„Es ist faszinierend, mit welchem Engagement und mit welcher Kreativität sich die Diözese Rottenburg-Stuttgart der Sorge um die Bewahrung der Schöpfung annimmt.“ Winfried Kretschmann, Fraktionschef der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg und Vorsitzender der Jury des Franziskus-Preises, ist beeindruckt.
Offensichtlich ist Bewegung in die Klimaschutzinitiative gekommen, die der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst im Sommer 2007 startete. Zum einen wurden zusätzliche Anreize zum Mitmachen geschaffen. Ein wichtiger Schritt war ein zwölf Millionen Euro starker Nachhaltigkeitsfonds, den der Bischof Anfang des Jahres auflegte, um Investitionen zur energetischen Modernisierung sowie zur Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern. Der neue Finanztopf ergänzt den zehn Millionen starken Solarfonds der Diözese. Die Katholische Schulstiftung zieht nun mit einem mit 3.000 Euro dotierten Nachhaltigkeitspreis für die 90 freien katholischen Schulen in der Diözese nach. Der Preis wird aus den jährlichen Erträgen einer zehn Kilowatt starken Photovoltaikanlage finanziert, die Anfang Oktober auf dem Rottenburger Verwaltungssitz der Schulstiftung in Betrieb genommen wurde. Sie ist dem persönlichen Engagement von Bischof Fürst zu verdanken, der die Erträge seiner eigenen Solarstromanlage für die Finanzierung zur Verfügung stellte.
Bei Solaraktivisten der Diözese wie Klaus Barwig von der Katholischen Akademie hat der Bischof jedenfalls einen dicken Stein im Brett. „Es wäre nur zu wünschen, dass alle so engagiert mitziehen“, sagt der Sprecher des neuen Photovoltaik-Anwendernetzwerks der Diözese.
Kritik fruchtet
Als Vertreter der Erzdiözese Freiburg diesen Sommer mit der Nachricht über die Gründung einer Gesellschaft zur Energieversorgung der kirchlichen und sozialen Einrichtungen (KSE) in Baden-Württemberg an die Öffentlichkeit gingen, sah Barwig dann auch rot. „Da war hauptsächlich die Rede davon, dass durch einen Großeinkauf kostengünstig Strom und Gas angeboten werden soll, egal wie er produziert wurde“, erinnert sich Barwig. Doch es hagelte Protestbriefe, und auch das Team um Bischof Fürst wies auf Widersprüche zur Klimainitiative hin. Mit Erfolg: Ende Oktober beschlossen die Gesellschafter, die vier baden-württembergischen Landeskirchen, vollständig auf regenerativ erzeugten Strom zu setzen und diesen über Großeinkauf günstiger anzubieten. Diskutiert wird laut dem Rottenburger Generalvikar Clemens Stroppel jedoch noch die Frage, ob künftig auch Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung bezogen werden soll.
Letzte Erhebung vor 100 Jahren
„An erster Stelle steht für uns, Energie einzusparen sowie einen Teil unseres Strombedarfs selbst solar zu erzeugen, den Rest wollen wir dann ökologisch und zugleich kostengünstig zukaufen, denn viele Kirchengemeinden stöhnen unter den hohen Energiepreisen“, sagt Stroppel. Eine Quadratur des Kreises? Klar ist, dass Klimaschutz und die verstärkte PV-Nutzung auch bei Katholiken nur eine Chance haben, wenn sie sich rechnen. „Man muss den Kirchengemeinden schon angesichts der verschärften Degression des EEG exakter vorrechnen, was neue PV-Anlagen bringen“, sagt Hermann Storz, Mitarbeiter des Dekanats Heilbronn. Möglichkeiten, Dachflächen für PV zu nutzen und Energie einzusparen, bieten die mehreren tausend kirchlichen Bauten in der Diözese genügend. Allerdings sind viele der oft historischen Gebäude so sanierungsbedürftig, dass auch zusätzliche finanzielle Anreize der kirchlichen Fonds nicht immer ausreichen, eine energetische Modernisierung zu schultern, sagt Antonius Stolarcyk vom
Bischöflichen Bauamt. Und der Architekt weist noch auf ein weiteres Problem hin: „Aufgrund der stark zersplitterten Besitzstruktur wissen wir im Moment nicht einmal genau, wie viele kirchliche Gebäude es in der Diözese gibt – die letzte exakte Erhebung fand im Jahr 1909 statt.“Aufgrund dessen musste er auch ein Angebot der TU Darmstadt zur Luftbilderfassung kirchlicher Dachflächen ablehnen – vorerst zumindest. Denn Stolarcyk arbeitet seit vergangenem Jahr mit am Aufbau eines PC-basierten Standortentwicklungssystems, mit dem bis 2012 alle Gebäudedaten – inklusive dem Energiebedarf – erhoben werden sollen. Bisher sind erst 450 der schätzungsweise 6.000 kirchlichen Bauten in der Diözese erfasst. Es gibt also noch einiges zu tun, um die katholische Klimainitiative weiter voranzubringen.