Die britische Regierung hat entschieden, dass Betreiber von Solaranlagen, deren Generator noch im Bau ist, ihn nicht mehr vor Fertigstellung zur Einspeisevergütung anmelden können. Zudem hält sie an der drastischen Absenkung der Einspeisevergütung auch für kleine Solaranlagen fest.
Die britische Regierung stellt der Photovoltaik weitere Hürden in den Weg. Nachdem sie bereits vor zwei Wochen die geplante Kürzung der Einspeisetarife um bis zu 87 Prozent zum 1. Januar 2016 verkündet hat, schafft sie jetzt auch noch die Regelung ab, dass Betreiber von Anlagen, die noch im Bau sind, ihre Generatoren vor der Fertigstellung für die Einspeisetarife anmelden können. Das vermeldet die britische Branchenvereinigung Solar Trade Association (STA).
Zwei Rückschläge in zwei Wochen
Damit steigt vor allem für Projektierer und Betreiber großer Projekte wie Solarparks, gemeinschaftliche oder gewerbliche Dachanlagen, deren Entwicklung längere Zeit in Anspruch nehmen, das Risiko steigt. Denn jetzt können sie nicht mehr mit einer Einspeisevergütung und damit einer Refinanzierung der Anlage planen, sondern müssen damit rechnen, dass die Tarife innerhalb der Zeit, in der die Anlage geplant und gebaut wird, weiter kräftig sinken. So wird jede Wirtschaftlichkeitsberechung von Investoren ins Leere laufen.
Dies ist schon der zweite Rückschlag für die Photovoltaik im Vereinigten Königreich, nachdem der Zubau in den vergangenen anderthalb Jahren kräftig zugelegt hat. Zwar hatte die Regierung ein Konsultataionsverfahren bezüglich der Tarifsenkungen angekündigt. Doch ist sie angesichts des heftigen Widerstands aus der Branche und aus den Kommunen zurückgerudert und wird die Einsprüche nicht berücksichtigen.
Bevölkerung unterstützt Photovoltaik
Damit stellt sie sich auch gegen die Mehrheit der Bevölkerung. Denn laut Umfragen unterstützen 80 Prozent der Briten den Ausbau der Solarenergie. Damit erfreut sie sich einer größeren Beliebtheit als alle anderen Stromerzeugungstechnologien, betont Leonie Green von der STA. „Nur 16 von 2.372 Befragten waren dafür, die Vorabregistrierung abzuschaffen und die einschneidenden Förderkürzungen laufen der öffentlichen Meinung zuwider“, fasst sie die Stimmung in der britischen Bevölkerung zusammen. „Dennoch schlägt die Regierung genau diesen Weg ein. Sie hat den heftigen Widerstand aus der Branche der erneuerbaren Energien und anderer Unternehmen sowie der Kommunen einfach ignoriert.“ Vor zwei Wochen hat eine Allianz von mehr als 100 Organisationen und Unternehmen einen Brief an den konservativen Premierminister David Cameron geschrieben und ihre Bedenken über die drastischen Förderkürzungen für kleine Solaranlagen zum Ausdruck gebracht. Dies waren aber nicht nur direkt betroffen Unternehmen der Solarbranche. Vielmehr unterschreiben auch die Nationale Lehrervereinigung, die Diozöse in London, die Vereinigung der Elektrowirtschaft und der Möbelgigant Ikea den Einspruch gegen die Förderkürzungen.
London verfolgt alte Energiepolitik
Leonie Green vermutet, dass hinter dem Aktionismus der Regierung in London die Angst steckt, die Kontrolle über den Stromhandel zu verlieren. „Denn Erneuerbare und vor allem die Solarenergie geben die Macht über die Stromversorgung den Menschen – dies geht in die entgegengesetzte Richtung, die die Regierung mit ihrer Energiepolitik eingeschlagen hat“, erklärt Green. Denn gerade die kleinen Anlagen werden weniger für die Einspeisung gebaut. Vielmehr entscheiden sich Hauseigentümer und Gewerbetreibende für den Eigenverbrauch des Solarstroms. Allerdings werden die Überschüsse trotzdem noch ins Netz eingespeist, so dass die Einspeisevergütung für solche Projekte weiterhin ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit bleibt.
London hingegen muss sich um die Wirtschaftlichkeit der alten Kohlemeiler und der neuen Kernkraftwerke Sorgen machen, wenn deren Strom im Lande gar nicht mehr gebraucht wird. Zudem senkt die Solarenergie die Preise an der Strombörse, womit die Wirtschaftlichkeit vor allem von neuen Kernkraftwerken wie Hinkley Point in Frage gestellt wird. Damit müsste London noch mehr Geld aus den Steuereinnahmen an die Kraftwerksbetreiber auszahlen, um die abgegebenen Garantien für die Einspeisevergütung auch erfüllen zu können. (Sven Ullrich)