Die Demonstranten waren aus ganz Deutschland gekommen, um gegen die Pläne der Bundesregierung zur Kürzung der Solarförderung zu protestieren. Am Ende waren es etwa 12.000, darunter Anhänger von Parteien und Gewerkschaften, Mitarbeiter großer, mittelständischer und kleiner Solarunternehmen sowie zahlreiche weitere Befürworter des Ausbaus der Erneuerbaren und der Solarenergie.
Lautstark machten die Demonstranten mit Trillerpfeifen, Trommeln, Rasseln, Ratschen und Sirenen klar, dass sie sich gegen die Pläne der Bundesregierung stellen. Die Plakate und Protestaktionen waren dabei so vielfältig, wie die Demonstranten selbst. „Solarenergie = Volksenergie“ und „Sonne statt Atom – So wollen wir unseren Strom“ waren zum Beispiel Aufschriften der Plakate. Viele Demonstranten waren in größeren Gruppen angereist, die sich jeweils eigene Protestaktionen einfallen lassen haben. So gab es zum Beispiel Unterschriftenaktionen oder heliumgefüllte Luftballons, an denen Postkarten mit Infos über die Solarenergie befestigt waren. Eine Gruppe von als Rösler und Röttgen verkleideten Protestlern trugen symbolisch einen Sarg zu Grabe, der die Energiewende repräsentieren sollte.
Zur Sonne, zur Freiheit
Zu den namhaften Rednern auf der Kundgebung gehörten Politiker und Gewerkschafter aber auch Vertreter von Forschung und Entwicklung. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Journalisten, Buchautor und in der Branche seit vielen Jahren bekannten Solaraktivisten Franz Alt. „Wir brauchen eine solare Weltwirtschaft nach dem Motto: Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“, war eine seiner Botschaften an die Demonstranten.
Günther Cramer, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), machte als Redner den Anfang. „Ich freue mich, dass so viele gekommen sind, um gegen das Energiewende-Verhinderungsprogramm zu demonstrieren“, sagte er. Er ist der Meinung, dass die Ausbauziele der Erneuerbaren nicht erreicht werden können, wenn der Ausbau der Solarenergie derart abgewürgt wird. Die Bürger seien aber in der großen Mehrheit für einen ambitionierten Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Photovoltaik. Er forderte die Regierung daher auf: „Missachten Sie nicht weiter den Willen der Bevölkerung.“ Von erneuten Förderkürzungen profitieren nach seiner Ansicht nur die großen Energieanbieter. „Wir nehmen denen Marktanteile weg. Deshalb ist denen gerade die Solarenergie ein Dorn im Auge.“
Sigmar Gabriel von der SPD kritisierte, dass die Atomenergie bis heute gefördert wird, aber die Förderung der Solarenergie nun beschnitten werden soll. „In ein paar Jahren müssen dann wieder die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängert werden. Das ist es doch, was die wollen“, sagte er in seiner Rede. Er befürchtet zudem, dass die Regierung mit der Neuregelung die Berechenbarkeit und Planbarkeit von Solarprojekten zerstört, die er für eine sehr wichtige Grundlage hält. Hoffnung auf Besserung unter dieser Regierung sieht er nicht. „Die Bundesregierung blockiert sich mit sechs verantwortlichen Ministerien gegenseitig“, so Gabriel.
Froschfresser und Froschschützer
Jürgen Trittin vom Bündnis 90/Die Grünen fand ebenfalls klare Worte. „Dem Erneuerbare-Energien-Gesetz soll über die Hintertür der Garaus gemacht werden, im Interesse von RWE, E.ON und Co.“ Außerdem hält er die Argumentation mit den angeblich hohen Kosten der Solarenergie für fragwürdig. Wenn es tatsächlich um Kosten ginge, warum werden dann die Freiflächenanlagen beschnitten, obwohl dies die günstigste Form der Solarenergie ist, fragt er. Seiner Ansicht nach gehe es „Froschfresser Rösler und Froschschützer Röttgen“ nur darum, mehr Strom von RWE und E.ON im Netz zu haben. Die Regierung fordert er auf: „Hört auf rumzulügen! Die Erneuerbaren Energien sind in Wirklichkeit schon lange eine Preisbremse und kein Kostensteigerer.“
Auch Gregor Gysi von der Linkspartei sprach von einer Blockade der Energiewende. „Das ist ein gesellschaftspolitischer Irrsinn, den wir nicht zulassen dürfen.“ Die großen vier Energieriesen hätten kein Interesse an der Solarenergie, weil sie daran schlichtweg nicht beteiligt sind. An die Regierung gerichtet sagte er: „Man kann nicht heute fördern und morgen streichen und dann sagen: Es ist mir egal wenn zehntausende Arbeitsplätze verloren gehen.“ Er forderte daher die Unterstützung der Solarbranche mit Finanzhilfen und günstigen Krediten, räumte aber ein, dass er dies nur in Zusammenhang mit guter Arbeit und ausreichender Forschung und Entwicklung als gerechtfertigt ansehe.
