Der jährlich vorgelegte Bericht der Bank Sarasin gilt als eines der wichtigsten Barometer der Branche. Die Botschaft ist optimistisch: „Solarwirtschaft – grüne Erholung in Sicht“ titelt die jüngste Marktanalyse der Privatbank mit Sitz in Basel. Nachdem der globale Photovoltaikmarkt 2009 aufgrund der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise und der Änderung der Förderung in Spanien stagnierte, rechnet Sarasin für dieses Jahr mit einem Wachstum der neu installierten Leistung von 46 Prozent, dies entspricht 8,5 Gigawatt. „Wir erwarten, dass die Nachfrage weltweit wieder auf breiter Front anziehen wird“, sagt Chefanalyst Matthias Fawer.
Preise sinken weiter
Die wesentlichen Gründe hierfür sieht er in den weiter sinkenden Kosten und Preisen, in einer weiteren Effizienzsteigerung sowie dem Ausbau der Vertriebskanäle. Fawer prognostiziert für dieses Jahr und auch für die beiden Folgejahre eine weitere Reduzierung „der Preise entlang der solaren Wertschöpfungskette von rund zehn Prozent“. Chinesische Hersteller hätten hierbei vor allem aufgrund geringerer Lohnkosten, geringerer Silizium- und Energiepreise und günstiger Finanzierungskosten „deutliche Wettbewerbsvorteile“.
Für die europäischen Hersteller bestehe Kostensenkungspotenzial vor allem im Materialeinkauf, das heißt in der Nach- und Neuverhandlung von Lieferverträgen oder im zusätzlichen Einkauf auf dem Spotmarkt. Hinzu kämen die Prozessoptimierung, beispielsweise bei der Ingotausbeute, der Waferdicke, dem Sägeverlust oder der Zellbruchrate und die technologische Innovation. Eine zentrale Rolle spiele hierbei die Steigerung des Wirkungsgrades von Solarzellen. Für besonders interessant halten die Sarasin-Analysten die selektive Emitterstruktur, welche den Wirkungsgrad monokristalliner Zellen von 16 auf 17,5 bis 18,5 Prozent erhöhen könne.
Schwieriger werde die Wettbewerbssituation allerdings für die Produzenten von Dünnschichtmodulen, da deren Kostenvorteile pro Watt durch den rapiden Preisverfall der siliziumbasierten Module „gewaltig geschrumpft oder sogar ganz verschwunden“ seien. Zudem seien die Investitionen für eine schlüsselfertige Produktionslinie mit rund 200 bis 220 Millionen Euro pro 100 Megawatt dreimal höher als für eine komplett vertikal integrierte Produktionslinie für kristalline Module (Ingot-Wafer-Zelle-Modul).
Erfolgsfaktor Vertrieb
Für noch entscheidender als die Kostenreduzierung erachten die Sarasin-Analysten allerdings die Stärkung des Vertriebs. „Im derzeitigen Käufermarkt wird der Ausbau von Marketing und Vertrieb zum wichtigsten Erfolgsfaktor für Solarzellen- und Modulhersteller“, unterstreicht Fawer. Einige Unternehmen wie First Solar, Q-Cells, Suntech Power oder Solon hätten aus diesem Grund den Schritt ins Projektgeschäft bereits vollzogen. Eine weitere Strategie sei die Fokussierung auf höherpreisige Nischenprodukte oder auf das Premiumsegment.
Ihre Prognose für die weitere Entwicklung der weltweit installierten Photovoltaikleistung leiten die Basler Banker aus einer systematischen und vergleichenden Attraktivitätsbeurteilung der wichtigsten Länder ab. Dabei werden vor allem die finanzielle Attraktivität eines Marktes, die Marktreife, das Wachstumspotenzial sowie effektive administrative Abläufe bewertet.
