Der polnische Photovoltaik-Markt ist derzeit noch sehr überschaubar. Ein Solarpark mit einem Megawatt Leistung ist bislang am Netz sowie sieben kleinere Photovoltaik-Anlagen. Daneben gibt es noch einige Offgrid-Installationen. Insgesamt sind in Polen gerade einmal 2,3 Megawatt Photovoltaik-Leistung installiert, wobei sich in diesem Jahr recht wenig getan hat. "Alle warten derzeit auf das neue Gesetz", sagt Gzegorz Wisniewski vom polnischen Energieinstitut IEO, auf dem Expertenworkshop "Photovoltaik in Polen" am Dienstag in Berlin. Die Regierung in Warschau ringt seit Monaten um die Neuregelung der Förderung erneuerbarer Energien. Sie legte bereits mehrere Entwürfe vor, doch keiner davon ist bereits ins Parlament geschickt worden. Daher geht derzeit auch niemand davon aus, dass das Gesetz wirklich zum 1. Januar 2013 in Kraft tritt. Realistischer ist aus Sicht von Experten ein Inkrafttreten des Gesetzes Mitte kommenden Jahres.
Die groben Linien des neuen Gesetzes zeichnen sich indes ab. Es ist zu erwarten, dass kleine Photovoltaik-Anlagen bis 100 Kilowatt Leistung mit einem Einspeisetarif gefördert werden sollen, der bis 2027 gezahlt werden soll. Bei größeren Anlagen über 100 Kilowatt wird es ein relativ kompliziertes Zertifikatesystem geben. Dieses besteht bereits, soll nun aber um einen Korrekturfaktor für die verschiedenen Erneuerbaren nachgebessert werden. Dennoch hängt viel von der Entwicklung der Preise für Grünstrom-Zertifikate ab, die momentan noch niemand langfristig einschätzen kann. Christian Schnell, Anwalt der Kanzlei DMS in Warschau, hofft aber trotzdem darauf, dass die Ministerien nun bald den Gesetzentwurf in das Parlament schicken werden.
Viele Projektierer aus Deutschland stehen bereits in den Startlöchern. Piotr Rudyszyn von W4E, die in Polen bereits zahlreiche Windparks realisiert haben und nun auch Photovoltaik-Projekte entwickeln wollen, berichtet etwa, dass die Flächensicherung bereits in vollem Gange sei. Die Auswahl an Flächen sei allerdings begrenzt. Es liefen Gespräche mit Landwirten, die als Pacht für ihre Flächen umgerechnet etwa 1000 Euro pro Hektar erwarteten. Es sei empfehlenswert, sich auf Flächen ohne festgeschriebenen Flächennutzungsplan zu fokussieren. Die Änderung eines Flächennutzungsplans könne bis zu einem Jahr dauern, sagt Rudyszyn.
Doch nicht nur die Flächensicherung macht Projektierern einiges Kopfzerbrechen, sondern auch die bürokratischen Hürden wie Umweltgutachten und der Netzanschluss für die Photovoltaik-Anlagen. Bei Anlagen unter zwei Megawatt Leistung sei es noch ein überschaubarer Zeitraum von maximal 150 Tagen. Doch bei Solarparks mit mehr als zwei Megawatt Leistung müssten zunächst ein Gutachten zur Netzprüfung erstellt werden, was die Zeit bis zu einem Anschluss entsprechend verzögere. Die Probleme mit dem Netzanschluss könnten letztlich auch dazu führen, dass es in Polen trotz attraktiver Einspeisebedingungen nicht zu einem enormen Photovoltaik-Boom kommen wird, sagt Rechtsanwalt Christian Schnell.
Auch die Regierung in Warschau hat eher konservative Erwartungen für den Photovoltaik-Zubau in Polen. Im optimistischsten Szenario des Nationalen Aktionsplan geht sie von 1,8 Gigawatt installierte Photovoltaik-Leistung bis zum Jahr 2020 aus. Die Befürchtungen, dass die polnische Regierung im Falle eines enormen Photovoltaik-Booms nach Einführung des Gesetzes die Förderung wieder zusammenstreicht, bestehen durchaus. Rechtsanwalt Schnell teilt diese Auffassung nur bedingt. Momentan sei auch keinerlei Deckelung bei der Photovoltaik im Gesetz vorgesehen, sagt Schnell. (Sandra Enkhardt)
Mehr zum Thema auf dem 13. Forum Solarpraxis am 22./23. November 2012 in Berlin:
Auf dem 13. Forum Solarpraxis werden ebenfalls verschiedene Photovoltaik-Wachstumsmärkte stärker beleuchtet werden. Polen - das als einer der internationalen Märkte im Aufbrauch gilt - wird einer davon sein. Vielleicht ist der Entwurf zu diesem Zeitpunkt bereits beim Parlament und damit klarer, wie die Solarförderung in Polen künftig ausgestaltet sein wird.
Auf dem Forum Solarpraxis gibt es dieses Jahr außerdem viele Vorträge und Expertenrunden unter anderem über neues Marktdesign, Perspektiven für Solarunternehmen, Systemwandel und Systemtechnik. Weitere Schwerpunkte sind die Situation des deutschen Photovoltaik-Marktes und der internationalen Märkte im Aufbruch.
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