine wesentliche technische Herausforderung resultiert aus der fehlenden Standardisierung der Protokolle, über die die Wechselrichter ihre Daten austauschen. Aus diesem Grund handelt es sich bei den am Markt verfügbaren Lösungen typischerweise um einen proprietären Ansatz des jeweiligen Wechselrichterherstellers oder eines Drittanbieters. Ein solches Konzept erlaubt in der Regel jedoch keinen Mischbetrieb von Wechselrichtern verschiedener Unternehmen.
Ein weiteres Problem des Netzbetreibers ergibt sich aus der fehlenden Standardisierung hinsichtlich der Fernwirktechnik, die zur Übermittlung der Sollwert-Vorgabe für Wirk- und Blindleistung sowie zur Rückmeldung der Istwerte der Anlage an den Netzbetreiber eingesetzt wird. In der Praxis bedeutet das, dass zusätzliche Kommunikations-Gateways zwischen dem EZA-Regler und der Fernwirktechnik des Netzbetreibers installiert werden müssen.
SPS bietet hohe Flexibilität
Vor diesem Hintergrund hat Phoenix Contact eine EZA-Reglerfunktion auf Basis des Inline-Automatisierungssystems entwickelt, die Systemintegratoren in komplexen Photovoltaikanlagen unterstützt. Das Herzstück der Lösung bilden Inline Controller der 100er Leistungsklasse, die gemäß IEC 61131 programmiert werden. Für die Kompaktsteuerungen steht ein umfangreiches Portfolio an Erweiterungsmodulen zur Verfügung, um beispielsweise E/A-Daten zu erfassen und über unterschiedliche Hardwareschnittstellen weiterzuleiten.
Aufgrund der Flexibilität auf der Hardwareseite kann der Anwender die Lösung optimal an die Anforderungen des jeweiligen Projekts anpassen, zum Beispiel hinsichtlich der Ankopplung an Wechselrichter verschiedener Hersteller, Netzanalysesysteme oder Fernwirkschnittstellen. Sollten im Laufe der Zeit neue Anforderungen auf der Schnittstellenseite entstehen, lassen sich die vorhandenen Anwendungen nachträglich um weitere Module ergänzen oder bestehende gegen neue Komponenten auswechseln.
Die Modularität und Flexibilität der Hardware ist auch auf die Software übertragen worden. Phoenix Contact bietet umfangreiche auf der IEC 61131 basierende Bibliotheken mit Funktionsbausteinen insbesondere für Solarapplikationen an, die den Engineeringaufwand des Systemintegrators erheblich reduzieren.
Wesentlicher Bestandteil der Lösung ist ebenfalls die Reglerfunktion. Die Bausteine zur Istwert-Erfassung und Sollwert-Übermittlung an die unterschiedlichen Wechselrichter sowie zur Fernwirktechnik des Netzbetreibers koppeln über spezielle definierte Schnittstellen an diese Reglerfunktion an.
Komponenten per Software integriert
Die Funktionsbibliothek Solar Worx ermöglicht zum einen die einfache Einbindung fast aller führenden Wechselrichter in die jeweilige Photovoltaikanlage. Darüber hinaus sind Kommunikationsbausteine zur Ankopplung von Leistungsmessgeräten für die Netzüberwachung am Einspeisepunkt erhältlich. Neben den eigenen Netzanalysegeräten aus der Produktfamilie EMpro werden entsprechende Komponenten von Drittanbietern unterstützt.
Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Integration Modbus-basierter Kommunikationsprotokolle, die im Solarumfeld große Verbreitung finden. Die Arbeit des Programmierers beschränkt sich also weitgehend auf die Verknüpfung vorgetesteter Softwarebausteine. Die Feinparametrierung beispielsweise hinsichtlich der Regelparameter erfolgt dann in der Anlage über Web-basierte Bedienoberflächen, die besonders auf die Regelbausteine abgestimmt sind.
Das optimal aufeinander aufbauende Portfolio an Hard- und Softwarekomponenten senkt somit den Aufwand für den Systemintegrator erheblich. Trotzdem erhält er eine weitreichende Flexibilität im Hinblick auf die zu unterstützenden Schnittstellen. Auf diese Weise lässt sich der Einsatz zusätzlicher Kommunikations-Gateways – beispielsweise zur Anpassung an das Fernwirkprotokoll des jeweiligen Netzbetreibers – in vielen Fällen vermeiden.
Denn diese Funktion übernimmt die Reglersteuerung. Zudem eröffnet die Nutzung SPS-basierter EZA-Regler die Möglichkeit, auch hybride dezentrale Anlagen zu regeln, in denen verschiedene EZE-Technologien wie Wind und Photovoltaik miteinander kombiniert sind. Bei Bedarf werden Energiespeichersysteme in derartige Lösungen integriert.
Phoenix Contact
Komplettes Portfolio für die Photovoltaik
Phoenix Contact bietet ein breites Produktportfolio für Anwendungen in der Photovoltaik. Vor einigen Jahren kam der Steckverbinder Sunclix auf den Markt. Aufgrund des Federkraftanschlusses wurde erstmals ein Stecker ohne Spezialwerkzeug im Feld montiert. Im Laufe der Jahre wurde das Leistungsspektrum in der DC-Verkabelung konsequent ausgebaut. Als jüngste Neuentwicklung ermöglicht der Steckverbinder Sunclix Mini den schnellen Modulanschluss in der gebäudeintegrierten Photovoltaik.
Dioden- und Sicherungsklemmen sowie die kombinierten Blitzstrom- und Überspannungsableiter vom Typ 1/2 der Produktfamilie VAL-MS schützen die hochwertigen Photovoltaikinstallationen. Mit dem Stringüberwachungssystem Solarcheck steht zudem eine Lösung zur Verfügung, die eine Diagnose des Anlagenzustands bis auf die Stringebene erlaubt.
Bei Bedarf liefert Phoenix Contact dem Anwender komplett montierte und getestete intelligente Geräteanschlusskästen. Neben diesen für die Photovoltaik entwickelten Komponenten und Systemen lässt sich auch das gesamte im Industrieeinsatz erprobte Portfolio aus der Anschluss- und Verbindungstechnik, Datenvernetzung sowie Steuerungstechnik in den Photovoltaikanlagen nutzen.
Der Autor
Thomas Oesselke
ist Mitarbeiter im Bereich Industry Solutions Solar Energy bei der Phoenix Contact Electronics GmbH in Bad Pyrmont. Zunächst studierte er Physik mit den Schwerpunkten Optik und Optoelektronik an der Universität in Paderborn. Danach begann er 1998 seine berufliche Laufbahn im Vertrieb der Lambda Physik GmbH (heute Coherent) in Göttingen. Im Jahr 2000 wechselte er zu Phoenix Contact nach Blomberg, wo er im Produktmarketing Interface in verschiedenen Funktionen arbeitete. Seit 2011 ist er in der Geschäftseinheit Industry Solutions als System Manager Industry/Solar Energy für die Konzeption von Automatisierungslösungen im Solarbereich verantwortlich.