Ein Lächeln umspielt die jungenhaften Züge von Joachim Goldbeck. Kein Wunder, der Mann schwimmt auf der Erfolgswelle. Ausgerechnet in den für die Branche schwierigen Jahren seit 2012 hat sein Unternehmen Goldbeck Solar die Umsätze auf 120 Millionen Euro nahezu verdoppelt. „Das hängt nicht zuletzt mit unserer starken Internationalisierung zusammen“, erklärt der Firmenchef. Und die wiederum orientiert sich eng an der jeweils geltenden nationalen Förderpolitik.
Umsätze in Großbritannien
Konkret: In den vergangenen Jahren hat Goldbeck Solar rund 90 Prozent seiner Umsätze in England erzielt. Denn dort gab es verschiedene Förderprogramme, allen voran die Solarförderung im Rahmen der Renewable Obligation Certificates (ROC), die den Aufbau und Betrieb von Solaranlagen ab einer Größe von fünf Megawatt für Anleger besonders attraktiv machten. Die günstige Relation von Pfund zu Euro gab der Nachfrage zusätzlichen Schub.
Auf dieser Basis projektierte Goldbeck Solar auf der Insel überwiegend Solarparks ab fünf Megawatt Leistung. Bis heute brachte das Unternehmen in Großbritannien Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von über 250 Megawatt ans Netz, davon gut 75 Megawatt im ersten Quartal 2015.
Ein Luxusproblem eingehandelt
Und handelte sich nebenbei ein Luxusproblem ein: „Wir konnten in der jüngeren Vergangenheit aus Kapazitätsgründen nicht alle Projekte annehmen, die aus dem englischen Markt an uns herangetragen wurden“, erläutert Goldbeck.
Doch seit April gilt die großzügige Förderung für Freilandgeneratoren in der bisherigen Form nicht mehr. Dennoch ist Goldbeck sicher: „England bleibt auch nach Auslaufen der Förderprogramme für uns ein attraktiver Markt.“ Zumindest auf mittlere Sicht. Denn zum einen wird es noch einige Fünf-Megawatt-Projekte geben, die nach den bisherigen Regelungen fertiggestellt werden. Zum anderen bleibt der Einspeisetarif für kleinere Anlagen in Großbritannien attraktiv.
Deshalb hat Björn Lamprecht, zweiter Geschäftsführer von Goldbeck Solar, vor einiger Zeit seine Vertriebsleute ausgeschickt, um britische Dächer zu erschließen. My Home is my castle, aber nicht ohne Photovoltaik: sunny home, sunny castle. „Wir verfügen mittlerweile über gute Referenzen und regionales Know-how auf der Insel“, berichtet er. „Das hilft uns, diesen Markt zu gewinnen.“
Zumal das Unternehmen im Dachmarkt bereits auf langjährige Erfahrung zurückgreifen kann. Schließlich gehört Goldbeck Solar zur 1969 gegründeten Goldbeck-Unternehmensgruppe. Goldbeck ist einer der großen Baukonzerne in Deutschland, das Geschäft basiert auf dem Bau von Logistik-und Produktionshallen, Bürogebäuden sowie Parkhäusern.
In den vergangenen Jahren erzielte Goldbeck Solar rund ein Fünftel seines Gesamtumsatzes mit Dachanlagen. Der Löwenanteil wurde in Deutschland erzielt. Der Vertrieb läuft überwiegend über die Projektentwickler der Mutterfirma, die bundesweit von 32 Standorten aus aktiv ist. „Der interne Vertriebskanal über Goldbeck hilft uns vor allem in Deutschland, unsere Kapazitäten auszulasten“, erläutert Lamprecht.
Dass Goldbeck Solar als deutsches Unternehmen in den für die Branche schwierigen Jahren so kräftig gewachsen ist, dafür nennen Björn Lamprecht und Firmeneigner Joachim Goldbeck handfeste Gründe. So konnte das Unternehmen seine Umsätze im Jahr 2013 vor allem durch die Einführung von Sunolution, einer neuen Unterkonstruktion, deutlich verbessern.
Sunolution für Gewerbebauten
Während herkömmliche Unterkonstruktionen aus Edelstahl und Aluminium gefertigt sind, besteht die neue Goldbeck-Lösung aus einem Materialmix aus Stahl und Polyamid. Neben der Gewichtsersparnis ermöglicht Sunolution einen ungehinderten Fluss des Regenwassers und trägt auch Blitzstrom. „Die differenzierenden Produktmerkmale in Kombination mit den Preisvorteilen und der schnellen Montagegeschwindigkeit verschaffen unseren Kunden einen Zusatznutzen“, erklärt Björn Lamprecht.
