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Genaue Absprachen im Vertrag

Eigentlich ist es eine Win-win-Situation: Der Gebäudeeigentümer hat ein Dach, das von Ausrichtung und Neigung perfekt für die Montage einer Photovoltaikanlage geeignet ist. Der Solarbetrieb unterbreitet ein attraktives Angebot und prognostiziert für die Zukunft einen Stromertrag, der sich sehen lassen kann.

Dass das Dach alt ist und sowieso neu gemacht werden soll, stellt keinen Hinderungsgrund dar. Im Gegenteil: Im Zuge der Montage der Photovoltaikanlage, wenn ohnehin Kräne und Gerüst zum Einsatz kommen, kann das Dach gleich auf Vordermann gebracht werden.

Verschiedene Varianten

In der Praxis wird das Modell „Photovoltaikanlage mit Dachsanierung“ in verschiedenen Varianten umgesetzt. Will der Gebäudeeigentümer keine eigene Anlage, sondern nur das Dach verpachten, dann ist die Dachsanierung oft Bestandteil des Dachmietvertrags. Der Solarinvestor zahlt keinen oder weniger Pachtzins für die Nutzung des Daches und erneuert stattdessen die Dachfläche.

Meistens geht es gut

Will der Eigentümer hingegen selbst das Dach für eine Photovoltaikanlage nutzen, so können Dacharbeiten Bestandteil des Auftrags für die Lieferung und Montage der Anlage sein.

Das Solarunternehmen wird dann – um die vertraglichen Pflichten gegenüber dem Grundstückseigentümer oder Auftraggeber zu erfüllen – in der Regel einen Fachbetrieb des Dachdeckerhandwerks für die notwendigen Arbeiten beauftragen. Meistens geht das auch gut.

Wenn allerdings Probleme auftauchen, kann es teuer werden. Mancher Grundstückseigentümer, der mit den Dacharbeiten nicht zufrieden ist, widersetzt sich der Montage der Photovoltaikanlage. Der oft enge Zeitplan der Solarmontage kann so erheblich aus dem Ruder laufen – zum Schaden des Investors, der auf die Inbetriebnahme seiner Photovoltaikanlage wartet.

Noch ungünstiger ist es, wenn nach Montage der Photovoltaikanlage Undichtigkeiten am Dach auftreten. Um das Dach zu dichten, muss dann die ganze Anlage wieder demontiert werden.

Die Risiken minimieren

Sicherlich: Durch sorgfältiges Arbeiten lassen sich unnötige Fehler vermeiden, auch bei Dacharbeiten. Einen guten Überblick über die bestehenden Vorschriften findet sich in photovoltaik 09/2019 (Seite 54). Aber vollständigen Schutz wird es nie geben. Wie kann sich der Solarbetrieb also vor Regress schützen?

Ein wichtiger Punkt ist die Vertragsgestaltung. In vielen Fällen kann es gelingen, den Leistungsgegenstand der Dacharbeiten vollständig aus dem Solarvertrag herauszulösen. Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass die Sanierung des Daches als Gegenleistung für die Dachnutzung vereinbart wird.

Denn wenn dieser Weg gewählt wird, haftet das Solarunternehmen als Pächter des Daches für die Mangelfreiheit der Dachsanierung.

Risikoärmer ist es, wenn der Gebäudeeigentümer unmittelbar einen Fachbetrieb mit der Sanierung des Daches beauftragt. Die Höhe der Pacht kann so gewählt werden, dass die Dachsanierung über die Verpachtung des Daches finanziert wird, ohne dass die Sanierung in den Pachtvertrag aufgenommen wird.

Fallen für die Haftung

Für die Mangelfreiheit der Dacharbeiten haftet in dieser Konstellation der Dachdeckerbetrieb, den der Gebäudeeigentümer mit der Dachsanierung beauftragt hat.

Auch da, wo das Solarunternehmen vertraglich Dacharbeiten übernimmt, kann der aufmerksame Solarteur im Streitfall Geld und Ärger sparen. Dazu muss auf ungeschickte und streitanfällige Regelungen in Verträgen verzichtet werden.

