Der neue Gesetzesentwurf der Bundesregierung erlaubt Frackingbohrungen ab einer Tiefe von 3.000 Metern. Experten bestimmen darüber, ob die Technik auch oberhalb dieser Tiefe zugelassen wird. Eine Analyse zeigt: Die Gaspotenziale der Technik in Deutschland sind gering, die Risiken und Kosten zu hoch.
„Die Fracking-Technologie darf nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zu wissenschaftlichen Zwecken eingesetzt werden“, sagt Bundesenergieminister Sigmar Gabriel und ergänzt: „und auch nur wenn die Risiken beherrschbar und verantwortbar sind und der Einsatz in einem transparenten Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung genehmigt wurde.“ Zudem stellt die Regierung sicher, dass die heimische Erdöl- und Erdgasförderung unter strengen Rahmenbedingungen und „auf höchstem technischen Niveau“ weiter fördert, findet Gabriel. In Schiefer- und Tongestein sowie in Kohleflözgestein oberhalb von 3.000 Metern Tiefe wurde in Deutschland bislang nicht „gefrackt“. Es fehlen daher ausreichende Kenntnisse, teilt die Regierung mit. Um die Kenntnislücken zu schließen, sind Probebohrungen zulässig. Allerdings nur, wenn die eingesetzten Flüssigkeiten für Gesteinssprengung nicht wassergefährdend seien.
Wesentlich sei, dass die zuständige Wasserbehörde zwingend in die Entscheidungen vor Ort eingebunden werden muss, sagt BDEW-Chefin Hildegard Müller. Hier sind Unternehmen aus der Energie- und Wasserbranche in einem Verband. Eine Erlaubnis dürfe nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu befürchten sei, erklärt Müller. Zudem erhöhe eine Konkretisierungen bei der Entsorgung der Frack-Flüssigkeit zur neuen Technologie.
Giftiges Abwasser entsorgen
Die Deutschen Umwelthilfe (DUH) sieht in dem Beschluss „ein Rückschritt für die Energiewende und ein Zugeständnis an die fossilen Energien“. Der Entwurf sieht vor, Fracking in Schiefer- und Kohleflözgestein ab einer Tiefe von 3.000 Metern zu erlauben. Ein sechsköpfiges, von der Bundesregierung berufenes Expertengremium soll darüber bestimmen, ob Fracking auch oberhalb von 3.000 Metern zugelassen werden kann. Die bisherige Praxis, giftiges Abwasser unbehandelt in den Boden zu pressen, hält die DUH für fahrlässig. Der Umgang mit diesen Abwässern muss eindeutig im Gesetz festgelegt werden, fordern auch die Umweltschützer.
Nach der parlamentarischen Beratung ist eine Abstimmung über den Gesetzentwurf im Bundestag noch vor der Sommerpause geplant. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer, ist erbost: „Mit diesem Gesetz öffnet die Bundesregierung Tür und Tor für eine Risiko-Technologie.“ Die Grünen fordern die Abgeordneten der Großen Koalition bei den anstehenden Beratungen im Bundestag deshalb auf, Bedenken der Bevölkerung und die Risiken des Fracking ernst zu nehmen und nicht zuzulassen.
Technik nicht wirtschaftlich
Fracking werde in Deutschland künftig keine Rolle spielen, kommentiert Energieökonomin Claudia Kemfert vom DIW in Berlin. Mit der Gesetzesvorlage gewinne man mehr Klarheit, ob die Potentiale für Fracking nicht noch niedriger seien als angenommen. „Ohnehin sind die Potentiale in Europa, anders als in den USA oder Asien, denkbar gering“, vergleicht Kemfert. Erste Schätzungen gingen davon aus, dass die Potentiale des unkonventionelles Gases in Deutschland sehr gering seien. „Maximal zehn Jahre könnte der Gasbedarf in Deutschland überhaupt mit Frackinggas gedeckt werden, wenn man alle Gasquellen mittels Fracking erschließen würde.“ Es sei aber sehr unwahrscheinlich, dass diese erschlossen würden – vor allem auch aus Kostengründen. Somit handele es sich bei der jetzigen Diskussion um viel Lärm um nichts. (Niels H. Petersen)