Etwas Gutes bringt selbst die aktuelle Finanzkrise: Die Preise für Öl und Benzin sinken derzeit deutlich. Bei Gas, Strom und Fernwärme allerdings zeichnet sich bisher keine Entspannung ab. Den Handel treffen die hohen Energiepreise doppelt: Zum einen schmälern sie die Geldbörsen der Kunden und damit Umsatz und Gewinn, zum anderen treiben sie die Kosten in die Höhe. Denn Handelsunternehmen sind Energie-Großverbraucher – für Beleuchtung und Klimatisierung, Kühlung und Informationstechnik, automatische Türen und Rolltreppen.
Eine aktuelle Studie des EHI Retail Institute Köln zeigt, warum Energie für die Branche inzwischen ein zentrales Managementthema ist: Zwischen 40 und 50 Euro pro Quadratmeter Verkaufsfläche muss ein Händler in diesem Jahr für Energie aufbringen, bei 80 Prozent der befragten Händler sind die Energiekosten im Vergleich zum Vorjahr damit deutlich gestiegen. „Die allgemeinen Preiserhöhungen für Energie sind allerdings nur ein Grund für die Mehrbelastung“, sagt Claudia Horbert, Leiterin des EHI-Forschungsbereichs Ladenplanung und Einrichtung. „Neue Beleuchtungskonzepte, längereÖffnungszeiten oder die Ausweitung gekühlter und tiefgekühlter Sortimente lassen die Energiekosten ebenfalls steigen.“ Die EHI-Studie hat ergeben, dass der Handel bereits mit einem Bündel verschiedener Maßnahmen reagiert: Effizientere Leuchtmittel gehören ebenso dazu wie bessere Technik bei Kühlmöbeln und Kälteanlagen, eine durchdachte Gebäudeleittechnik, das Poolen von Lieferantenverträgen und die Schulung der Beschäftigten. Und: „Die Explosion der Energiepreise befördert die regenerativen Energien“, sagt Claudia Horbert. Der jüngste EHI-Kongress „Energiemanagement imEinzelhandel“ widmete sich daher auch der Photovoltaik. „Am billigsten sind die Kilowattstunden, die man gar nicht erst benötigt“, sagt zwar Olaf Schulze, Geschäftsführer der Metro Group Energy Production & Management GmbH (MEM) – aber mit Sparen allein lasse sich die Situation nicht entspannen. Die Metro-Tochter ist für Einkauf und Verteilung der gesamten von der Gruppe benötigten Energie zuständig. Immerhin verbraucht die Metro Group 4,1 Terawattstunden Strom und 1,5 Terawattstunden andere Energieträger wie Heizöl, Gas und Fernwärme und verursacht einen jährlichen CO2-Ausstoß von etwa 2,8 Millionen Tonnen. Schulze: „Wir wollen den CO2-Ausstoß in der Beschaffung reduzieren, können aber bisher nur einen Bruchteil unseres Bedarfs in Form von Ökostrom kaufen. Daher setzen wir auf Energiesparmaßnahmen und da, wo es sich lohnt, auch im großen Stil auf erneuerbare Energien – bei Neubauten, aber auch bei bestehenden Immobilien.“
Weniger CO2, mehr Energie
Die Photovoltaik ist Teil dieser Strategie. Im Istanbuler Stadtteil Merter baut die Metro Group beispielsweise gerade ein Shopping-Center, bei dem Solarenergie für Heizung und Klimatisierung eingeplant ist: Dank Solar Chilling sollen 110 Kollektoren auf 990 Quadratmeter Fläche 560 Tonnen CO2 jährlich sparen. Und in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut hat die Metro Group das Dach des Düsseldorfer Cash&Carry-Marktes mit einer 9.200 Quadratmeter großen PV-Anlage ausgestattet. Eine Hälfte der Anlage besteht aus polykristallinen Modulen, die andere Hälfte aus Dünnschicht, laut Schulze vor allem aus statischen Gründen: „Diese Solarzellen werden wie flexible Folie direkt auf das Dach aufgebracht. So lässt sich eine teure Trägerkonstruktion vermeiden – und viel Gewicht.“Die Anlage erzeugt mit einer Optimalleistung von 230 Kilowatt gut 200.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr und spart 111 Tonnen CO2. Schulze: „Der Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Aber wir haben die Anlage nicht gebaut, um damit Geld zu verdienen. Wir wollen verstehen, wie die verschiedenen Techniken funktionieren – und sie dann dort nutzen, wo wir die besten Wirkungsgrade haben.“ Beste Wirkungsgrade für Solarenergie gibt es in Schleswig-Holstein nicht, trotzdem fällt Thilo Wierzocks Fazit positiv aus: Der Architekt, bei Edeka Nord Projektleiter Hoch- und Tiefbau, realisierte2005 eine Photovoltaikanlage mit 70 Kilowatt Optimalleistung auf dem Dach des E-Centers Frauen in Heide.