Derartige Haftungsfallen finden sich in der Praxis immer wieder. So wird die Solaranlage, die montiert werden soll, in Vertragsanlagen regelmäßig detailliert beschrieben. Die Dacharbeiten werden hingegen nur mit wenigen Worten abgehandelt und es bleibt unklar, was genau geschuldet wird.

So war es zum Beispiel in einem Fall, der einem Urteil des OLG Hamm vom 11. November 2015 (Aktenzeichen: 12 U 34/15) zugrunde lag. Dort vereinbarten die Parteien im Zuge des Erwerbs einer Photovoltaikanlage eine „Sanierung der asbesthaltigen Dachfläche durch Fremdfirma lt. Telefonat“.

Dachsanierung gilt umfassend

Was mit „Sanierung“ gemeint war, darüber stritten die Parteien gerichtlich. Der Solarbetrieb meinte, es sei nur darum gegangen, die notwendigen Voraussetzungen für die Montage der Anlage zu schaffen. Der Auftraggeber wollte jedoch eine umfassende Erneuerung des Daches.

Das Gericht stellte sich auf die Seite des Kunden. Unter „Dachsanierung“ sei die Beseitigung der asbesthaltigen Dachfläche und ein fachgerechter Neuaufbau des Daches zu verstehen.

Um unnötige Haftungsrisiken zu vermeiden, ist es daher sinnvoll, auch die geschuldeten Dacharbeiten möglichst genau zu beschreiben. Dem Kunden muss vor seiner Vertragsunterschrift deutlich sein, wenn er kein vollständig neues Dach erhalten soll, sondern nur einzelne, in einer Leistungsbeschreibung aufgeführte Arbeiten geschuldet sind.

Wird ein Dachdecker-Fachbetrieb als Unterauftragnehmer mit den Dacharbeiten beauftragt, kann dessen Leistungsverzeichnis eine gute Orientierung für die vertragliche Vereinbarung mit dem Kunden sein. Aber die Vertragsgestaltung alleine schützt den Solarteur nicht in allen Konstellationen.

In einem Fall, über den das OLG Frankfurt am 6. Mai 2019 entscheiden hat (Aktenzeichen: 29 U 199/16), hatte der Solarbetrieb die geschuldeten Dacharbeiten genau beschrieben. Vor der Montage der Solaranlage sollten defekte Dachpfannen gegen neue ausgetauscht werden, die der Kunde zu stellen hatte. Am Ende gab es dennoch Streit. Das Dach war – wie sich später herausstellte – zur Aufnahme einer Solaranlage gar nicht geeignet. Der Neigungswinkel war für die Verwendung von Dachpfannen zu gering und die Unterspannbahn marode.

Es kam, wie es kommen musste. Irgendwann drang Wasser durch die Dachhaut und der Gebäudebesitzer wollte die Kosten für den notwendigen Ab- und Wiederaufbau der Solaranlage sowie die Beseitigung des Feuchtigkeitsschadens nicht selbst tragen.

Das Gericht gab ihm Recht. Zwar sahen die Richter ein, dass eine umfassende Dachsanierung hier nicht geschuldet war. Der Solarteur machte sich nach Auffassung der Richter jedoch eines anderen Pflichtverstoßes schuldig.

Bedenkenhinweis schützt

Er hätte seinen Kunden darauf hinweisen müssen, dass das Dach und insbesondere die Unterspannbahn nicht geeignet sind, die Dichtigkeit der Dachhaut nach Montage der Solaranlage zu gewährleisten. Der Unternehmer, der einen bestimmten Erfolg – hier eine funktionstüchtige Photovoltaikanlage – verspreche, dürfe vom Kunden zur Verfügung gestellte Teile – hier das Dach – nicht unbesehen verwenden.

Er müsse sich vielmehr vergewissern, dass diese Teile zur Herstellung eines mangelfreien Werks geeignet sind. Sind sie das nicht – so führt das Gericht aus – hat er einen „Bedenkenhinweis“ zu erteilen.

Wenn er das unterlasse, sei seine Leistung mangelhaft. Den Anforderungen dieser Rechtsprechung wird man schwerlich mit einer einfachen vertraglichen Formulierung gerecht werden können. Im Zweifel ist es daher zu raten, besser einen „Bedenkenhinweis“ zu viel als zu wenig zu geben.

