Nach der Bundestagswahl diente das dem Energiekonzern RWE nahestehende Essener RWI wieder als Kronzeuge für das angebliche Milliardengrab der Subventionierung des Solarstroms sowie die mangelnde Effizienz des EEG (siehe photovoltaik 06/2008). Das Futter hierfür lieferte der jüngste RWI-Bericht vom September: „Die ökonomischen Wirkungen der Förderung erneuerbarer Energien: Erfahrungen aus Deutschland“. Wie ernst ist dessen Argumentation zu nehmen? Im Folgenden die wichtigsten Aspekte:
RWI-Behauptung: Die Subventionierung der Photovoltaik über das EEG hinterlässt unseren Kindern zu hohe Schulden. Die 20-jährige Vergütungsgarantie summiert sich allein bis 2013 auf Nettokosten von 77 Milliarden Euro.
Im Gegensatz zu anderen „Subventionsregimes“, beispielsweise aus dem Agrarsektor, belaste das EEG die Stromverbraucher über 20 Jahre. Allein die Nettokosten für alle zwischen 2000 und 2008 installierten PV-Module beliefen sich auf rund 35 Milliarden Euro. Bei einem unverändert hohen Zubau summierten sich diese Lasten bis zum Jahr 2013 auf rund 77 Milliarden Euro. Die Nettokosten (Mehrkosten) ergeben sich aus der Differenz zwischen den Einspeisevergütungen sowie den Marktpreisen an der Strombörse, unter Berücksichtigung einer Inflationsrate von zwei Prozent. Für das Jahr 2010 wird ein Anstieg des Börsenpreises für Grundlaststrom von derzeit 4,7 Cent pro Kilowattstunde auf 4,91 Cent im Jahr 2010 und auf 6,34 Cent im Jahr 2020 angenommen.
Gegenargumente: Die befristete Förderung der Photovoltaik kostet zwar Milliarden, doch diese zahlen sich vielfach für die Gesellschaft aus. Zudem sind die PV-Ausbaukosten geringer als behauptet und günstiger als die Subventionierung der Atomkraft und der Steinkohle.
Die Förderung der Photovoltaik über das EEG kostet Milliarden. Dies ist jedoch eine zeitlich befristete degressive Anschubfinanzierung, die vor allem mittel- und langfristig volkswirtschaftliche Vorteile bringt. Zudem kalkuliert das RWI mit einer zu niedrigen Preissteigerung für fossile Energien. Im nächsten Jahrzehnt ist laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) damit zu rechnen, dass sich die Rohölpreisevon derzeit knapp 80 US-Dollar auf 200 US-Dollar pro Barrel mehr als verdoppeln. Entsprechend schneller wird Solarstrom konkurrenzfähig sein. Zudem rechnet das RWI durchweg mit den höchsten Vergütungssätzen für Dachanlagen. Das DIW veranschlagt die Kosten der Solarstromförderung über das EEG mit rund 55 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 deutlich niedriger als das RWI. Auch das sogenannte Leitszenario des BMU von 2008 kommt zu dem Fazit, dass die Differenzkosten (Mehrkosten) für den Ausbau der regenerativen Energien in Deutschland bis 2013 weiter ansteigen und danach deutlich sinken werden. Das DIW weist darauf hin, dass die Mehrkosten der Photovoltaikförderung in 2008 mit rundzwei Milliarden Euro pro Jahr unter den jährlichen Beihilfen für die Steinkohle von 2,2 Milliarden Euro liegen, die sich in den kommenden Jahren auf weitere 20 Milliarden Euro belaufen werden. Mit 260 Milliarden Euro wurde und wird laut einer Greenpeace Studie die Atomkraft hierzulande gefördert.
RWI-Behauptung: Die Subventionierung der Photovoltaik und der erneuerbaren Energien über das EEG treibt den Strompreis in die Höhe. Dies schmälert die Kaufkraft und hemmt Investitionen.
