Vielleicht muss man sich Joachim Dorfmüller als glücklichen Menschen vorstellen. Vor über 20 Jahren hat der Geschäftsführer von Dorfmüller-Solaranlagen im schwäbischen Kernen mit der Produktion von Modulwechselrichtern begonnen. „Mindestens zehn Jahre mit teilweise drei oder vier Ingenieuren haben wir investiert, um das Ding markt- und produktionsfähig zu machen“, sagt er. Die Firma kam damit nie richtig groß raus, blieb aber am Markt. Im Frühjahr 2011 dann vermeldet Dorfmüller wachsenden Erfolg. Die Nachfrage nach Modulwechselrichtern steige. „Jedes Produkt hat seine Zeit“, sagt Dorfmüller. „Wenn Sie es im Angebot haben und es ist nicht an der Zeit, kann es noch so gut sein, dann verkauft es sich nicht.“ Ist die Zeit von Modulwechselrichtern gekommen? Mit den oft mit dem englischen Begriff Mikroinverter benannten Geräten können, anders als bei den in Deutschland üblichen Strangwechselrichtern, Nachteile auf verschatteten Dächern reduziert werden. Bei Strangwechselrichtern werden die Module in einer Reihe verschaltet, schwächere, etwa verschattete Module mindern dabei die Gesamtleistung. Bei Modulwechselrichtern wird das durch die Parallelschaltung vermieden. Einen Mehrertrag zwischen fünf und 25 Prozent, je nach Verschattung des Dachs, versprechen die Hersteller. Allerdings sind auch die Anschaffungskosten für Mikroinverter höher.
Das Thema Modulwechselrichter beschäftigt und spaltet seit einiger Zeit die Fachöffentlichkeit. Bruno Burger vom Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) zeigte sich bei der letztjährigen EU PVSEC in Valencia eher skeptisch: „Die meisten Modulwechselrichter haben derzeit eine niedrige Effizienz, sind teuer und laufen nicht die benötigten 25 Jahre.“ Es gebe aber, so Burgers Hoffnung, einige Möglichkeiten, die Kosten zu senken, etwa durchMassenherstellung. Die Analysten von iSuppli sagen hingegen Modulwechselrichtern bis 2014 ein rasches Wachstum voraus – auch und gerade aufgrund fallender Kosten. Henning Wicht von iSuppli Deutschland zufolge werden die Mehrkosten für Modulwechselrichter bis 2014 von derzeit 20 bis 25 US-Cent auf fünf US-Cent sinken. Umstritten ist auch, ob nicht Leistungsoptimierer eine bessere Lösung als Modulwechselrichter darstellen: Sie haben im Allgemeinen eine höhere Effizienz. Der Wechselrichter muss allerdings noch zusätzlich erworben werden, der Aufbau mit Leistungsoptimierern ist oft etwas komplizierter.
Bewegung ist in die Debatte nun durch die Hersteller gekommen. Immer mehr drängen mit teils verbesserter Technik auf den Markt. Allen voran Enphase Energy, der Marktführer für Modulwechselrichter in den Vereinigten Staaten. Enphase hat auf dem kalifornischenMarkt bei kleinen Dachanlagen bis zehn Kilowatt nach eigenen Angaben immerhin einen Anteil im vergangenen Jahr von 13 Prozent erreicht. Maßgeblich dafür waren ein großes Budget für die Marktentwicklung und der systematische Aufbau eines Vertriebsnetzes sowie von Installationspartnern. Enphase hat 2011 nun zwei Büros in Europa eröffnet, in Frankreich und Italien. Die beiden Länder dienen Enphase auch als Testmärkte, bevor es in einem noch nicht festgelegten nächsten Schritt auch nach Deutschland geht. „In Deutschland“, so fürchtet Enphase-Marketingchef Bill Rossi, „gibt es aber mehr Skepsis gegenüber neuen Technologien“ – ein mögliches Hindernis für eine rasche Markteinführung.
