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Mühsamer Aufbruch in Moskau

Russland entdeckt die Photovoltaik als neue Energiequelle. Denn sie verspricht, einige der enormen Probleme zu lösen, vor denen das riesige Land steht. Bis 2020 erreicht der Zubau rund 1,2 Gigawatt.

Russland ist riesig, ist weit, geheimnisvoll und verschlossen. Allein seine Größe: 17 Millionen Quadratkilometer - das flächengrößte Land der Erde. Vier Millionen Quadratkilometer liegen in Europa, 13 Millionen im asiatischen Teil. 144 Millionen Einwohner verteilen sich in einem Land, das so groß wie Europa und Australien zusammen ist. Davon leben rund 30 Millionen Menschen in den zehn größten Städten, mit Moskau an der Spitze (zwölf Millionen Einwohner). Von der polnischen Grenze bis nach Wladiwostok sind es 9.000 Kilometer, von der arktischen Neuwelt (NowajaSemlja) bis zur südlichen Grenze immerhin 4.000 Kilometer.

Veraltete Stromwirtschaft

Diese kaum vorstellbaren Ausmaße stellen das moderne Russland vor enorme Herausforderungen. Denn das Gros der Stromproduktion beispielsweise geht auf die gigantischen Aufbauprogramme der Sowjets zurück. „Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes“, hatte Lenin schon 1920 erklärt. Die Sowjets waren es, die riesige Ölfelder erschlossen, gigantische Wasserkraftwerke an den sibirischen Flüssen aus dem Lehm stampften und die Atomtechnik nach vorn trieben. Unter den Zaren wurden lediglich einige Kohlegruben ausgebeutet.

Fast hundert Jahre nach dem Sturm auf das Winterpalais im November 1917 hängen der industrielle Fortschritt und der Wohlstand in Russland entscheidend von der Energieversorgung ab. Nach einer schweren Krise Ende der 90er Jahr stieg die Stromproduktion wieder an. Sie erreicht derzeit rund 1.200 Terawattstunden. Zwei Drittel dieser Energie stammen aus Kraftwerken, die Öl, Gas oder Kohle verbrennen. Ein Fünftel kommt aus sibirischer Wasserkraft, ein Sechstel aus Atommeilern.

Kein Boom ohne saubere Energie

Im Grunde genommen hat Russland alle Probleme wie China, mit einer wichtigen Ausnahme: Seine Bevölkerung stagniert, Fläche ist ausreichend vorhanden. Mit dem Preisverfall der Photovoltaik rückt die Sonne nun zunehmend ins Blickfeld der Energiemagnaten. Photovoltaik ist für die Russen keine Neuheit. Schon 1971 entstand in Krasnodar die Firma Saturn, die Solarmodule für die sowjetische Raumfahrt produzierte.

Ab 2009 kann die Photovoltaik zunehmend für zivile Anwendungen ins Gespräch. Zunächst hofften die Russen, über den Rohstoffmarkt für Polysilizium ins Geschäft einzusteigen. Das russische Unternehmen Hevel investierte rund 275 Millionen US-Dollar (196,5 Millionen Euro) in ein Werk für Polysilizium, auch die Firma Nitol steckte 300 Millionen Euro in die Fertigung von Silizium. Mit dem Preisrutsch im Verlauf des Jahres 2010 waren beide Vorhaben ruiniert.

Unentwegt lockt die Sonne

Doch langsam nimmt der russische Photovoltaikmarkt Fahrt auf. Denn theoretisch könnten Solargeneratoren bis zu 101 Gigawatt leisten. Die jährliche Sonneneinstrahlung auf russisches Territorium summiert sich auf 1.870 Terawattstunden. Bis in den Kreml hat es sich herumgesprochen, dass Sonnenstrom preiswerter zu erzeugen ist, als Strom aus neuen Gaskraftwerken oder neuen Atommeilern. Deshalb hat die Regierung in Moskau mehrere Programme aufgelegt, um den Bau von Solarparks zu fördern. Ein zweites Ziel ist der Aufbau einer russischen Solarindustrie.

Die sonnigsten Regionen befinden sich am Nordrand des Kaukasus oder in der Gegend um Krasnodar. Einige Gebiete in Südsibirien haben vergleichbare Sonneneinstrahlung wie Südfrankreich und Mittelitalien. In Südsibirien am Baikalsee strahlt die Sonne ähnlich intensiv wie über Spanien.

2009 war ein Meilenstein in der russischen Photovoltaik: Zar Putin verkündete das Ziel, dass bis 2020 rund 4,5 Prozent der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien kommen sollen. Das entspricht 22 Gigawatt aus Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik und Geothermie. Seitdem haben russische Firmen massiv in Photovoltaik investiert. Renova und Lukoil beispielsweise haben die ersten Solarparks gebaut. Mit SAG und Schletter waren zwei deutsche Unternehmen am jüngsten Solarpark im Altai beteiligt, der fünf Megawatt leistet. Zur Inbetriebnahme schaltete sich Präsident Putin sogar per Videokonferenz zu. (Heiko Scharzburger)

Den vollständigen Report lesen Sie im Dezemberheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 4. Dezember 2014 erscheint.