Die EEG-Umlage habe im vergangenen Jahr einen Aufpreis von circa 1,5 Cent je Kilowattstunde beim Haushaltsstrom verursacht (7,5 Prozent). Dieser Preisaufschlagergebe sich aus der Division der insgesamt im Jahr 2009 gezahlten Einspeisevergütungen von rund neun Milliarden Euro und der Höhe des Bruttostromverbrauchs von rund 617 Milliarden Kilowattstunden. Entsprechend sinke die Kaufkraft der Verbraucher. Mit Ausnahme der davon weitgehend verschont gebliebenen energieintensiven Unternehmen sänken auch die Investitionen der industriellen Stromverbraucher. Zudem verringerten sich aufgrund der Verdrängungswirkung des grünen Stroms die Gewinne der vier großen Stromerzeuger in Deutschland um bis zu 20 Prozent.
Gegenargumente: Die EEG-Umlage hat nur einen kleinen Anteil am Haushaltsstrompreis. Unabhängig davon erhöhten die Versorger die Preise in den vergangenen Jahren kontinuierlich. Vor allem die stromintensive Industrie profitierte von der strompreisdämpfenden Wirkung des sogenannten Merit-Order-Effekts der erneuerbaren Energien.
Der Anteil der EEG-Umlage am Haushaltsstrompreis lag im Jahr 2008 laut BMU-Angaben bei 1,1 Cent pro Kilowattstunde (circa fünf Prozent). Rund 0,5 Cent pro Kilowattstunde gingen auf das Konto der Solarstromförderung. Im Jahr 2014 werden diese Mehrkosten der PV-Förderung laut Einschätzung des BSW-Solar mit rund 0,9 Cent pro Kilowattstunde ihr Maximum erreichen (2,5 Prozent des Haushaltsstromtarifs). Zudem stieg der Strompreis in den vergangenen Jahren deutlich stärker als die EEG-Umlage: So erhöhte sich der durchschnittliche Haushaltstarif pro Kilowattstunde laut BMU allein zwischen 2006 und 2008 von 19,4 Cent auf 21,6 Cent; die EEG-Umlage kletterte nur von 0,8 auf 1,1 Cent. Zusätzlich führte der wachsende Anteil erneuerbarer Energien an der Strombörse zu einer Senkung der Kosten für die Strombeschaffung über den Spotmarkt, weil die am teuersten produzierenden Kraftwerke seltener hochgefahren werden müssen. Dieser sogenannte Merit-Order-Effekt belief sich laut BMU allein im Jahr 2006 auf etwa drei bis fünf Milliarden Euro. Vor allem die stromintensive Industrie, deren Anteil an der EEG-Umlage auf symbolische 0,05 Cent pro Kilowattstunde begrenzt ist, profitiert laut Deutscher Umwelthilfe von diesem Effekt sowie vom EEG.
RWI-Behauptung: Das EEG und insbesondere die Solarstromvergütung haben keine positive ökonomische Wirkung, schaffen keine Jobs in Deutschland und tragen nicht zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen PV-Branche bei.
Die Nettobeschäftigungseffekte des Solarbooms seien negativ. Denn es würden Arbeitsplätze bei den großen Stromversorgern sowie im konventionellen Kraftwerksbau verdrängt. Auch den privaten Haushalten werde Kaufkraft entzogen. Trotz der Milliardensubventionen sei die deutsche Photovoltaikindustrie bisher international nicht wettbewerbsfähig, und um den Außenhandel sei es nicht gut bestellt. Knapp die Hälfte der deutschen Nachfrage nach Solarzellen sei 2006 und 2007 durch Importe gedeckt worden. Profitieren würden vor allem die Japaner und Chinesen, weil sie ihre Zellen und Module in Deutschland zu hohen Preisen absetzen könnten und nicht durch die vom EEG ausgelösten negativen Verdrängungs- und Einkommenseffekte betroffen seien. Ein Photovoltaik-Arbeitsplatz sei im vergangenenJahr mit 175.000 Euro subventioniert worden, wenn man die für 20 Jahre aufsummierten Nettoförderkosten von rund 8,4 Milliarden Euro in 2008 in Betracht ziehe.