Einfache Montage
Enphase will im Juni mit einem Modulwechselrichter „der dritten Generation“, so die Eigenwerbung, auf den Markt gehen. Die Effizienz soll von derzeit 95 auf 96 Prozent steigen. Damit liegen die Mikroinverter aber immer noch deutlich unter den Wirkungsgraden von trafolosen Wechselrichtern, die Effizienzen um 98 Prozent aufweisen. Allerdings sollen die Modulwechselrichter einfacher mit den einzelnen Modulen zu verschalten sein. Wie im „Lego-System“, beschreibt Bill Rossi die Montage. Der Aufwand für den Installateur soll dadurch um 60 bis 70 Prozent sinken. Die Frage ist, ob dieses Argument bei deutschen Installateuren verfängt. Denn der Enphase-Erfolg in den USA geht auch auf die oft geringere Erfahrung der dortigen Installateure zurück. Laut Wicht sei es für Neueinsteiger einfacher, mit Modulwechselrichtern zu arbeiten als mit den Strangwechselrichter, bei denen höhere Spannungen auftreten. In Deutschland aber seien die Installateure seit fünf Jahren mit den Strangwechselrichtern vertraut. „Die haben im Moment keinen Druck, das zu ändern. Wenn der Installateur ein eingefahrenes System hat, greift das Argument des geringeren Planungsaufwands nicht richtig“, sagt der Analyst von iSuppli.
In Deutschland müssten Modulwechselrichterhersteller daher vordringlich auf andere Kaufmotive setzen. Enphase wirbt mit der Ertragssteigerung - fünf Prozent bei einem Dach ohne Verschattung, bis zu 25 Prozent mit Verschattung. Allerdings streiten sich die Experten noch, ob der Vorteil wirklich so groß ist. Die Argumente sind dabei ähnlich wie bei den Leistungsoptimierern (photovoltaik 04/2010, Seite 86). Eine weitere Botschaft der Firmen könnte aber auch der Vorteil im eventuellen Schadensfall sein: „Wenn ein Mikroinverter ausfällt, läuft der Rest des Systems immer noch“, so Rossi.Im selben Atemzug ließe sich die Gewährleistungsfrage als Vorteil anführen. Enphase vergibt zwar derzeit 15 Jahre Garantie, dreimal so lang wie die meisten Hersteller von Strangwechselrichtern, bei einer veranschlagten Lebensdauer von 25 Jahren. Enphase betont dies aber nicht allzu sehr.
Das Thema ist für einige Polemiken unter den Herstellern gut, seitdem Konkurrent Enecsys für seinen neuen Wechselrichter 20 Jahre Gewährleistung bietet, bei ebenfalls 25 Jahren zugesagter Lebensdauer. Enecsys wurde 2003 im englischen Cambridge gegründet, verfügt mittlerweile über Zweigstellen im deutschen Bad Homburg und im US-Bundesstaat Kalifornien. Die Elektrolytkondensatoren in den Wechselrichtern hat die Firma durch solche aus Dünnfilm ersetzt. Dadurch sei eine längere Lebensdauer der Modulwechselrichter möglich. Sieben Jahre sei an diesem neuen Wechselrichter geforscht worden, sagt Enecsys-Geschäftsführer Bernd Kohlstruck. „Diese Entwicklung ist patentrechtlich sehr gut geschützt und sicherlich nicht einfach, auch was die Kosten anbelangt, zu umgehen.“ Bill Rossi von Enphase hält dagegen. Für ihn ist nicht bewiesen, dass der Enecsys-Wechselrichter länger hält. „Die Elektrolytkondensatoren sind ein Thema, das die Installateure nicht sonderlich besorgt.“ Und Junyin Gu vom chinesischen Modulwechselrichterhersteller Involar, der ebenfalls auf den europäischen Markt drängt, beurteilt die „Elektrolytkondensatoren-Theorie“ als Teil der Werbestrategie von Enecsys. Außerdem denkt auch Enphase über eine Verlängerung seiner Garantie auf 20 Jahre nach, hat sich aber noch nicht entschieden.
Gemeinsam setzen Enphase und Enecsys aber auf ein anderes Verkaufsargument: Sicherheit bei Feuer. Vor allem große Dachanlagen seien ein interessanter Markt geworden, sagt Bernd Kohlstruck. „Kommerzielle Flachdächer, wo die Feuerversicherungen sich scheuen, dort Photovoltaik zuzulassen, weil darunter Millionenwerte lagern. Die Feuerwehren haben sicherlich den Anspruch, auch unterhalb der Module löschen zu können – das geht natürlich nicht, wenn sie darunter eine Gleichstrom-Spannung von 600 bis 1.000 Volt haben.“ Die Solarbranche arbeitet zwar auch bei Strangwechselrichtern an Lösungen zu einem Notausschalter. Bei der Verwendung von Modulwechelrichtern ist die Spannung aber in jedem Falle deutlich niedriger.
