Als die Bundesregierung vor einem Jahr die drastische Kürzung der Einspeisevergütung beschloss, war Gerold Weber empört. Seinem Unmut machte der Geschäftsführer des Solarfachbetriebes Gerold Weber Solartechnik in einer Pressemitteilung an die Medien im Landkreis Ortenau Luft. „Wir sind fassungslos und enttäuscht, dass Bundeswirtschaftsminister Rösler eine Branche kaputt macht, die deutsche Hersteller und Handwerker in den vergangenen zehn Jahren mit viel Engagement und Mühe aufgebaut und zum Blühen gebracht haben“, heißt es in der Pressemitteilung. Anschließend schildert er, welche Konsequenzen die Kürzung für seinen Betrieb, die Kunden und die Photovoltaikbranche hat.
Der Chefredakteur der Lokalzeitung Acher- und Bühler Bote reagierte prompt. Er bat Weber um ein Interview, das am darauffolgenden Tag in der Zeitung zu lesen war. Weber wurde häufig darauf angesprochen. Für ihn war es ein weiterer Schritt, sein Unternehmen als engagierten und etablierten Solarfachbetrieb in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Seit etwa einem Jahr befindet sich die Photovoltaikbranche in einem fundamentalen Wandel. Mehr denn je sind alle Beteiligten gefordert, aktiv zu verkaufen und zu kommunizieren. Doch nicht immer geschieht das. Manche Marktteilnehmer scheinen sich auch dem „Schicksal“ gefügt zu haben. photovoltaik hat Fachleute befragt, welche Maßnahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit jetzt sinnvoll wären und wo es Unterstützung gibt.
Zunächst einmal: Hier soll es sich um Presse- und Öffentlichkeitsarbeit drehen und nicht um Marketing oder Werbung. Marketing bezeichnet mittel- und langfristige Strategien zur Absatzsteigerung. Werbung als eine Maßnahme des Marketings zielt auf die kurzfristige Absatzsteigerung für ein Produkt ab. In bezahlten Anzeigen oder Rundfunkspots werden Bedürfnisse geweckt, indem an Emotionen appelliert wird. In der Öffentlichkeitsarbeit (englisch: Public Relations, kurz PR) hingegen lautet das Ziel, sich in den relevanten Öffentlichkeiten bekannt zu machen. Für die Solarbranchesind dies zum Beispiel Hausbesitzer, Gewerbetreibende und Investoren. Die Presse- oder Medienarbeit wiederum ist eine Maßnahme innerhalb der PR. Langfristig soll über Veröffentlichungen in Printmedien, Hörfunk, Fernsehen und Internet Vertrauen bei bestimmten Zielgruppen aufgebaut werden. Dabei steht die sachliche Information im Mittelpunkt, die kostenfrei zur Verfügung gestellt wird.
Knappere Budgets
Für eine PR-Agentur versteht es sich von selbst, dass sie laufend akquirieren muss. Deshalb haben die Agenturen auch eine Vorstellung davon, was sich seit der Kürzung der Einspeisetarife in den Marketing- und PR-Abteilungen von Solarfirmen tut. So sagt beispielsweise German Lewizki, Gründer von Sunbeam, einer Agentur für Kommunikation, neue Medien und Design mit Sitz in Berlin: „Der Bedarf an professioneller Unterstützung durch Agenturen ist nach wie vor vorhanden, aber es gibt nicht mehr so viel Geld wie früher.“ Einige Systemanbieter hätten deshalb Marketingbudgets gekürzt und teuren PR-Agenturen gekündigt. „Manche beschäftigen nun eine kleinere Agentur oder gar keine mehr.“ Ähnliches stellt Iris Krampitz, Geschäftsführerin der PR-Agentur Krampitz, fest: „Man überlegt sich nun genauer, wofür man sein Geld einsetzt.“ Auch bei Gerold Weber Solartechnik im badischen Achern-Mösbach ist die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen deutlich zurückgegangen, das Unternehmen kann diesen Verlust aber mit seinen anderen Bereichen Solarthermie und Holzheizungen auffangen. Der kaufmännische Leiter Harald Schelske ist unter anderem für das Marketing zuständig. So hat er vor etwa zehn Jahren begonnen, Pressearbeit zu betreiben. Zu Fachvorträgen, dem Tag der offenen Tür und besonderen Anlässen wie Auszeichnungen, die das Unternehmen erhält, versendet er Pressemitteilungen an die lokalen Medien. Die Texte dafür schreibt ein freiberuflicher PR-Berater. Im Laufe der Zeit konnte das Unternehmen so gute Kontakte zu den lokalen Medien aufbauen.
