Der Erfolg der Energiewende hängt in großem Maße von der Wärmewende ab. Während im Neubau der Wärmebedarf bereits drastisch gesenkt wird, gibt es im Altbau einen Sanierungsstau. Ein Grund dafür ist, dass vor allem für den Altbau eine zukunftsweisende Heiztechnik fehlt. Die Entwicklung eines wärmepumpenoptimierten PVT-Kollektors und erste Erfahrungen belegen, dass dieses Energieversorgungssystem im Vergleich zu herkömmlichen Heizsystemen für die Sanierung in Bestandsbauten einige Vorteile aufweist. Mehrheitlich werden heute Gasbrennwertkessel für Heizungssanierungen eingesetzt, gegebenenfalls kombiniert mit Solarwärme. Damit verbessert man zwar die Effizienz, aber die nötige drastische Reduzierung des Ausstoßes an Kohlendioxid wird für die nächsten 15 bis 20 Jahre verpasst.
Elektrisch angetriebene Kompressionswärmepumpen, insbesondere Luftwärmepumpen, sind im Gebäudebestand nur eingeschränkt einsetzbar. Denn meist ist kein Niedertemperatur-Heizsystem vorhanden. Bei hohen Heiztemperaturen benötigen diese Wärmepumpen jedoch viel Primärenergie und verursachen hohe Stromkosten. Effizientere Erdwärmepumpen werden wegen der Sonden vor allem im städtischen Gebäudebestand nur begrenzt eingesetzt. Oft sind sie wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig.
Als Voraussetzung, dass Wärmepumpen tatsächlich zu einer Entlastung des Klimas und der Energiekosten führen, sollten folgende Punkte erfüllt werden:
- Einsatz effizienter Wärmepumpen (Systemjahresarbeitszahl 4,3),
- Qualitätssicherung, durch die der effiziente reale Betrieb gewährleistet wird,
- Sicherstellen, dass die von dem System benötigte elektrische Energie aus erneuerbaren Energien bereitgestellt wird,
- Nutzen des Heizsystems für das Lastmanagement im Stromnetz als aktivierbarer oder für eine gewisse Zeit deaktivierter Verbraucher.
Eigenschaften des PVT-Kollektors
Um die Wärmepumpe mit Solarwärme und Sonnenstrom zu versorgen, wurde ein spezieller PVT-Kollektor entwickelt. Er wird mit Sole-Wasser-Wärmepumpen kombiniert. Zu diesem Zweck wurde ein Konsortium aus Stadtwerken, Bauträgern, Planungs-, Vertriebs- und Installationsunternehmen sowie Wärmpumpenherstellern gegründet.
Das neu entwickelte Photovoltaik-Thermie-Modul zur kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung weist einen hohen Wärmeübergangskoeffizienten von der Umgebungsluft zum Wärmeträgermedium auf. Es ist kostengünstig in Herstellung und Montage sowie sicher und langlebig im Betrieb.
Die Entwickler setzten sich folgende Ziele: die Vereisung bei kühlen Außentemperaturen um null Grad Celsius zu minimieren, das Solarmodul ohne Wärmeträgerfluid mit der Umgebungsluft zu kühlen, den Solarstromertrag zu erhöhen und thermische Spannungen zu minimieren. Ziel war es außerdem, die Kostendegressionen zu nutzen, indem Standardsolarmodule sowie verbreitete industrielle Fertigungsverfahren für Wärmeübertrager verwendet werden.
Im Wesentlichen besteht das Konzept des neuen PVT-Moduls darin, dass der Wärmeübertrager auf der Rückseite des Solarmoduls nicht nur die nicht in Strom umgewandelte Solarenergie nutzt, sondern für die Wärmeaufnahme von der Umgebungsluft optimiert wurde.
Laminat ohne Rahmen
Die Kollektorverrohrung wurde so gestaltet, dass die einfache hydraulische Verschaltung und Planung der Kollektorfelder möglich ist. Dies ist bei in den Modulen integrierten Sammlerrohren und Parallelverschaltung gegeben. Notwendig für eine gleichmäßige Durchströmung ist, dass der Strömungswiderstand durch ein Modul wesentlich größer ist als der Widerstand in den Sammlerrohren. Es wurde daher eine Mäanderverrohrung zwischen zwei Sammlerrohren gewählt.