Nachhaltiges Image-Signal
Als das in den 70er Jahren errichtete Gebäude revitalisiert werden sollte, suchte Edeka nach einem Weg, dem Center ein freundliches architektonisches Gesicht zu geben und gleichzeitig ein gut sichtbares, nachhaltiges Image-Signal auszusenden. Da Teile der Vordachflächen und Schrägverglasungen verschattungsfrei nach Süden ausgerichtet sind, war der Einbau von Solarmodulen laut Wierzock eine naheliegende Lösung, „auch wenn wir uns angesichts erster Ertragsprognosen schnell von dem Gedanken verabschieden mussten, ein energieautarkes Gebäude errichten zu können – immerhin verbraucht das E-Center im Jahr 1,4 Millionen Kilowattstunden Strom. Aber dank EEG war der Einstiegszeitpunkt in die Photovoltaik trotzdem optimal.“Denn bei aller Begeisterung für regenerative Energien: Edeka Nord hat das Projekt mit spitzem Bleistift durchgerechnet. Verschiedene Modulhersteller und -lieferanten erstellten Detail- und Wirtschaftlichkeitsplanungen, parallel liefen Verhandlungen mit dem zuständigen Netzbetreiber über den Anschluss der Anlage und den Einspeisevertrag. Ergebnis: 550 Quadratmeter monokristalline Module, deren Jahresleistung Hersteller Solarworld mit 62.500 Kilowattstunden beziffert. Die tatsächliche Jahresleistung war für Bauherr Edeka eine Überraschung. Laut Wierzock wurden 2006 insgesamt 69.900 und2007 sogar 73.100 Kilowattstunden erzielt – und damit in beiden Jahren zusammen dank Einspeisevergütung ein Nettoertrag von 64.500 Euro. „Angesichts der Baukosten von 375.000 Euro netto wird sich die Anlage nach elf, zwölf Jahren rechnen.“ Immer wieder auftretende Diskussionen über die Ökobilanz von PV-Anlagen und den Sinn oder Unsinn von Subventionen fechten Thilo Wierzock nicht an. „Die Ökobilanz der Module wird immer besser. Und die Einspeisevergütung ist ein Anreiz, der Technik überhaupt eine Chance zu geben.“ Bei Edeka Nord ist bereits das nächste Projekt in der Planungsphase, diesmal eine Dünnschichtanlage. „Dünnschichtmodule haben eine bessere Ökobilanz, sind günstiger und außerdem bei bedecktem Himmel, den wir im Norden ja öfter haben, effizienter.“ Noch im Jahr 2009 soll die Anlage in Betrieb gehen. Angesichts der jüngsten EEG-Novelle, die auch für selbst verbrauchten Solarstrom eine Förderung vorsieht, will Edeka den auf dem Dach erzeugten Strom nicht in das öffentliche Netz einspeisen, sondern direkt am Standort selbst nutzen.