Bevor Benedict Kraft einen seiner 20 Außendienst-Mitarbeiter zum Kunden schicken kann, hat er schon viel investiert. „Ein Installateur kann nicht allein davon leben, dass die Leute sein Firmenschild sehen oder im Branchenbuch blättern“, sagt der Vertriebschef von Solartotal, einem deutschlandweit operierenden Unternehmen. Solartotal zählt nach eigenen Angaben rund 400 Mitarbeiter und arbeitet zudem mit einem großen Subunternehmer-Netzwerk zusammen. Kraft muss daher an möglichst viele Kundenanfragen kommen, die auch saisonal gut verteilt sein sollten. Das Würzburger Unternehmen nutzt dafür gleich mehrere Auftragsportale, über die bislang der größte Teil der Kunden akquiriert wird. Rundum zufrieden ist Benedict Kraft mit dieser Situation dennoch nicht: Was die für sich selbst werbenden Vermittler imInternet mit vollmundigen Sprüchen über die eigene Größe und Qualität versprechen, entspricht nicht unbedingt den praktischen Erfahrungen der Installateure.
Verschiedene Geschäftsmodelle
Sogenannte Verbraucherportale wie Ciao, Verivox oder Reisen.de haben in den letzten Jahren den Handel im Internet revolutioniert. Sie listen Preisvergleiche und Adressen auf, vermitteln Erfahrungsberichte und mittels Fotos auch visuelle Eindrücke. Relativ neu sind allerdings noch Auftragsportale, die den Endkunden Handwerkerleistungen vermitteln sollen – und den Betrieben ohne eigenes Marketing lukrative Aufträge. Die Geschäftsmodelle reichen dabei vom simplen elektronischen Branchenbuch über das Einsammeln von Endkundenanfragen mit anschließendem Verkauf der Anfragen an Installateure bis hin zu Auktionsmodellen. Meist steht dort der niedrigste Preis im Vordergrund, wie etwa beim Handwerker-Auktionsportal myhammer.de, wo sich auch Solartechnik-Installateure um Kundenaufträge bemühen. Wenn damit vor allem der Preis gedrückt wird, kann das für Unternehmen mit hohen Qualitätsstandards allerdings zum Problem werden – denn der Endverbraucher sieht bei den einlaufenden Angeboten nur die Bewertungs-Sternchen und -Kommentare, die schwer zu überprüfen sind.
Wer als Installateur dem Wettbewerb mit Billigheimer entgehen will, kann sich freilich auf eines der spezialisierten Such- und Vermittlungsportale begeben, die, so die Eigenwerbung, „geprüfte Fachbetriebe“ (quotatis.de) oder „registrierteHandwerksbetriebe der Umgebung“ (solartechnikberater.de) an den Kunden bringen sollen. Doch auch hier ist nicht alles ausschließlich vom Sonnenfach, wie etwa kaeuferportal.de mit seinen zahlreichen anderen Branchen zeigt. Zum anderen bieten einige nur einen sehr lückenhaften Überblick von Installateuren mit Anschrift und Telefonnummer, der kaum mehr bringt als die guten alten Gelben Seiten. Aufgeführt werden nur Firmen, die ihr Inserat geordert und bezahlt haben.
Spezielle Fragen zur Vorprüfung des Projektes mit einer interaktiven Eingrenzung des Auftrages, wie zum Beispiel Größe der Dachfläche, Neigung, Ausrichtung und Art der Deckung, gibt es nämlich längst nicht überall. Und einfach ein paar Firmen nach Postleitzahlen oder Bundesländern aufzulisten, die man anrufen kann, ist eigentlich ein bisschen wenig. Hier enttäuschen beispielsweise solarportal24.de oder solartechnikberater.de, selbst wenn sie noch einige Infosüber Fördermittel oder die Technologie bieten. Entsprechend zufällig sind lukrative Aufträge aus solchen Vermittlungsplattformen, wobei die Ansichten über Nutzen und Nichtnutzen weit auseinandergehen. Ansonsten wären diese Portale vermutlich längst entschlafen.
Bei den mit aktiver Vermittlung arbeitenden Portalen erhalten Installateure entsprechend ihrer Bestellung die gewünschte Zahl von Anfragen via Internet. Welche Kundenadressen an welchen Betrieb übermittelt werden, bleibt allerdings das Geheimnis der Portale. Auch durch zum Teil nach wenigen Minuten erfolgende Rückrufe durch Callcenter-Mitarbeiter (kaeuferportal.de) lässt sich dies nicht durchgehend erhellen. Bei kaeuferportal.de, aus eigener Sicht die „größte Vermittlungsplattform für Dienstleistungen“, schränkt die sympathisch klingende Anruferin gleich ein, dass sie keine Fachfrau sei und nur vor der Übermittlung die Daten noch einmal abgleiche. In diesem konkreten Fall bot kaeuferportal.de bei einer Testanfrage zuerst die Firma Solartotal an, was kein Zufall sei, wie die Mitarbeiterin im Callcenter bestätigt. „Das Unternehmen ist schließlich bundesweit aktiv“, erklärt sie auf die Nachfrage, wieso denn die Firma von vornherein auf die Kontaktliste komme.