Der zweite Grund, den die Firmenlenker ins Feld führen, ist dem Marktgeschehen geschuldet: Viele deutsche Mitbewerber sind in den vergangenen Jahren aus dem hart umkämpften Markt ausgeschieden. Damit verteilte sich die noch immer vorhandene Nachfrage auf die verbliebenen Anbieter. Sie konnten stabile Margen erzielen.
Aktuell rechnen Goldbeck und Lamprecht aufgrund der veränderten Marktsituation in England damit, dass dieser Anteil am Gesamtumsatz von 90 auf 50 Prozent zurückgehen wird.
Diese Lücke sollen neue Märkte schließen, auf denen Goldbeck bereits aktiv ist. Zum Beispiel in Norditalien, wo das Unternehmen mit eigenem Vertrieb „seit Jahren ausharrt“, wie es in einer Pressemitteilung nicht ohne Selbstironie heißt. Dort hoffen die Solarexperten aus Deutschland für dieses Jahr auf ein Anspringen der Konjunktur. „Die Rahmenbedingungen für Photovoltaik sind optimal“, urteilt Björn Lamprecht. „Die Strompreise liegen in der Regel zwischen 18 und 20 Cent pro Kilowattstunde. Die italienische Volkswirtschaft hat durch den schwachen Euro gute Exportchancen und zieht allmählich wieder an. Nicht zu vergessen die Eigenversorgung, die auch dort immer attraktiver wird.“
Ansonsten gilt bei Goldbeck die Maxime: „Folge deinen Freunden!“ Das bedeutet, man startet in neue Märkte anhand konkreter Projekte und mit Partnern vor Ort. Auf dieser Basis gibt es bereits Engagements in der Türkei. Dort realisiert Goldbeck derzeit mehrere Projekte bis zu einem Megawatt. An der Ostküste der USA entstehen mit Beteiligung des Unternehmens demnächst einige Solarparks zwischen drei und 30 Megawatt. In Thailand plant Goldbeck Solar gemeinsam mit Partnern mehrere Anlagen mit jeweils mehr als zehn Megawatt Leistung.
Ganzheitlicher Ansatz
Zusätzlich zur geographischen Ausweitung ihres Geschäfts setzen Joachim Goldbeck und sein Geschäftsführer auf einen ganzheitlichen Ansatz. Dabei geht es um die Integration von Photovoltaik in die energetische Gesamtbetrachtung eines Gebäudes – und darauf aufsetzend um die Versorgung mit Energie. „Wir haben auf dem Weltmarkt zwei Arten von Märkten“, analysiert Joachim Goldbeck. „Auf der einen Seite gibt es opportunistische Märkte. Sie sind getrieben von staatlichen Subventionen, dazu zählt zum Beispiel England. Wir haben es zunehmend mit Märkten zu tun, die sich, je schwächer die Subventionen werden, vom opportunistischen zum nachhaltigen Modell wandeln. In dieser Situation sehe ich den deutschen Markt.“
Sonnenstrom intelligent einbinden
In diesen nachhaltigen Märkten steht die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik im Mittelpunkt. Sie muss sich ohne Subventionen rechnen. Da spielt es selbstverständlich eine wesentliche Rolle, wie intelligent die Solarenergie in das energetische Umfeld eingebunden ist und wie gut die Potenziale ausgeschöpft werden, die ganzheitliche Energielösungen bieten. „Nicht nur in Deutschland ist es inzwischen wirtschaftlich sinnvoll, in Solaranlagen zu investieren, weil sie sich auch ohne Fördergelder rechnen“, konstatiert Goldbeck. „Ich bin sicher, die Lösung der Zukunft werden Photovoltaikanlagen und andere Komponenten sein, die mittels intelligenter Energiemanagementsysteme zu einer Einheit verschmolzen sind.“
Es werde künftig immer wichtiger, den energetischen Zyklus eines Gebäudes bereits während der Bauplanung zu berücksichtigen und die Solarenergie in diese gesamtenergetische Betrachtungsweise einzubeziehen. „Die Frage ist dann, welche energetischen Komponenten am besten geeignet sind, den geplanten Bedarf abzudecken.“
Verbrauchsprofile verstehen
Björn Lamprecht ergänzt: „Außerdem müssen wir Verbrauchsprofile verstehen und entwickeln und die Energieversorgung des jeweiligen Gebäudes im Zusammenspiel mit dem öffentlichen Netz planen.“
Wenn etwa die intelligenten Netze der Zukunft je nach Lastsituation den Strompreis flexibel gestalten, muss beispielsweise eine Wärmepumpe dann anspringen, wenn der Strom günstig ist.
