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Medaille mit zwei Seiten

Andreas Schmidt vom gleichnamigen Elektrotechnikbetrieb in Horhausen im Westerwald glaubt an den positiven Trend: „Die ersten Monate des Jahres waren schwierig. Aber inzwischen haben wir eine starke Nachfrage und einiges zu tun.“ Grund für diese Entwicklung sei der gesunkene Preis für Photovoltaikanlagen. Nach den Ergebnissen des aktuellsten Geschäftsklimaindex des BSW ist die Geschäftserwartung der Solarstromunternehmen die bisher optimistischste seit Beginn der Messung 2005. „Viele Unternehmen sehen nach einem holprigen Jahresauftakt wieder Licht am Ende des Tunnels“, kommentiert BSW-Geschäftsführer Carsten Körnig die Ergebnisse. „Wir rechnen damit, die guten Vorjahreszahlen wieder erreichen, vielleicht sogar übertreffen zu können.“

Starker Kaufanreiz

Ähnlich positiv äußerten sich jene 303 Installateure, die der Marktforscher EuPD Research für seinen PV-Installateursmonitor befragte. Diese erwarten für 2009 einen Zubau an Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von zwei Gigawatt. „Das entspricht einem Zuwachs von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, so Markus A.W. Hoehner, Geschäftsführer von EuPD Research. Anlass für die positive Einschätzung der Installateure seien die stark sinkenden Modulpreise. Auch Carsten Körnig sieht in dem Preisrückgang einen starken Anreiz zum Kauf einer Solaranlage. Der durchschnittliche Endkundenpreis für eine kleine bis mittlere Solarstromanlage liege momentan bei rund 3.600 Euro je installiertem Kilowatt. Solarteur Schmidt kann seinen Kunden einen Preis von rund 3.650 Euro pro installiertem Kilowatt anbieten. „Dabei habe ich eine Rendite von 7,5 bis 8 Prozent.“ Andreas Schmidt Elektrotechnik bezieht seine Module von einem Elektrogroßhändler in Andernach. „Die Preisentwicklung für das dritte Quartal ist schwer abzuschätzen“, so Schmidt. Dennoch geht er davon aus, dass das Ende der Fahnenstange vorerst erreicht sei. „Ich glaube, dass sich auf dem nordamerikanischen Markt bald etwas tut.“ Und dann werde die Nachfrage nach Modulen wieder anspringen. Seine Einschätzung deckt sich mit der Prognose des BSW. Der wertet den überdurchschnittlichen Preisrückgang als Einmaleffekt infolge der Finanzkrise, saisonaler Auswirkungen und eines temporären Überangebots. Mittelfristig rechnet der Verband damit, dass die Preisentwicklung von Solarstromanlagen wieder parallel zur Absenkung der Solarförderung verläuft.

Gute Renditen in Aussicht

Simon Boris Estermann, Geschäftsführer der Prestocell GmbH in Köfering und Vorsitzender des Fachverbandes Energie- und Gebäudetechnik Bayern-Thüringen, kommt zu der gleichen Einschätzung. „Die Preise sind am Tiefpunkt angekommen. Ich rechne damit, dass die Modulpreise ab dem Sommer wieder ansteigen. Derzeit liegen sie für ein Watt bei rund 2,00 bis 2,20 Euro für Chinamodule und zwischen 2,40 und 2,60 Euro für deutsche und europäische Markenware.“

Bei diesen Zahlen sei allerdings eine Besonderheit zu berücksichtigen. „Diese Preise gelten nur für Installateursbetriebe, die Mitglied beim Fachverband Energie- und Gebäudetechnik Bayern-Thüringen sind. Wir haben ein Rahmenabkommen mit dem Großhandel PV-Line abgeschlossen, der den Verbandsmitgliedern diese günstigeren Preise anbietet.“ Installateure, die keine Mitglieder sind, würden mehr zahlen. Das Rahmenabkommen ermögliche Mitgliedern des Verbandes einen besseren Marktzugang und bessere Einkaufspreise. Im Sortiment sei die ganze Palette der Produkte verfügbar. Das heißt, nicht nur alle Marken, sondern auch Montagesysteme oder Wechselrichter, um nur zwei Beispiele zu nennen. Allerdings sei das erste Quartal 2009 schlecht gelaufen, so Estermann. Hier habe natürlich auch die witterungsbedingte Situation im Vergleich zu 2008 eine wesentliche Rolle gespielt. „Der Markt ist um 45 bis 50 Prozent eingebrochen. Mittlerweile hat sich die Situation beruhigt, und es gibt wieder einen hohen Auftragsbestand“, sagt Estermann. Aufgrund der gefallenen Modulpreise erwarte er für das dritte Quartal dieses Jahres gute Renditen und eine sehr hohe Nachfrage für die Anlagenbetreiber, die sich im vierten Quartal fortsetzen werde.