Eigene Akquise weiter wichtig
Gut möglich, dass es an der schieren Größe des Unternehmens liegt. „Wir arbeiten überwiegend für Privatkunden und nutzen dafür mehrere Portale“, sagt Benedict Kraft. Bis zu 90 Prozent der Kundenadressen kauft er auf diese Weise zusammen und dürfte damit zu den ganz wichtigen Kunden des Portals gehören. Solartotal will das auch beibehalten, „obwohl das insgesamt sehr teuer ist und im Schnitt nur jede fünfte Adresse auch zu einem Auftrag führt“, wie Kraft erklärt. Solche Quoten erreichen jedoch nur wenige. „Bei einigen Portalen wie Quotatis ist das leider nicht möglich. Hier hat die durchschnittliche Qualität der Anfragen stark nachgelassen“, schätzt Kraft ein. Deshalb werde sich Solartotal auch verstärkt der eigenen Kundenakquise zuwenden. „Da kommt immer mehr über die eigene Homepage oder auch von den Kunden, die uns weiterempfehlen“, so Kraft.
Seit rund drei Jahren bietet Uwe Neumann Kunden Solaranlagen derFirma Resutec aus dem hessischen Büdingen an – ebenfalls mit Hilfe von Adressen, die das Unternehmen über mehrere Portale erwirbt. „Die Basisdaten sind recht gut, aber die Schwachstelle sind zu geringe Quoten bei den Rückmeldungen“, sagt Neumann. Das Unternehmen versucht dies durch schnelle Kontaktanbahnung mittels Anruf und der Bitte um einen Vor-Ort-Termin zu vermeiden. Die Kunden seien aber sehr heterogen. „Manchmal geht mehrfach hintereinander gar nichts. Dann habe ich einen Kunden, der einen Auftrag über 130.000 Euro unterschreibt“, so Neumann.
Nicht nur Billigheimer unterwegs
An einzelnen Regionen oder Portalen lasse sich der Erfolg nicht festmachen, sagt Neumann. Es sei für ihn aber schon wichtig, dass man sich als Unternehmen zuerst ansehen könne, welche Anfragen man einkauft. Bei quotatis.de geht das beispielsweise nicht. Das Unternehmen ordert im Voraus eine bestimmte Anzahl von Anfragen und zahlt dafür pauschal. Drei Kundenadressen pro Woche kosten etwa 57 Euro. „Das muss schon einigermaßen zusammenpassen“, sagt der Vertriebsexperte Neumann. Mit einem Vorurteil möchte er jedoch ausdrücklich aufräumen: „Anfragen über die Internetportale stammen nicht automatisch von Leuten, die nur auf billig schauen.“ Für ihn sind daher solche Vertriebswege durchaus zukunftsträchtig, wenn auch nur als ein Standbein von mehreren.
Als wichtig für sein Geschäft sieht auch Matthias Hund-Henschel von der Deutschen Energie und Solar GmbH in Schönebeck gut geführte Portale, von denen er gleich drei – solaranlagen-portal.de, quotatis.de, kaeuferportal.de – nutzt. Allerdings sieht er den dort herrschenden „Preiskrieg“ kritisch. „Es gibt oft Anfragen von Kunden, die sich schon Angebote eingeholt
haben und dann versuchen, diese übers Internet noch zu unterbieten“, sagt Hund-Henschel. Kommt dann noch hinzu, dass ein Portal die Adressen ohne vorherige eigene Auswahlmöglichkeit verkauft, wird es schnell unwirtschaftlich, sofern man den Nutzeffekt durch das Weiterempfehlen nicht einrechnet. „Mit der Deutschen Auftragsagentur DAA unter solaranlagen-portal.de habe ich gute Erfahrungen, das ist sehr transparent“, sagt der Solarfachmann, der mit seinem zehnköpfigen Team bundesweit arbeitet und auch selbst aktiv um Kunden wirbt.
Ebenfalls mit DAA und Quotatis arbeitet Michael Schönfelder von ER Energie Reform aus Leipzig zusammen. Der Komplettanbieter von Photovoltaikanlagen arbeitet mit Partnerunternehmen und zielt auf private und kleinere gewerbliche Kunden ab. „Von der Zahl der Aufträge machen die Portalkunden bei uns etwa 20 Prozent aus, beim Umsatz aber nur ein Zehntel“, berichtet Schönfelder. „Bei Quotatis gehen mindestens 60 Prozent der Anfragen ins Leere, die Kunden wollen vor allem einen Preisüberblick gewinnen“, vermutet er. Etwas höher ist die Effizienz bei DAA, wo er allerdings auch nur rund fünf Prozent der angebotenen Adressen kauft. Die Probleme seien vor allem der hohe Arbeits- und Kostenaufwand und die im Durchschnitt eher geringe Auftragsgröße.
Hilfreich für Endkunden
Für den Endkunden sind Solarportale allerdings oft ein praktisches Hilfsmittel. Er klickt sich durch ein paar Seiten, gibt seine Daten ein und bekommt Angebote auf den Tisch – unverbindlich und relativ schnell. Das scheint zumindest dafür zu sorgen, dass es immer ausreichend viele Anfragen gibt: Keines der befragten Unternehmen sah bei der Quantität größere Engpässe in den Portalen. Während Endkunden ihre Firmen meist kostenlos suchen können, zahlen Installateure die Kosten für die Suchmaschinen und Callcenter mit und sorgen so für den Gewinn der Portalbetreiber. Das erspart zwar etwas Klinkenputzen oder das Schalten von Anzeigen und ermöglicht zudem, Aufträge auch deutschlandweit zu akquirieren. Doch ob sich die Portale als Instrument für den Marktzugang wirklich rechnen, wird wohl Ansichtssache bleiben.