Gezielte Kommunikation
„Ein gutes und stabiles Image ist die beste Prävention“, sagt Lewizki von Sunbeam. Er erinnert an den sogenannten Elchtest, den die A-Klasse von Mercedes nicht bestanden hatte. „Das Image von Mercedes war so gut, dass es dadurch kaum beschädigt wurde.“ So solle es der Photovoltaikbranche auch gehen, wünscht sich Lewizki und rät Solarfirmen dazu, das Image über Medienarbeit zu festigen.
Das heißt aber nicht, dass jeder Solarinstallateur viel Geld für Marketing und PR ausgeben muss. „Es kommt nicht darauf an, viel zu machen“, sagt Iris Krampitz. „Die Hauptsache ist, man kommuniziert gezielt.“ Sie empfiehlt, zunächst ein Konzept zu erstellen. Darin sollten unter anderem die Botschaften festgehalten sein, die das Unternehmen vermitteln möchte. „Dabei ist es wichtig, sich abzugrenzen und nicht die gleichen Slogans wie der direkte Mitbewerber zu verwenden“, erläutert die PR-Frau. Weiterhin sei es wichtig, sich zu überlegen, wer die Zielgruppen sind.
Service gefragt
„Was meist gut läuft, sind Servicethemen“, sagt Lewizki von Sunbeam. Informationen mit Ratgebercharakter würden von Redaktionen gern aufgegriffen, sofern sie professionell gestaltet sind. „Die Informationen müssen gehaltvoll und gut verständlich sein.“ Auch Informationen zu Fördermitteln, Änderungen im EEG und spannenden Projekten seien für Redaktionen interessant. Meldungen zu volkswirtschaftlichen Effekten der Photovoltaik müssten Solarinstallateure nicht versenden. „Man sollte den Leuten aber klarmachen, welchen Nutzen sie konkret vom Ausbau der Solarenergie haben beziehungsweise was auf dem Spiel steht.“ Dabei denkt er auch an die Arbeitsplätze, die nun im Handwerk wegfallen.
Gute Themen liefert auch der aktuelle Wandel in der Branche. Anstelle der Rendite gewinnen Energiekosteneinsparungen und die Unabhängigkeit vom Energieversorger an Bedeutung. Dabei spielen Energiemanagement- und Batteriespeichersysteme eine wichtige Rolle. Solche technologischen Neuheiten bieten sich ebenfalls als Inhalte für Presseaussendungen an. „Ein Solarunternehmen kann darüber aufklären und sich so als Experte positionieren“, sagt Lewizki. Er empfiehlt auch, Bildmotive nicht zu vergessen. Ein gutes Foto erhöht den Wert einer Presseaussendung.
Interne PR oder Hilfe von außen
Unternehmen haben mehrere Möglichkeiten, PR zu betreiben. Vielleicht gibt es eine Person im Unternehmen, die Freude daran hat, Pressemitteilungen zu schreiben und Kontakte zu Medien aufzubauen. Sie könnte eine Weiterbildung besuchen und den Bereich im Unternehmen aufbauen. Oder der Betrieb beauftragt eine PR-Agentur. Die will allerdings passend gewählt sein.
Die Honorare für eine international tätige Agentur wird ein kleiner Handwerksbetrieb kaum zahlen wollen und können. Da empfiehlt sich eher eine kleine oder mittlere Agentur. Unter Umständen wird der Betrieb hier auch persönlicher und individueller betreut. Ein paar Beispiele für Honorarempfehlungen, die der Deutsche Journalistenverband (DJV) publiziert, verdeutlichen die Preisspanne. Die kontinuierliche PR-Betreuung kostete 2012 je nach Agenturgröße zwischen 1.600 und 6.500 Euro im Monat. Die Kosten für die Organisation einer regionalen Pressekonferenz lagen laut DJV zwischen 2.500 und 6.000 Euro.
Zu den Aufgaben der Agentur kann es gehören, einen Medienverteiler zu erstellen, die Presseeinladungen zu formulieren und zu versenden. Außerdem erstellt sie eine Pressemappe für die Veranstaltung und versendet Presseinformationen an Journalisten, die nicht teilnehmen konnten. Das Honorar für einen Pressetext beginnt laut DJV bei 320 Euro für eine DIN-A4-Seite.
Unterstützung vom Systemhaus
Eine preisgünstigere Alternative als eine Agentur kann es sein, einen freiberuflichen PR-Berater oder Journalisten zu beauftragen. Oder das Unternehmen sucht sich Hilfe bei einem Lieferanten. Zahlreiche Photovoltaik-Systemanbieter wie zum Beispiel EWS, Donauer Solartechnik, IBC Solar und Krannich Solar bieten ihren Installateuren umfangreiche Unterstützung im Marketing an. Dazu gehört eben auch die Pressearbeit.