Gegenargumente: Allein in der PV-Branche sind über 50.000 Arbeitsplätze geschaffen worden. Hierdurch werden jährlich Steuereinnahmen erzielt, die über der jährlichen EEG-Umlage liegen. Die Wettbewerbsfähigkeit und die Exportquote der deutschen PV-Industrie stiegen in den vergangenen Jahren.
Innerhalb kurzer Zeit ist die deutsche PV-Branche auf mittlerweile 50.000 Beschäftigte gewachsen. Hierdurch wurden nach Angaben des BSW-Solar allein 2008 Steuereinnahmen in Höhe von knapp drei Milliarden Euro generiert. Diese liegen über der EEG-Umlage in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro. Entsprechend wurde ein Arbeitsplatz in der PV-Branche im Jahr 2008 mit 35.600 Euro gefördert. Dagegen kostet die Subventionierung der Steinkohleförderung den deutschen Steuerzahler jährlich 80.000 Euro je Arbeitsplatz. Die Exportquote der deutschen Solarindustrie stieg in den vergangenen Jahren deutlich: Von 19 Prozent (2005) auf rund 50 Prozent im Jahr 2008. Die Exportquote der deutschen PV-Zulieferer lag im vergangenen Jahr bereits bei über 70 Prozent. In deutschen Solarfabriken wurden 2008 mehr Solarzellen produziert als importiert. Der Weltmarktanteil deutscher PV-Unternehmen lag 2008 bei rund 20 Prozent. Auch wichtige Importländer wie Japan und China fördern ihren Heimatmarkt und die PV-Branche, sei es über Einspeisetarife oder über milliardenschwere günstige Finanzierungsangebote.
RWI-Behauptung: Das EEG und die PV-Förderung bringen im Gegensatz zum europäischen Emissionshandel nichts für den Klimaschutz.
Da der Emissionshandel bereits eine bindende Grenze für die CO2-Emissionen in Europa setze, könnten über das EEG keinerlei weitere CO2-Minderungen erzielt werden. Denn die Erzeugung von regenerativem Strom sorge zwar für geringere Emissionen im deutschen Stromsektor, weshalb die Zertifikatspreise niedriger ausfielen. Doch würden andere Vermeidungsmaßnahmen, vor allem bei der Effizienzsteigerung, nicht ergriffen, weil es für die Industrie und die Energieversorger nun günstiger sei, stattdessen CO2-Zertifikate zu kaufen. Zudem führe die deutsche milliardenschwere Förderpolitik zu Wettbewerbsnachteilen innerhalb der EU. Unternehmen in anderen europäischen Ländern könnten nun ebenfalls günstiger CO2-Zertifikate kaufen.
Gegenargumente: Die EU verfolgt eine integrierte Klimaschutz- und Energiepolitik. Die Emissionseinsparungen durch erneuerbare Energien sind dabei bereits fest verbucht.
Die EU hat 2007 eine integrierte Klimaschutz- und Energiepolitik beschlossen. Diese besteht aus mehreren Bausteinen, dem Emissionshandel ebenso wie aus nationalen Fördermaßnahmen für erneuerbare Energien. Entsprechend sollen Letztere bis 2020 einen Anteil von 20 Prozent am gesamten Endenergieverbrauch erreichen, um die Treibhausgasemissionen in Europa um 20 bis 30 Prozent bis 2020 zu veringern (gegenüber 1990). Dies ist bereits bei der jüngsten Festlegung der Emissionsobergrenzen fest verbucht. Ohne den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in den Mitgliedsstaaten können die Klimaschutzziele in der Europäischen Union gar nicht verwirklicht werden, stellt das DIW fest