Die britische Regierung schlägt zum kommenden Jahr eine drastische Kürzung der Einspeisevergütung von Solarstrom vor. Damit sinken die Tarife unter die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. In der Branche, aber auch in den Kommunen regt sich Widerstand.
Die britische Regierung hat die Vorschläge für ein künftiges Vergütungssystem von Strom aus Photvoltaik-, Wind- und Wasserkraftanalgen veröffentlicht. Sollte London diese Vorschläge in die Tat umsetzen, würden die Einspeisevergütungen für Solarstrom im kommenden Jahr auf ein nicht mehr wirtschaftliches Minimum für die Anlagenbetreiber gekürzt. Dies wäre schon der zweite drastische Einschnitt in den britischen Solarmarkt, nachdem bereits die Förderung von großen Solarparks gekürzt wurde.
Private und gewerbliche Dachanlagen mit guten Tarifen
In diesem Jahr erreichen die Einspeisevergütungen noch eine Höhe, die für die Betreiber wirtschaftlich ist. So bekommen Betreiber von Anlagen mit einer Leistung von bis zu vier Kilowatt, die ihren Generator zwischen dem 1. Oktober und 31. Dezember dieses Jahres in Betrieb nehmen, immerhin noch 12,47 Pence (17,06 Eurocent) pro Kilowattstunde. Für Anlagen mit einer Leistung zwischen vier und 50 Kilowatt zahlt London 11,3 Pence (15,64 Eurocent) pro Kilowattstunde. Hat der Generator eine Leistung zwischen 50 und 150 Kilowatt, beträgt die Einspeisevergütung in den letzten drei Monaten dieses Jahres 9,63 Pence (13,18 Eurocent) pro Kilowattstunde. Bei einer Anlagenleistung zwischen 150 und 250 Kilowatt, zahlt London immerhin noch 9,21 Pence (12,6 Eurocent) pro Kilowattstunde. Heftige Einschnitte müssen Betreiber von Solarparks hinnehmen, die ihre Anlage erst nach dem 1. Oktober anmelden. Denn diese bekommen nur noch 4,28 Pence (5,85 Eurocent) pro Kilowattstunde. Damit liegt die Vergütung von Solarparks längst unter der Grenze zur Wirtschaftlichkeit, womit London dieses Segment ausgebremst hätte. Auch die großen Dachanlagen mit einer Leistung zwischen 250 Kilowatt und fünf Megawatt kommen mit 5,94 Pence (8,13 Eurocent) pro Kilowattstunde nur schlecht weg.
Kleinanlagen bekommen kaum noch Förderung
Doch geht es nach dem Willen der Regierung in London, sinken diese Tarife zum kommenden Jahr auf ein Drittel bis fast ein Zehntel der jetzigen Höhe. So bekommen Betreiber von Anlagen mit einer Leistung von bis zu zehn Kilowatt, die ihren Generator erst im kommenden Jahr in Betrieb nehmen, nur noch 1,63 Pence (2,23 Eurocent) pro Kilowattstunde. Eine Leistungsklasse bis vier Kilowatt wird es nicht mehr geben. Damit will die Regierung gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Auf der einen Seite will sie damit den Eigenverbrauch von Solarstrom forcieren. Auf der anderen Seite begründet London den Wegfall des Segments der Kleinanlagen damit, dass die Installationskosten von Anlagen mit einer Leistung von vier Kilowatt ähnlich hoch sind wie die von Anlagen mit einer Leistung von zehn Kilowatt. Deshalb gehören beide Anlagengrößen bei der Vergütung in eine Klasse. Doch auch die Einspeisevergütung von Strom aus größeren Anlagen geht drastisch zurück, liegt aber höher als die der Kleinanlagen. Trotzdem soll die Einspeisevergütung für Anlagen mit einer Leistung zwischen zehn und 50 Kilowatt auf 3,69 Pence (5,42 Eurocent) pro Kilowattstunde sinken. Auch die noch größeren Anlagen bekommen ihren Strom nur noch zwischen 2,64 und 2,28 Pence (3,61 bis 3,12 Eurocent) pro Kilowattstunde vergütet. Die Förderung von Dachanlagen endet zudem nicht mehr bei fünf sondern in Zukunft bei einem Megawatt. Auch die Förderung von Solarparks soll auf 1,03 Pence (1,41 Eurocent) pro Kilowattstunde gekürzt werden.
Widerstand aus der Branche
Der britischen Solarhandelsverband (Solar Trade Association – STA) hat schon heftigen Widerstand gegen das Ansinnen der Regierung im jetzt beginnenden Konsultationsverfahren angekündigt. STA kritisiert, dass die Solarindustrie auf der Insel mächtig Schaden nimmt, sollte die Regierung diese Vorschläge in die Tat umsetzen. „Wir beraten nun rasch mit unseren Mitgliedsunternehmen, wir wir darauf reagieren werden“, sagt Mike Landy vom STA. Der Verband hatte schon Anfang Juni dieses Jahres mit dem Solar Independence Plan einen Vorschlag veröffentlicht, wie das Geld aus der Einspeisevergütung besser eingesetzt werden könnte und das Ziel von Photovoltaikinstallationen mit einer Gesamtleistung von 25 Gigawatt bis zum Jahr 2020 erreicht werden kann. Damit würden bis zu diesem Zeitpunkt 3,1 Gigawatt mehr Solaranlagen errichtet werden, ohne dass dies die Gesellschaft mehr kosten würde. So legte auch STA mehr Wert auf die Installation von Dachanlagen statt riesige Solarparks zu bauen. Dies sollte sich auch im Tarifschema widerspiegeln. Trotzdem sollte die Förderung von Solarparks nicht ganz eingestellt werden, sondern vielmehr sollten diese von einem Renewables Obligation System profitieren. Dies sieht vor, dass Strom aus den Solarparks mit Grünstromzertifikaten vergütet wird, die dann an die Energieversorger verkauft werden. Diese wiederum müssen einen Anteil ihres Stroms aus erneuerbaren Anlagen beziehen. Dieses System sollte mindestens bis 2017 laufen. Eine weitere Maßnahme wäre die verpflichtende Verwendung von erneuerbaren Energien in Neubauten. Dies könnte über eine Begrenzung der Treibhausgasemissionen von Neubauten geschehen.
Ausbau der Solarenergie wird damit nicht billiger
Mit den von der Regierung vorgeschlagenen einfachen Tarifkürzungen wird der Ausbau der Solarenergie in Großbritannien nicht billiger, sondern zum Stillstand kommen, warnen die Branchenvertreter. Der Verbrand hat sich schon mit über 100 Stadtratsvorsitzenden, Energiegruppen und Berufsverbänden in Verbindung gesetzt, die den Vorschlag der STA unterstützen, statt den Weg der Regierung mitzugehen. Damit droht London heftiger Widerstand aus den Kommunen, die ein offensichtlich ein größeres Interesse an der Energiewende haben, als die Regierung. Die Vorschläge der Regierung werden nur eins bewirken: Einen Vorzieheffekt. Die Erfahrungen aus anderen Ländern, in denen die Förderung drastisch gekürzt oder gar eingestllt wurde, haben gezeigt, dass Investoren ihre Anlagen möglichst noch in diesem Jahr ans Netz bringen werden, um von der hohen Einspeisevergütung zu profitieren. „Das ist genau das Gegenteil einer sensiblen Politik“, kritisiert Mike Landy. (Sven Ullrich)