Das oberste Verwaltungsgericht in Rom hat entschieden, dass die GSE nicht automatisch Vergütungen streichen darf, wenn die Beamten auf Unregelmäßigkeiten stoßen. Außerdem verhandelt das Verfassungsgericht im Dezember die rückwirkende Kürzung der Einspeisetarife, die seit 2015 gilt.
Staatliches Handeln zur Behinderung der Ökostromproduktion ist in Europa derzeit Gang und Gäbe. Doch während in Deutschland Sigmar Gabriel ungestraft seine EEG-Reform argumentativ zurechtbiegen darf, sind in Italien die Gerichte mit den Eingriffen Roms beschäftigt. So hat die für die Ökostromvergütung zuständige italienische Behörde Gestore dei Servici Energetici (GSE) jüngst vom obersten Verwaltungsgericht einen entscheidenden Dämpfer bekommen, bei der Kürzung von Tarifen nicht zu grobschlächtig vorzugehen. Das berichtet das auf den italienischen Photovoltaikmarkt spezialisierte Münchener Beratungsunternehmen New Energy Projects.
Hintergrund ist ein Fall eines Anlagenbetreibers, der bei der GSE angegeben hat, europäische Module verbaut zu haben. Dafür sahen die Regelungen des Conto Energia einen zehnprozentigen Aufschlag auf die reguläre Einspeisevergütung vor. Die Beamten der GSE sind aber derzeit im ganzen Land unterwegs, um massenhaft Anlagen und die dazugehörigen Dokumente zu überprüfen. Damit wolle man Betrügereien auf die Spur kommen. So kann der Anlagenbetreiber die Einspeisevergütung verlieren, wenn die Angaben auf den Papieren nicht mit der Realität übereinstimmen. Sind die Papiere unvollständig, riskiert er ebenfalls die Kürzung oder den Verlust der Vergütung.
Vergütung zu unrecht komplett gestrichen
Auf diese Regelung, die seit Mitte des vergangenen Jahres gilt, haben sich die Beamten der GSE im vorliegenden Fall bezogen. Da der Anlagenbetreiber tatsächlich keine europäischen Module verbaut hatte, hat die GSE die komplette Vergütung gestrichen und die bisher bezahlten Beträge zurückgefordert. Der Betreiber wehrte sich vor Gericht. In der ersten Instanz bekam die GSE Recht. Doch in der Berufungsverhandlung haben die Richter des Consiglio di Stato, des obersten Verwaltungsgerichts, in Rom entschieden, dass der Anlagenbetreiber zwar die zu unrecht bezahlten 10 Prozent Aufschlag für die Nutzung europäischer Module zurückerstatten muss. Aber die restliche Einspeisevergütung behalten darf und auch weiterhin den normalen Tarif, wie er im Conto Energia festgelegt ist, bezahlt bekommt.
Damoklesschwert entschärft
Damit haben die Richter die GSE entscheidend gebremst und das Damoklesschwert, das derzeit über den Anlagenbetreibern in Italien schwebt, drastisch entschärft. Die GSE dürfe nicht automatisch die komplette Vergütung streichen, wenn die Beamten auf Fälle stoßen, wie derjenige, der jetzt vor dem obersten Verwaltungsgericht entschieden wurde. Vielmehr müssen sie die Relevanz der unwahren Angaben berücksichtigen, erklärt Andreas Lutz, Geschäftsführer von New Energy Projects. „Es spielt also zum Beispiel eine große Rolle, ob der Anlagenbetreiber vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat oder nicht“, betont er mit Blick auf das jetzige Urteil.
Verfassungsgericht berät über Tarifkürzungen
Es ist aber noch längst nicht vorbei mit der höchstrichterlichen Überprüfung staatlichen Handelns in Italien. Denn immer noch liegt die Kürzung der Einspeisevergütung zum Januar 2015 auf dem Tisch der Richter des italienischen Verfassungsgerichts. Die Regelung sieht vor, dass die Betreiber von Solaranlagen mit einer Leistung von mehr als 200 Kilowatt eine niedrigere Einspeisevergütung bekommen. Im Gegenzug wird die Zahlung der Vergütung im Rahmen des Conto Energia auf 24 Jahre statt bisher 20 Jahre verlängert. Damit hat der Anlagenbetreiber am Ende der Förderung wieder genau so viel Geld in der Kasse liegen wie vorher. Nur dass sich die Zahlungen insgesamt um vier Jahre verzögern, was vor allem bei Anlagen zum Problem werden kann, die auf gepachteten Grundstücken oder Dächern errichtet wurden. Rom hatte damals Druck auf die Anlagenbetreiber gemacht, dieser Regelung zuzustimmen, indem die Alternative darin bestand, dass die Einspeisevergütung gekürzt wird, ohne dass sich die Laufzeit des Einspeisetarifs verlängert.
Gegen diese Regelungen haben Anlagenbetreiber geklagt und sind jetzt beim Verfassungsgericht angekommen. Die obersten Richter in Rom haben die Verhandlung jetzt auf den 6. Dezember 2016 angesetzt, wie New Energy Projects berichtet. (Sven Ullrich)