Der Kollektoraufbau ohne Rahmen ermöglicht, dass die Außenluft den rückseitigen Wärmetauscher weitgehend ungehindert umströmen kann. Als Ausgangsmodul wird ein rahmenloses Photovoltaiklaminat verwendet. Aus mehreren Gründen wurde als Standardbauform außerdem die Queranordnung gewählt:
- besser geeignet für auf Schrägdächern aufgeständerte Felder,
- kürzerer Durchströmungsweg für die Luft bei Paralleldachmontage,
- kostengünstigerer Wärmetauscher, weil weniger Rohrbiegungen und Lötstellen.
Ergebnisse aus der Erprobung
Ebenfalls aus Kostengründen – sowohl hinsichtlich Produktion als auch Montage – entschieden sich die Entwickler als Standardformat für die XL-Größe von Solarmodulen, also zwei mal einen Meter. Der gesamte Kollektor inklusive Solarmodul wiegt 32 Kilogramm, was noch gut zu montieren ist.
Seit Januar 2017 laufen die PVT-Module in jeweils einer Testanlage in Lörrach und in Amsterdam. Ziel der Erprobung ist die qualitative Überprüfung der Funktion und Robustheit der Module während der Wintermonate sowie der Wärmeübertragung von Luft. Für verschärfte Testbedingungen wurde die Kollektorfläche kleiner dimensioniert, als eine übliche Auslegung ergeben hätte: acht Kollektoren (16 Quadratmeter) statt 24 bis 28 Quadratmeter für eine Wärmepumpe mit sieben Kilowatt Heizleistung. Auf diese Weise stellt sich bei reiner Wärmeübertragung von der Luft ein 1,5- bis 1,75-facher Temperaturunterschied zur Umgebungsluft ein.
Hinsichtlich der Vereisung sind Außentemperaturen von etwas über null Grad Celsius bei hoher Luftfeuchte in Verbindung mit Modultemperaturen unter null Grad Celsius kritisch. Die Abbildung zeigt die maximal beobachtete Vereisung bei Außentemperaturen von vier bis fünf Grad Celsius, einer Luftfeuchte von 89 Prozent und einer Sole-Austrittstemperatur zwischen minus 3,5 Grad Celsius und minus zwei Grad Celsius.
Auf dem Solarmodul wurde nur eine geringe, immer lichtdurchlässige Vereisung beobachtet. Dies ist ein wichtiges Ergebnis, denn derart vereiste Module tauen bei Sonneneinstrahlung leicht wieder auf.
Beherrschbare Vereisung
Am Wärmetauscher (Rückseite der Solarmodule) war die Vereisung stärker. Aber auch bei 24-stündigem Betrieb war die Vereisung nicht so ausgeprägt, dass der Wärmetransport von der Luft massiv eingeschränkt wäre. Das auf Vorder- und Rückseite gebildete Eis löste sich schnell, sobald die Kollektortemperatur über null Grad Celsius anstieg. Das Eis an der Rückseite musste nicht komplett aufschmelzen. Es genügte ein Antauen der Kontaktfläche, dann fiel das Eis ab.
Während des Erprobungszeitraums gab es mehrfach Schneefall. Es wurde beobachtet, dass Schnee auf den gekühlten PVT-Modulen länger liegen blieb als auf ungekühlten Solarmodulen mit gleicher Neigung. Aus diesen ersten Ergebnissen wurde abgeleitet, dass eine kombinierte Funktion zur Enteisung und Befreiung von Schnee in den entsprechenden Regionen sinnvoll ist und entwickelt werden sollte.
Wärmeübergang aus der Luft
Die Entwickler ermittelten den Wärmeübertragungskoeffizienten (U-Wert) zwischen Luft und Solarflüssigkeit, wobei für die Temperatur der Flüssigkeit der Mittelwert zwischen Kollektorein- und -austrittstemperatur gewählt wurde. Ausgewertet wurden Zeitpunkte ohne oder mit sehr geringer Einstrahlung.
U-Werte ermittelt
Da die Wärmepumpe nicht kontinuierlich läuft, wählten die Testingenieure für die Auswertung stationäre Zustände. Der so ermittelte U-Wert liegt bei rund 50 Watt pro Quadratmeter und Kelvin. Dies ist ein höherer Wert als in den Anforderungen und Simulationen mit 40 Watt pro Quadratmeter und Kelvin angesetzt.
An der Testanlage in Amsterdam beträgt der gemittelte U-Wert 39 Watt pro Quadratmeter und Kelvin, bei keinem oder sehr schwachem Wind. Bei größeren Windstärken wurden dagegen Werte bis 70 Watt pro Quadratmeter und Kelvin gemessen. Dort sind die Kollektoren auf einem Dach mit etwa 15 Grad Neigung aufgebracht. Bei der Testanlage Lörrach sind die Module mit 60 Grad Neigung frei aufgeständert und von hinten überall frei anströmbar. Diese Module sind allerdings nach hinten durch das Firmengebäude von Wind geschützt, sodass die hier gemessenen Werte in der Regel für Windstille gelten.