Scheint die Dacheindeckung nicht den Anforderungen der Photovoltaikanlage gewachsen zu sein, so sollte dies von einem Fachmann vor dem Auftrag geprüft werden. Der Hinweis auf die Problematik sollte schriftlich erfolgen und so übermittelt werden, dass im Streitfall der Zugang noch bewiesen werden kann.

Auch wenn ein Bedenkenhinweis das Angebot an einen zögernden Kunden sicher nicht attraktiver macht: Ein einsichtiger Kunde wird es zu schätzen wissen, wenn vor Vertragsabschluss auf mögliche Probleme hingewiesen wird. Sonst könnten am Ende alle Beteiligten verlieren.

Privates Institut

Asbesthaltige Dächer mit Trapezblechen und Photovoltaik saniert

Asbest ist ein hitzebeständiger Werkstoff, der insbesondere im Osten Deutschlands noch weit verbreitet ist. Lange Zeit galt er als nahezu unzerstörbare und kostengünstige Lösung für Dachflächen. Inzwischen ist bekannt, dass das Arbeiten mit Asbest gefährlich ist und das Einatmen von Asbestfäden lebensbedrohende Krankheiten auslöst. Daher ist der krebserregende Stoff seit 1993 in Deutschland verboten.

925 Kilowatt installiert

Gleichwohl tun sich viele Betriebe aus Kostengründen schwer mit der Sanierung von Asbestflächen. Das Private Institut aus München bietet unter anderem Lösungen für dieses Problem an. Ein Beispiel ist das Solarkraftwerk 61 – Projekt Niederorschel. Der Ort liegt im Eichsfeld, südlich der Bundesautobahn 38.

2016 wurde auf den Dächern der Agrargenossenschaft Im Ohnetal eG eine einzelbetriebsfähige Photovoltaikanlage mit 925 Kilowatt Leistung errichtet. Es handelte sich um vier bis fünf Dächer auf Stallungen, Lagerhallen und Maschinenhallen.

Schlüsselfertig übergeben

Die Agrargenossenschaft hatte die Dachflächen ihrer Gebäude an ein Anlageprojekt verpachtet und konnte mit den Pachterlösen die aufwendige Dachsanierung finanzieren. Das Private Institut wiederum hat auf dem gepachteten Dach eine Solaranlage errichtet, die pro Jahr etwa 835,5 Kilowattstunden Strom produziert. Der Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist.

Alternativ konnte die Agrargenossenschaft die Anlage gegen eine angemessene Betriebsführungs- und Nutzungsgebühr zur Stromerzeugung übernehmen und den kostengünstigen Sonnenstrom für den Eigenverbrauch nutzen sowie den überschüssigen Strom in das öffentliche Stromnetz einleiten – und vereinnahmt dafür die gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung.

Böse Überraschungen möglich

Das Private Institut hat seinerzeit nicht nur die Finanzierung des Solarkraftwerks 61 sichergestellt, sondern sich auch um die Planung, die Genehmigungen sowie die Installierung der Solaranlage gekümmert. Das Projekt wurde schlüsselfertig übergeben.

Die schwierigste Klippe war der Lastvergleich des Daches vor und nach der Sanierung. „Die landwirtschaftlichen Gebäude wurden in der DDR unter anderen Standards berechnet und gebaut“, analysiert Thomas Schoy vom Privaten Institut. „Das waren relativ leichte Dächer. Um den Bestandsschutz nicht zu riskieren, durfte die Dachlast pro Quadratmeter mit der Photovoltaik nach der Sanierung nicht höher sein.“

Trapezblech aufgelegt

Statt des Asbestdaches wurde ein Trapezblechdach aufgelegt. Riskant ist nach den Erfahrungen von Thomas Schoy zudem, dass man bei sanierungsbedürftigen Dächern das volle Ausmaß der Schäden erst erkennt, wenn das Dach geöffnet ist. „Es kann vorkommen, dass Träger in der Dachkonstruktion weggefault sind“, nennt er ein Beispiel. „In den landwirtschaftlichen Gebäuden wirken Dämpfe und Feuchtigkeit, bei Ställen auch aggressiver Ammoniak.“

www.privates-institut.com

Der Autor

Dr. Thomas Binder

ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Fachfirmen der Photovoltaik.

www.pv-recht.de