Rechnen im Einzelfall
Umstritten bleibt vor allem eine Frage: Lohnt sich ein Modulwechselrichter, selbst wenn das eigene Dach nur geringe Verschattungswerte ausweist? Das wäre eindeutig der Fall, wenn Enecsys' Aussagen aus einer Presseveröffentlichung von Anfang März zuträfen: „Photovoltaiksysteme mit Enecsys Duo Wechselrichtern kosten genau so viel wie herkömmliche Systeme mit Strangwechselrichtern, liefern jedoch fünf bis 20 Prozent mehr Energie.“ Kohlstruck relativiert diese Aussage auf Nachfrage. Die Kosten lägen„vielleicht noch circa zehn Prozent über dem Preis eines Strangdaches, bei Berücksichtigung der 20 Jahre Garantie für die Modulwechselrichter.“ Es bleibt also beim Rechnen im Einzelfall.
Dass der Markt für Modulwechselrichter aber Auftrieb bekommt, zeigt das Beispiel SMA. Der Branchenführer bei Strangwechselrichtern zeigte sich bisher sehr skeptisch gegenüber Mikroinvertern. Andreas Umland von SMA bezeichnete Modulwechselrichter auf dem 1. Inverter and PV System Technology Forum in Berlin „als einen Nischenmarkt für die, die es mögen“. „Auch heute noch ist die String-Technik durch ihre hohen Wirkungsgrade und die geringsten spezifischen Preise aus systemtechnischer Sicht das Optimum für kleine, mittlere und große Anlagen“, heißt es in offiziellen Stellungnahmen von SMA.
Dennoch will SMA für den Fall der Fälle gerüstet sein. Ende 2009 hat SMA den niederländischen Wechselrichterhersteller OKE aufgekauft und verwendet ihn als Technologieplattform. SMA kündigte an, einen eigenen Modulwechselrichter zu entwickeln. Wann dieser auf den Markt kommt, ist allerdings noch offen. „Die SMA-Position ist immer schon gewesen, dass wir jegliche Applikationen abdecken wollen, von Kilowatt bis Megawatt auf allen Kontinenten“, so Bereichsleiter Tobias Henne. Modulwechselrichter hätten ihre Berechtigung „bei sehr komplexen Dachsituationen und in einem Bereich von unter zwei Kilowatt.“ Hennes Argumentation ist dabei: Modulwechselrichter hätten konstant denselben Preis, der bei sehr kleinen Anlagen unter dem von Strangwechselrichtern liegt, und könnten deshalb bei kleinen Anlagen günstiger sein.
Was die neue SMA-Strategie betrifft, gibt es in der Branche durchaus gemischte Reaktionen: „Die müssen das im Portfolio haben – schließlich können sie nicht eine Technologie schlechtreden, die sie selbst nicht haben“, heißt es einerseits. Andererseits hoffen die anderen Hersteller auf eine Beschleunigung des Marketings: „Wir sehen das durchaus als positiv an, wenn auch der Marktführer das Thema in den Markt bringt“, sagt Enecsys-Geschäftsführer Kohlstruck. Analyst Henning Wicht stellt sich bei Mikroinvertern allerdings die Frage: „Nur ein neuer Hype aus den USA?“ Mehr als ein Hype, das zeigt SMA, dürfte es schon werden.
Firmen | Modell | Leistung | europäischer Wirkungsgrad [%] | Kommunikation | Link |
---|---|---|---|---|---|
Direct Grid | DGA-S200DGA-S300 | 200 WAC 300 WAC | 92 | Powerline | directgrid.com |
Dorfmüller | DMI 150/35DMI 250/35 | 150 WDC 320 WDC | 86,690,2 | keine | dorfmueller-solaranlagen.de |
Enecsys | SMI -200SMI -240SMI -280 | 200 WDC240 WDC 280 WDC | 9292,192,1 | enecsys.com | |
Enphase | M 190M 210M 380 | 190 WAC210 WAC380 WAC | 9595,595 | Powerline | enphaseenergy.com |
Mastervolt | Soladin 120Soladin 600 | 90 WDC535 WDC | 9191 | LED | mastervolt.com |
OKE | OKE 4 | 100 WDC | 91,5 | keine | oke-services.nl |
Petra Solar | SunWave | 120 WAC | 93 | petrasolar.com | |
SolarBridge | SB 225 | 225 WAC | 95 | solarbridgetech.com | |
Überblick über einige derzeitig erhältliche Modulwechselrichter. Stand: September 2010. Quelle: „Module integrated electronics - an overview“, Burger B., Goeldi B., Rogalla S., Schmidt H. (Fraunhofer Institute for Solar Energy Systems ISE), EU PVSEC 2010 |