Regelung mit Sollbruchstellen
Eike Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), sprach als Vertreter von Forschung und Wissenschaft. Er stellte besonders die internationale Dimension der aktuellen Pläne in den Vordergrund. Das deutsche Beispiel sei für die ganze Welt von besonderer Wichtigkeit. Deutschland habe sich seit Fukushima an die Spitze der weltweiten Energiewende gesetzt. Nun zerstöre die Regierung aber den Vertrauensschutz und die Planbarkeit von Solarenergieprojekten. „Wenn die Bundesregierung das in einem Industriezweig kann, wie sieht es dann zukünftig in anderen Industriezweigen aus?“, fragt er. Dies sei eine große Gefahr, denn solche Entwicklungen würden auch im Ausland mit Besorgnis wahrgenommen. Am schlimmsten bewertet Weber die Pläne zur neuen Ermächtigungsregelung, die ministerielle Entscheidungen am Parlament vorbei ermöglichen soll. „Wir sollten uns merken, welche Abgeordneten dabei zustimmen werden“, rät er.
Ulrich Kelber (SPD) vermutete in seiner Rede, dass die neue Regelung zur Vergütungskürzung absichtlich mit „Sollbruchstellen“ vermengt wurde. Er glaubt, dass die Übergangsfrist bis zum 9. März und auch die Ermächtigungsregelung von Anfang an nicht ernst gemeint waren. Es gehe vielmehr darum, die Diskussion auf die gesetzten Fristen zu lenken, um so die anderen Inhalte besser durchsetzen zu können. Daher stellte er klar: „Wir wollen die Inhalte verändern und nicht nur die Fristen für diese Inhalte.“
Oliver Höbel, Leiter des Bezirks Berlin-Brandenburg bei der IG Metall, sagte, es gibt in der Bevölkerung eine hohe Zustimmung zu den Erneuerbaren. 76 Prozent der Bürger seien für die Solarenergie. Daher fordert er: „Finger weg von der Solarenergie. Wir brauchen den Turbo für Erneuerbare und keine Bremsklötze.“ Um dem Kostendruck aus Asien zu begegnen sprach er sich außerdem für höhere Vergütungssätze für Solarenergie „Made in Europe“ aus.
Auch der Präsident des Bundesverband Erneuerbare Energien Dietmar Schütz zeigte seine Solidarität mit der Solarenergie. „12.000 Demonstranten sind ein machtvolles Zeichen gegen die Blockierer aus Berlin.“ Er kritisierte, dass unter dem Deckmantel der Kostensenkung das gesamte Fördersystem attackiert werde und sprach sich ebenfalls deutlich gegen die geplante Praxis der Ministerermächtigung aus.
Unterstützung aus der Union
Selbst aus der CDU bekam die Solarenergie Unterstützung. Josef Göppel, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erklärte: „Auch wenn es nicht so aussieht, es gibt in der Union viele Kämpfer für die Energiewende.“ Ergänzend sagte er: „Wenn das Gesetz so verabschiedet werden soll, bekommt es von mir eine Nein-Stimme.“ Göppel war der einzige CDU-Politiker der im Jahr 2000 für das EEG gestimmt hat.
Das Schlusswort hatte dann wieder Moderator Franz Alt in dem er noch einmal die fünf zentralen Forderungen auflistete: 1. Weiterer kraftvoller Ausbau der Solarenergie; 2. Weniger starke Einschnitte zum 9. März; 3. Keine versteckten Kürzungen unter dem Vorwand der Marktprämie; 4. Keine Ermächtigung am Parlament vorbei; 5. Längere Übergangsfristen bei Neuregelungen. Zum Abschluss machte Alt klar, dass die Branche grundsätzlich mit Kürzungen einverstanden wäre aber „zwischen Kürzung und Kahlschlag besteht ein himmelweiter Unterschied.“ (Mirco Sieg)