Ein Vorschlag der Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sieht Rabatte für die stromintensiven Unternehmen beim Eigenverbrauch vor. Branchenverbände und Verbraucherschützer laufen Sturm gegen diese abermalige Verlagerung der Kosten der Energiewende auf die mittelständischen Unternehmen und die privaten Verbraucher. Die Belastung des selbst erzeugten Strom mit einer EEG-Umlage aus Bestandsanlagen scheint ebenfalls vom Tisch zu sein.
Die Belastung des Eigenverbrauchs bleibt das bestimmende Thema bei der Debatte um die Novelle des EEG. Nachdem das Bundeswirtschaftsministerium als verantwortliche Behörde inzwischen die entsprechenden Regelungen im Gesetzentwurf nachgeliefert hat, kam es zum großen Aufschrei in der Industrie. Das hat die Ministerpräsidenten der Industrieländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen dazu bewogen, bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorzusprechen.
Das Ergebnis der Gespräche ist eine Übereinkunft, die den drei Ländern Rechnung trägt. Denn der Entwurf des Bundesministeriums sah eigentlich erhebliche Belastungen des Verbrauchs des von Unternehmen selbst erzeugten Stroms vor. Das Neue war: Auch Betreiber von Bestandsanlagen, die ihren Generator im Jahr 2013 installiert haben, sollten für den selbst erzeugten und im Unternehmen verbrauchten Strom eine EEG-Umlage bezahlen. Damit waren die Bundesländer nicht einverstanden. „Gute Industriepolitik setzt Verlässlichkeit voraus“, kritisiert Nils Schmid (SPD), Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, das Vorhaben Gabriels. „Darum habe ich mich in Berlin dafür eingesetzt, dass bereits getätigte Investitionen unserer Unternehmen in die Energiewende Vertrauensschutz genießen müssen. Ziel der EEG-Novelle muss sein, industrielle Arbeitsplätze nicht zu gefährden und gleichzeitig die Energiewende gemeinsam mit der Wirtschaft zu schaffen.“
Bestandsschutz auch bei Modernisierung
Dem Vernehmen nach scheint Gabriel jetzt auf die Kritik der Bundesländer einzugehen und die Bestandsanlagen von der Belastung mit einer EEG-Umlage ausnehmen zu wollen. Auch wenn diese Bestandsanlagen modernisiert werden, soll der Bestandsschutz weiterhin gelten. So jedenfalls sieht es der Vorschlag der Bundesländer vor, den Gabriel als eine „kluge Weiterentwicklung der bisherigen Planung sieht“, wie er auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), sowie von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft (SPD) und dem baden-württembergischen Wirtschaftsminister Schmid erklärte. Außerdem sollen die stromintensiven Unternehmen, die unter die sogenannte „besondere Ausgleichsregelung“ fallen, also ohnehin schon von Rabatten auf die EEG-Umlage und die Netzgebühren profitieren, auch beim Eigenverbrauch von den Stromkunden subventioniert werden. Denn der Strom aus neuen Anlagen, die solche Unternehmen errichten, soll nur mit einer EEG-Umlage von 20 Prozent belastet werden. Das wären derzeit 1,25 Cent pro Kilowattstunde. „Unsere traditionell exportorientierte Südwest-Wirtschaft ist auf eine sichere und umweltgerechte Energieversorgung zu international wettbewerbsfähigen Preisen angewiesen“, behauptet Schmid. „Mit Hilfe der Eigenstromerzeugung ist es vielen, gerade mittelständischen Unternehmen gelungen, die Energiekosten zu senken und einen Beitrag zur Versorgungssicherheit im Südwesten zu leisten.“ Allerdings verschweigt der Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg dabei, dass es hier nicht um die Entlastung der mittelständischen Wirtschaft geht, sondern wieder um die Entlastung der Großindustrie. Außerdem würden unter diese Regelung nicht nur Anlagen zur Erzeugung regenerativen Stroms falls. Auch fossile Kraftwerke der Unternehmen würden vom Rabatt auf die EEG-Umlage profitieren.
„Verursacherprinzip steht auf dem Kopf“
An dieser Stelle setzt auch die Kritik der Branchen der erneuerbaren Energien und der Verbraucherschützer an. „Das schreit zum Himmel! Das Verursacherprinzip steht Kopf. Die größten Verursacher des Treibhauseffekts sollen weitgehend von den Kosten der Energiewende befreit bleiben, während die Mehrzahl künftiger Solarstromanlagenbetreiber drei bis fünfmal so stark zur Kasse gebeten werden sollen“, kritisiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW Solar), eine solche abermalige Verlagerung der Kosten der Energiewende auf die mittelständischen Unternehmen und die privaten Verbraucher. „Die künftigen Anlagenbetreiber werden dann von ihren Klimaschutzvorhaben größtenteils Abstand nehmen“, warnt Körnig. „Zweck des Erneuerbare-Energien-Gesetzes war es immer, die Markteinführung erneuerbarer Energien zu befördern, nicht aber diese mit Kosten zu belasten und den Wettbewerb mit fossilen Energieträgern dadurch zu erschweren.“ Genau dies sei aber der Fall, wenn große Kohlendioxidemittenten besser gestellt werden als Betreiber von Anlagen zur erzeugung regenerativen Stroms. „Es kann nicht sein, dass das Handwerk oder die Mieter bis zu fünf Cent mehr je Kilowattstunde für die Energiewende zahlen müssen, wenn sie ihren Strombedarf mittels einer Solaranlage selbst decken wollen, als ein Stahlproduzent oder der Braunkohletagebau für fossil erzeugten Betriebsstrom. Verbraucher- und Klimaschutz werden mit Füßen getreten und klar den Interessen großer Konzerne untergeordnet. So kann die Energiewende nicht gelingen. Mit dieser Ungerechtigkeit wird die Akzeptanz der Energiewende aufs Spiel gesetzt“, bilanziert Körnig. (Sven Ullrich)