Systeme und Gesamtkosten
Zur Vorbereitung der Simulationen definierten die Entwicklungspartner zunächst Referenzfälle. Daraus konzipierten sie Systemvarianten mit den notwendigen Basiskomponenten. Für diese arbeiteten sie im nächsten Schritt die Hydraulik und die Regellogik aus. Dabei berücksichtigten sie Regelungsstrategien üblicher Wärmepumpen und Kessel sowie eines Energiemanagers zur Anpassung der Betriebsstunden der Wärmepumpe an die Solarstromproduktion. Die Logik für den Energiemanager wurde basierend auf den Ergebnissen eines Vorläuferprojektes ausgearbeitet. Auf dieser Grundlage erfolgte die Modellierung und Implementierung des Gesamtsystems und seiner Varianten in der Simulationsumgebung TRNSYS.
Die in der Studie betrachteten Wärmepumpen (Luft-Wasser- und Solewärmepumpe) wurden über ein Kennlinienmodell abgebildet, das die Heizleistung als Funktion der Wärmequellentemperatur (Vorlauftemperatur) wiedergibt. Im Fall der Erdreich-Wärmepumpe nahmen die Partner zwei Sonden à 100 Meter Tiefe an.
Studien für EFH und MFH
Im Folgenden werden Vergleiche von Performance und Gesamtkosten für verschiedene Konfigurationen vorgestellt. Zwei grundlegende Systemkonfigurationen für ein Einfamilienhaus und ein Mehrfamilienhaus wurden für die Parameterstudien herangezogen. Das Mehrfamilienhaus weist einen schlechteren Energiestandard auf, das entspricht gängiger energetischer Sanierung.
Die angegebene Tabelle enthält die Gebäudeparameter für die Simulationen. Es wurde der Einfluss der Fläche der PVT-Kollektoren, der Lastverschiebung, des Luft-Sole-Wärmeübergangskoeffizienten, des optischen Wirkungsgrads, der Abschalttemperatur der Wärmepumpe, des Standortes, des Pufferspeichervolumens sowie der Orientierung und Neigung der Kollektoren simuliert.
Vergleich mit anderen Heizsystemen
Für den Vergleich von Systemvarianten wurden verschiedene Konfigurationen in TRNSYS modelliert und zunächst die Jahresarbeitszahl des Gesamtsystems herangezogen. Für das Einfamilienhaus weist die Erdreich-Wärmepumpe mit Solarmodulen die höchste Jahresarbeitszahl für das Gesamtsystem auf.
Denn die Wärmepumpe erreicht aufgrund der gleichmäßig hohen Temperatur der Wärmequelle im Erdreich die höchste Jahresarbeitszahl. Die Solarmodule decken einen Teil des elektrischen Energiebedarfs zum Heizen ab.
Drei Varianten im EFH
Direkt danach folgt die Sole-Wasser-Wärmepumpe mit PVT-Kollektoren, die ebenfalls von einer höheren Quellentemperatur im Vergleich zur Luft-Wasser-Wärmepumpe profitiert.
Um die Emissionen zu vergleichen, wurden drei Systemvarianten für ein Einfamilienhaus miteinander verglichen, die eine gleiche Jahresarbeitszahl aufweisen. Damit wurde untersucht, ob das neue System sich aus ökonomischer Sicht gegenüber konkurrierenden Wärmepumpensystemen mit zusätzlichem Solargenerator behaupten kann.
Betrachtet wurden die folgenden Varianten: Luft-Wasser-Wärmepumpe mit elektrischer Direktheizung und 6,8 Kilowatt Photovoltaik, Erdreich-Wärmepumpe mit elektrischer Direktheizung und 3,06 Kilowatt Solargenerator sowie Sole-Wasser-Wärmepumpe mit Elektro-Direktheizung und 4,76 Kilowatt PVT-Kollektoren.
Untersucht haben die Partner auch den Eigenstromverbrauch der verschiedenen Varianten. Anschließend ermittelten sie die Kohlendioxidemissionen und konnten zeigen, dass diese für die drei Varianten eng beieinanderliegen.
Wirtschaftlichkeit ermittelt
Außerdem wurde die Wirtschaftlichkeit auf Basis der Annuitätenmethode nach VDI 2067 verglichen. Die Grundannahmen hierfür sind in den folgenden Tabellen aufgeführt.