Als attraktivste Wachstumsmärkte in diesem Jahr sehen die Sarasin-Analysten bei den kleinen Aufdachanlagen (bis drei Kilowatt) Griechenland (siehe Artikel Seite 48), Italien und Deutschland, bei den Freiflächenanlagen (ab einem Megawatt) Italien, Spanien und Südafrika. Griechenland führt bei den Dachanlagen aufgrund sehr guter Einstrahlwerte, eines attraktiven Tarifsystems, der Lockerung der Deckelung sowie der angekündigten Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Italien führt im Länderranking in der Freifläche und liegt bei den Aufdachanlagen an zweiter Stelle: Bei den Solarparks beträgt die jährliche Degression der Vergütung nur zwei Prozent, dazu kommen hohe Einstrahlwerte, eine effizientere Genehmigungspraxis und eine bisher nicht ausgeschöpfte Zubaukapazität bei kleinen Dachanlagen von 900 Megawatt – der Deckel der Förderung liegt bei 1.200 Megawatt. Spanien punktet bei den Solarparks aufgrund der sehr guten Einstrahlwerte und der vergleichsweise niedrigen Vergütungsdegression von vier bis maximal zehn Prozent. Ein interessanter Neuling im Sarasin-Länderranking ist Südafrika: Die Kombination aus hoher solarer Einstrahlung und einer Einspeisevergütung von 35 Euro-Cent pro Kilowattstunde bringt diesen jungen Markt auf Platz drei bei den Freiflächenanlagen.
Deutschland schafft es beim Ranking bei den kleinen Aufdachanlagen auf Platz drei und bei den Solarparks auf Platz vier. Negativ schlagen hier die bereits beschlossenen und nun zusätzlich diskutierten Vergütungsabsenkungen zu Buche. Als positiv bewerten die Sarasin-Analysten die Marktreife, die raschen Genehmigungsverfahren und die hohe Installationskapazität.
Neue Märkte im Kommen
Weitere wichtige Wachstumsmärkte sieht Sarasin unter anderem in Frankreich, Portugal, den USA, China, Indien, Japan und Brasilien. Matthias Fawer rechnet damit, dass in den kommenden zwei Jahren „mindestens zehn neue PV-Märkte mit einem jährlichen Volumen von über 500 Megawatt entstehen“. Hierdurch werde das globale Wachstum der Photovoltaik auf eine breitere Basis gestellt. Aufgrund der Kosten- und Preisreduktion steuere die Photovoltaik in Riesenschritten auf die Netzparität zu. Bereits innerhalb der kommenden zwei Jahre könnten private Stromverbraucher in Italien, Kalifornien, Hawai, Spanien und Japan den Strom billiger von ihrer eigenen Solaranlage beziehen als aus der Steckdose. Ob diese optimistische Einschätzung der Schweizer Banker wirklich zutrifft, wird sich also bald zeigen.
Sarasin-PV-Marktprognose bis 2012 | |||||||
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Neu installierte PV-Leistung [MW] | CAGR* | ||||||
2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 08 – 12 | |
Deutschland | 1.135 | 1.505 | 2.318 | 2.596 | 2.881 | 3.170 | 20 % |
Italien | 63 | 320 | 560 | 924 | 1.478 | 2.323 | 64 % |
Spanien | 505 | 2.610 | 530 | 593 | 735 | 860 | 24 % |
Griechenland | 2 | 11 | 44 | 110 | 242 | 520 | 162 % |
Frankreich | 25 | 80 | 128 | 198 | 317 | 499 | 58 % |
Portugal | 15 | 50 | 60 | 96 | 149 | 234 | 47 % |
Tschechien | 3 | 51 | 50 | 70 | 90 | 120 | 24 % |
Belgien | 18 | 48 | 50 | 65 | 80 | 90 | 17 % |
Übriges Europa | 12 | 19 | 34 | 58 | 93 | 147 | 67 % |
Europa | 1.778 | 4.694 | 3.774 | 4.710 | 6.066 | 7.961 | 14 % |
USA | 207 | 338 | 777 | 1.555 | 3.110 | 5.597 | 102 % |
China | 20 | 50 | 165 | 377 | 778 | 1.458 | 132 % |
Indien | 10 | 40 | 80 | 180 | 342 | 616 | 98 % |
Japan | 210 | 225 | 365 | 547 | 739 | 998 | 45 % |
Südkorea | 45 | 276 | 100 | 130 | 160 | 204 | 7 % |
Übriges Asien | 31 | 93 | 186 | 326 | 456 | 592 | 59 % |
Asien | 317 | 685 | 896 | 1.560 | 2.475 | 3.869 | 54 % |
Rest der Welt | 56 | 185 | 370 | 647 | 1.035 | 1.759 | 76 % |
Gesamt neu installiert | 2.357 | 5.902 | 5.817 | 8.472 | 12.685 | 19.186 | 34 % |
Jährliche Wachstumsrate | 56 % | 150 % | 1 % | 46 % | 50 % | 51 % | |
Quelle: Bank Sarasin, Nov. 2009; *CAGR: compound annual growth rate (durchschnittliche jährliche Wachstumsrate) |