Begehrte Großanlagen

Über eine gute Auftragslage kann sich auch Christian Lieck freuen. Er ist Vorstandsvorsitzender der scn energy AG aus Torgelow. „Unser Auftragsvolumen hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzehnfacht. Damit haben wir jetzt schon mehr Aufträge als im gesamten letzten Jahr.“ Bis vor kurzem hätten noch viele Kunden gezögert, weil sie auf noch bessere Preise warteten. „Aber die Situation ist vor drei, vier Wochen gekippt und die Kunden geben jetzt die Aufträge raus. Die Rendite ist einfach zu gut, um weiter zu warten. Da kann der Investor nichts falsch machen, auch wenn die Preise noch etwas fallen.“ Lieck persönlich glaubt, dass die Preise nicht weiter sinken werden. „Mittlerweile haben die Hersteller ihre Produktion an die Situation angepasst, und im Ausland tut sich auch wieder etwas.“ Ihn würde es nicht verwundern, wenn die Preise im dritten und vierten Quartal wieder leicht steigen. „Außerdem stellen wir fest, dass die Nachfrage nach Großanlagen in Deutschland und im Ausland stark ansteigt. Viele Investoren suchen derzeit nach neuen Investitionsmöglichkeiten und da bieten sich Großanlagen natürlich an“, so der Geschäftsführer. Derzeit könne sein Unternehmen das installierte Kilowattpeak im Bereich Großanlagen für 2.800 Euro anbieten. „Und bei Kleinanlagen mit einer Größe von bis zu zehn Kilowatt liegen wir bei 3.300 Euro.“

Banken als Sorgenkinder

Solarteur Mike Lorenz aus Mittelgründau sieht die Situation nicht nur positiv. „Die Auftragslage ist bei uns immer noch sehr gut, wie auch schon zu Beginn des Jahres“, so Lorenz. Mittlerweile würden die Auswirkungen der Finanzkrise jedoch spürbar werden. „Sorgen machen mir derzeit die Banken.“ Diese seien bei der Vergabe von Krediten zur Finanzierung von Aufdachanlagen sehr zurückhaltend. „Ein großes Problem ist die Finanzierung von Anlagen ab einer Größe von 100 Kilowatt. Hier scheinen die Banken bei der Kreditvergabe, gerade bei mittelständischen Unternehmen, noch genauer hinzusehen und noch länger zu prüfen als bisher. Wir haben etliche Kunden, die seit Monaten mit den Banken kämpfen.“ Diese Verzögerungen wiederum würden sich auch auf die Auftragslage auswirken. Ein weiteres Problem seit Beginn des Jahres sei die Anmeldung einer PV-Anlage bei einem Energieversorgungsunternehmen (EVU). „Das läuft nicht mehr so einfach wie früher. Die Versorger wollen jetzt fast immer eine Netzverträglichkeitsberechnung durchführen und berechnen diese auch mit 400 bis 1.500 Euro. Daher warten wir mit den Angeboten für Anlagen ab einer Größe von 50 Kilowatt, bis eine schriftliche Einspeisezusage des EVU vorliegt.“ Lorenz würde hier eine bundesweit einheitliche Regelung begrüßen. Die Preise seien derzeit schwer einzuschätzen. „Die fallen und fallen und ich habe den Eindruck, dass sich in naher Zukunft daran auch nichts ändert.“ Dies habe zur Folge, dass sein Unternehmen dreimal so viele Angebote schreiben muss wie noch vor zwei Jahren. „Durch die Preissenkungen bei den Modulherstellern gibt es natürlich auch genügend Installateure, die neu in den Solarmarkt einsteigen. Deren Angebote entbehren oft jeder Kalkulationsgrundlage“, sagt Lorenz.

Kunden warten weiter ab

Weniger optimistisch blickt auch Helmut Godard in die Zukunft. Er habe seine Hoffnung auf ein ähnlich erfolgreiches Jahr wie 2008 aufgegeben. „Im ersten Quartal 2009 haben wir einen dramatischen Einbruch erlebt. Und daran war nicht alleine der längere Winter schuld“, so der Geschäftsführer der Freiburger Energossa GmbH. „Weil viele Kunden auf weiter fallende Preise warteten, haben wir vor allem im ersten Quartal einen Nachfragerückgang erlebt, den wir mit dem Rest des Jahres wahrscheinlich nicht mehr kompensieren können.“ Ein Ende der Preisspirale und eine Wende bei der eher verhaltenen Kundennachfrage seien immer noch nicht in Sicht, selbst wenn die Renditen von Photovoltaikanlagen derzeit so gut seien wie selten zuvor.

Ähnlich zurückhaltend gibt sich Dieter Bieker, Solarexperte des Bonner Unternehmens Josef Küpper Söhne GmbH. „Die Nachfrage nach Solaranlagen kommt in diesem Jahr schleppend in Gang“, so Bieker. Die Preise seien um 22 bis 27 Prozent eingebrochen und trotzdem würden sich viele Kunden noch immer nicht für den Kauf einer Anlage entscheiden – in der Hoffnung, dass die Preise noch weiter fallen. „Im Mai haben wir unsere erste Anlage in diesem Jahr an das Bonner Stromnetz angeschlossen. Es ist unglaublich. Uns wurde gesagt, dass dies die erste Photovoltaikanlage überhaupt sei, die dieses Jahr in Bonn ans Netz ging.“ Daher setzt Geschäftsführer Josef Küpper vermehrt auf Marketing. Er und seine Mitarbeiter besuchen lokale Veranstaltungen, die sich mit erneuerbaren Energien beschäftigen. So zum Beispiel den Bonner Energiemarkt, auf dem Küpper Interessierte jüngst über die Möglichkeiten der Solarstromerzeugung informierte.

So unterschiedlich also die Einschätzungen zur diesjährigen deutschen Marktentwicklung sind, in einem sind sich Installateure, Verbände und Marktforscher einig: Ein Ende des Preisverfalls – lieber heute als morgen – sei mehr als begrüßenswert. Denn dann gebe es für die Endkunden keinen Grund mehr, mit dem Kauf einer Photovoltaikanlage zu warten.

Markus Grunwald

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