Entsprechend ergeben sich dann die Vollkosten der drei Systemvarianten. Auch für eine Luftwärmepumpe ohne Photovoltaikanlage wurden die Vollkosten ermittelt. Diese betragen 3.332 Euro (ohne MwSt.) und sind damit höher als die Werte für alle mit Photovoltaik beziehungsweise PVT gerechneten Systeme.
Wird der neu entwickelte PVT-Kollektor in Serie gefertigt, nähern sich die Vollkosten denen des Systems mit Luft-Wasser-Wärmepumpe und Photovoltaikanlage an. Ein entscheidender Vorteil des dargestellten Systems gegenüber der Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Photovoltaik ist der geringere Flächenbedarf für die PVT-Kollektoren (bei gleicher Jahresarbeitszahl des Gesamtsystems).
Geringer Flächenbedarf
Insbesondere bei Mehrfamilienhäusern ist die verfügbare Dachfläche im Verhältnis zur beheizten Wohnfläche begrenzt. Bei frei verfügbaren Flächen wird die Systemperformance mit weiteren PVT-Kollektoren verbessert.
Die Fläche erhöht sowohl die Arbeitszahl der Wärmepumpe als auch die Solarstromproduktion, was bei einer Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Photovoltaik nicht der Fall ist.
Zudem entstehen keine Geräusche wie bei herkömmlichen Luft-Wasser-Wärmepumpen. Geologische Gutachten und Tiefenbohrungen wie bei Erdreich-Wärmepumpen sind nicht erforderlich. Das hier aufgezeigte System stellt somit eine attraktive Alternative dar. Es erhielt den Produktnamen Solink.
SMK Ingenieure
Wärme und Strom aus komplettem Dachelement
SMK Ingenieure aus Chemnitz haben mit ihren Partnern von der TU Chemnitz, Backer Bau und Ilkazell ein gebäudeintegriertes Dach- und Fassadensolarelement (Dafasol) für den Industrie- und Gewerbehallenbau entwickelt. Das Sandwichelement ist eine Kombination aus Photovoltaikmodul, solarthermischem Kollektor, Dämmung und Gebäudeabschluss. Das Bauteil kommt komplett vorgefertigt auf die Baustelle, was den Installationsaufwand minimiert. Aufgrund der Dämmung leistet es zudem einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der EnEV-Vorgaben.
Die Kombination aus Photovoltaik und Solarthermie erhöht den Wirkungsgrad der Solarzellen im Vergleich zum normalen Indachmodul. Denn der solarthermische Absorber unter den Zellen führt die Wärme ab. Außerdem kann zusätzlich die aus der Abwärme gewonnene thermische Energie genutzt werden, was den gesamten Energieertrag weiter erhöht. Daneben ermöglicht das Wärmeübertragersystem eine Abtau- beziehungsweise Freihaltefunktion. Dadurch werden im Winter kritische Schneelasten vermieden. Da das Element relativ schnell abtaut, kann der Anlagenbetreiber im Winter mehr Solarenergie – sowohl in Form von Wärme als auch von Strom – gewinnen als mit einem herkömmlichen Modul.
In einer Probeinstallation haben die Chemnitzer Ingenieure die Vorteile des Elements gegenüber einer ungekühlten Photovoltaikanlage gemessen. Das Ergebnis: Durch die Kühlung der Solarzellen steigt an einem warmen Sommertag die elektrische Spitzenleistung des Dafasols um fast 19 Prozent. Der Tagesertrag erhöht sich um etwa 16 Prozent im Vergleich zum ungekühlten Modul, das ins Dach mit einer Neigung von 30 Grad integriert ist.
Die Steigerungen von Leistung und Ertrag sind von mehreren Faktoren abhängig. Zum einen funktioniert die Kühlung im Sommer effizienter als im Winter. Das hängt wiederum davon ab, wie schnell der Wärmeträger durch den Absorber des solarthermischen Teils fließt. In den kalten Monaten hingegen ist es möglich, das Dafasol abzutauen, sodass der Schnee schneller abrutscht und das Modul überhaupt Strom produziert.
Der Autor
Dr.-Ing. Ulrich Leibfried (Foto) und Andreas Siegemund
sind Geschäftsführer der Consolar Solare Energiesysteme GmbH aus Frankfurt am Main. Für den neuen PVT-Kollektor Solink erhielt Consolar 2017 den Umwelttechnikpreis des Landes Baden-Württemberg. Seine Entwicklung wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) finanziell unterstützt. Im April begann die Serienfertigung der Solink-PVT-Module.