Um diese Anforderungen optimal abzudecken, entwickelt Goldbeck seit einiger Zeit einen energetischen Baukasten. Neben Photovoltaik gehören dazu Blockheizkraftwerke, Batteriespeicher, Wärmepumpen, Eisspeicher, Windkraftanlagen und natürlich das Energiemanagement.Die ersten Projekte mit ganzheitlichem Ansatz sind schon realisiert.
So wurde Goldbeck Solar für die Kombination einer Photovoltaikanlage mit einem Blockheizkraftwerk im vergangenen Jahr mit dem begehrten Award der Intersolar ausgezeichnet. „Die Kunden erwarten von uns neben der Fachkompetenz in Sachen Solarenergie zunehmend auch Branchenkompetenz“, sagt Björn Lamprecht. „Sie wollen einen Partner, der nicht nur Einzelkomponenten anbietet, sondern Energielösungen aufzeigt.“
Komplette Lösungen für die Energie
Genau diese Kompetenz baue man derzeit gezielt aus. Unter anderem kooperiert Goldbeck Solar mit der Universität Darmstadt in einem Projekt, bei dem es um die thermische und photovoltaische Nutzung von Gebäudefassaden geht, Stichwort gebäudeintegrierte Photovoltaik.
Auch mit den Wissenschaftlern am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) pflegen Joachim Goldbeck und Björn Lamprecht einen regen Gedankenaustausch. Hier geht es vor allem um die Entwicklung leistungsfähiger und netzverträglicher Speichersysteme.
Und sie arbeiten mit der Firma Endreß & Widmann zusammen, die in Neuenstadt nahe Heilbronn eine zu 100 Prozent energieautarke Energiefabrik (Enfa) betreibt. „Ein solches Projekt funktioniert nur mit einem ausgefeilten Energiemanagement“, meint Björn Lamprecht.
Autarke Fabriken im Angebot
Geschäftsführer Friedhelm Widmann habe ein Wissen aufgebaut, das die ganze Branche nach vorne bringen könne. „Das Thema der energieautarken Fabrik kommt in unseren Gesprächen mit Entscheidern immer häufiger auf den Tisch“, bestätigt Lamprecht. „Das zeigt: Die Zeit ist reif für ganzheitliche Lösungen. Und der Wunsch nach Eigenversorgung wächst.“
Nach seinen Erfahrungen zeigt die Analyse von Lastprofilen, Verbräuchen und der möglichen Nutzung selbst erzeugter Energie immer ein „erhebliches wirtschaftliches Potenzial – egal ob das Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor oder dem produzierenden Bereich kommt“.
Angesichts des zunehmend harten Wettbewerbs wird kein Unternehmen dieses Potenzial auf Dauer unerschlossen lassen. Was auch immer die Politik tut: Längst ist die Wirtschaft dabei, die Energiewende umzusetzen.
Bundesverband Solarwirtschaft
Im Porträt: Joachim Goldbeck, Präsident
Joachim Goldbeck, Jahrgang 1970, studierte Maschinenbau und Produktionstechnik an der Technischen Hochschule in Karlsruhe und erwarb einen MBA am Collège des Ingénieurs (CDI) in Stuttgart und Paris. Während eines Studienjahres in den USA schrieb er unter anderem eine Arbeit zur wirtschaftlichen Energieeinsparung bei Unternehmen.
Im Jahr 2001 gründete er die Goldbeck Solar GmbH als neuen Zweig innerhalb des familiengeführten Bauunternehmens. Goldbeck Solar beschäftigt aktuell etwa 60 Mitarbeiter und erzielte 2014 einen Jahresumsatz von rund 120 Millionen Euro. Neben seinen Aufgaben als Geschäftsführer der Solarfirma baut er derzeit Goldbeck New Technologies als neue Unternehmenseinheit auf. Seit November 2014 ist Joachim Goldbeck der Präsident des Bundesverbandes Solarwirtschaft.