So schreiben zum Beispiel die Redakteure und Werbefachleute in der 15- köpfigen Marketingabteilung von EWS Pressemitteilungen, Unternehmensdarstellungen und Internettexte für Installateure. Bei IBC Solar können die Fachpartner kostenlos vorgefertigte, individualisierbare Pressetexte nutzen. „Sie können auch die Pressemitteilungen, die wir herausgeben, für ihre Medienarbeit nutzen oder Beiträge und Statements des Firmenblogs weiterverbreiten“, ergänzt Iris Meyer, Pressesprecherin von IBC Solar. Häufig bereite das Unternehmen aktuelle Themen auf wie derzeit Solarstromspeicher.
Auch Donauer Solartechnik bietet an, Pressemitteilungen zu schreiben, vor allem für Hausmessen. „Das Angebotwird aber nur spärlich genutzt“, bedauert Marketingleiterin Sabrina Speckmeier – eine Aussage, die Meyer von IBC Solar bestätigt. „Das Thema Öffentlichkeitsarbeit steht für viele Fachpartner zunächst hinten an“, sagt sie. „Meist werden klassische Marketinginstrumente umgesetzt wie Zeitungswerbung oder Messebeteiligung.“ Gleichwohl nimmt das Interesse gerade zu, wie die Firmen bestätigen. „Der Bedarf an Unterstützung in der Öffentlichkeitsarbeit ist bei den Installateuren proportional zum erhöhten Informationsbedarf ihrer Kunden angestiegen“, sagt Kai Lippert, Geschäftsführer von EWS. Durch die komplexen Argumentationsketten für Eigenverbrauchsanlagen sei der Aufwand auf allen Ebenen der Kommunikation schnell gewachsen.
Großer Informationsbedarf
Diesen Trend spiegelt auch eine Umfrage von Sunbeam wider. Die PR-Agentur befragte im Auftrag eines Kunden 30 Installateursbetriebe, welche Marketingunterstützung sie sich von ihrem Lieferanten wünschen. „Nach der Unterstützung bei Messen wurde am zweithäufigsten PR-Unterstützung genannt“, resümiert Projektleiterin Vera Neuhäuser. „Weitere Nennungen waren Anzeigenwerbung und Werbesendungen.“ Krannich Solar hat einen anderen Bedarf entdeckt. „Wir unterstützen unsere Kunden bei Infoabenden für Endverbraucher“, sagt Marketingleiterin Ute Wolfangel. Zu den aktuellen Themen wie Eigenverbrauch, Strommanagement und -speicherung gebe es nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei Installateuren noch einen hohen Informationsbedarf. „Die Installateure sind froh und dankbar für die Unterstützung durch unsere Außendienstmitarbeiter“, sagt Wolfangel. Neben Anzeigenvorlagen erhalten die Betriebe von ihr Pressemitteilungen, die sie an ihre regionalen Medien versenden können. „Kunden, die mit uns Informationsabende veranstalten wollen, rennen bei uns offene Türen ein“, sagt Wolfangel.
Seit einigen Wochen betreut sie auch noch ein anderes Projekt. Krannich Solar lädt zu Vorführungen des Films „Leben mit der Energiewende“ ein. Der Film zeigt die Hintergründe der Energiewende. Er sorgte im Dezember dadurch für Schlagzeilen, dass er auch komplett und kostenfrei im Internet angesehen werden kann. Wenn ein Unternehmen eine Lizenz erwirbt, darf es den Film bei öffentlichen Anlässen zeigen.
Kino als Event
Krannich mietete für drei Tage ein Kino im benachbarten Weil der Stadt an und lud hier zu fünf Vorführungen ein. Mitte Februar folgt eine Matinee in einem Stuttgarter Kino. Weitere Termine sind geplant. Bei den Redaktionen dürfte Wolfangel mit Pressemitteilungen hierzu Erfolg haben. Denn Events, die ein gesellschaftliches Thema mit Kultur verbinden und noch dazu kostenfrei für die Öffentlichkeit sind, machen sich in Veranstaltungshinweisen gut.
Um in dem sich wandelnden Markt zu bestehen und den Solarstromausbau weiter voranzubringen, bietet sich eine professionelle und kontinuierliche PR also an. Inhalte gibt es genügend, wie die Beispiele zeigen. Und auch wenn er den Erfolg nicht sofort und konkret am Umsatz sieht, kann ein Solarunternehmer sich doch darauf verlassen, dass seine Medienarbeit langfristig zum guten Image und so auch zum Verkaufserfolg beiträgt.