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Peu à peu

Wie zäh der Aufbau sein kann, zeigt das Beispiel Frankreich. Seit die französische Regierung Mitte 2006 einen Bonus von 25 Cent je Kilowattstunde für gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen (BIPV)beschloss, kommt der Markt in Schwung. Immer mehr deutsche Hersteller weiten ihre Aktivitäten in das Nachbarland aus. Neben Hindernissen wie einem hohen bürokratischen Aufwand, langen Antragszeiten und zu wenigen qualifizierten Installateuren, mit denen sie zusammenarbeiten können, machen sie noch eine andere Erfahrung. Wer keine speziellen BIPV-Produkte wie Energiedächer anbietet, kann auch mit kristallinen Standardmodulen in Frankreich weit kommen. Mit der Auslegung des Begriffs BIPV nehmen die Franzosen esnicht so genau.

Überbordende Bürokratie

Mit einer weiteren Hürde müssen ausländische Hersteller zurechtkommen. Produktprüfungen, die in Deutschland und in anderen Ländern für die Gebäudeintegration akzeptiert werden, sind in Frankreich nicht anerkannt. Das französische Versicherungssystem erfordert weitere Prüfungen, was den Markteintritt erschwert (siehe photovoltaik 09/08).Um eine fachgerechte Planung und Installation sicherzustellen, gibt es in Frankreich das Zertifikat QualiPV. Im September 2007 rief die OrganisationQualit’EnR, ein Zusammenschluss von Verbänden aus dem Bausektor, dem Handwerk und den erneuerbaren Energien, diese Zertifizierung ins Leben. Rund 1.200 Installateure dürfen das Label derzeit für sich beanspruchen. Dieser Nachweis wird von deutschen Herstellern geschätzt, wenn sie ihr Netzwerk in Frankreich aufbauen. Darüber hinaus setzen die Firmen auf Produkt- und Montageschulungen aus dem eigenen Haus.

Wettlauf um größte Anlage

Doch schon werden neue Dimensionen angestrebt. Ende 2007 gab das US-amerikanische Unternehmen Solar Integrated bekannt, dass es bei einem Logistikunternehmen in Südfrankreich eine dachintegrierte Anlage im Wert von 6,6 Millionen US-Dollar bauen wird. Dassolare Kraftwerk soll noch in diesem Jahr ans Netz gehen. In den Startlöchern steht die Suntech Power Holdings Co. Ltd. Sie gab im Mai bekannt, dass sie mit Hanau Energies SAS eine 4,5-Megawatt-Anlage im Elsass bauen wird. Die BIPV-Anlage soll im Januar 2009 betriebsbereit sein. Tenesol, Conergy, BP Solar, Schüco International und die EDF-Gruppe: Sie gehören zu den Marktführern in Frankreich. Doch neue Firmen kommen dazu, und die kommen immer häufiger aus Deutschland. Mit am längsten in Frankreich vertreten sind Ubbink Econergy Solar, eine Schwesterfirma von Centrosolar (seit 2002), Solarwatt (seit 2003) und Schüco International (seit 2004). Schüco hält, wie Pressesprecher Oskar Schwittay berichtet, einen Marktanteil von etwa 25 Prozent für BIPV in Frankreich. Das Unternehmen hat rund 500 französische Installateure als Kunden. Über Ubbink berichtet Geschäftsführer Geerling Loois, dass das Unternehmen bisher über 2.000 Projekte in Frankreich realisiert habe. Beide Firmen arbeiten derzeit daran, ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Schüco schaltet TV-Spots und Anzeigen, um seine Partner im Marketing und Vertrieb zu unterstützen. Ubbink plant, sein Großhändlernetz auszubauen. Seit Mitte 2006 ist zum Beispiel 3T France, eine Schwesterfirma von Alwitra, auf dem französischen Markt aktiv. Das Unternehmenhat bisher etwa 1,5 Megawatt Evalon-Solar-Dachbahnen auf französische Dächer gebracht. 60 Gebäude waren es, berichtet Geschäftsführer Eric Ohlmann. Ebenfalls seit 2006 ist die Freiburger Solarmarkt AG in Frankreich aktiv. Für sie bearbeitet die Schweizer Tochterfirma den französischen Markt. Solarmarkt Schweiz vertrieb bisher Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 100 Kilowatt im Nachbarland. Conergy ist durch den Kauf von AET France seit dem 1. Januar 2007 in Frankreich präsent. Wie Marc Mossalgue berichtet, baute das Unternehmen 2007 Anlagen mit einer Leistung von 4.103 Kilowatt, in diesem Jahr waren es bis Juli 1.724 Kilowatt. Der Marktanteil liegt nach Firmenangaben bei zehn bis zwölf Prozent. Seit Mitte 2007 bieten Solarworld und Schott Solar ihre Leistungen auf dem französischen PV-Markt an. Solarworld realisierte bisher Anlagen im einstelligen Megawattbereich. Etwa 90 Prozent davon waren gebäudeintegrierte Anlagen. 90, 95 Prozent, wenn nicht gar ausschließlich BIPV-Anlagen – das sind häufig genannte Werte, wenn es um die Verteilung von BIPV- und additiven Anlagen in Frankreich geht. Firmen wie Phoenix Solar, Systaic und Würth Solar müssen ihre Erfahrungswerte noch sammeln. Sie sind derzeit dabei, den französischen Markt zu erschließen.

Solardach für Frankreich

Mit Produkten, die speziell auf BIPV zugeschnitten sind, wollen sich auch andere Unternehmen einen Namen machen. Ubbink bietet beispielsweise das Dachintegrationssystem Intersole an. Phoenix Solar vertreibt das InDax-System von Schott Solar. Systaic setzt auf sein Energiedach. „Auf dem französischen Markt wird viel Wert auf ästhetische Architektur gelegt“, sagt Geraldine Corbin, Product Manager France bei der Systaic AG. „Wir werden uns daher nur auf dieses Geschäft konzentrieren.“Die Systaic France SARL, die im März 2007 gegründet wurde, baute im Herbst ihre ersten Referenzprojekte in Frankreich. „Die Franzosen brauchen Beispiele und Fakten“, erklärt Corbin. Referenzprojekte, der Aufbaueines Vertriebsnetzes mit französischen Großhändlern und Installateuren, möglichst die Gründung einer Niederlassung in Frankreich: Das sind die wesentlichen Schritte bei der Markterschließung. Von Vorteil sind Kontakte und Netzwerke im Land. Ohne diese ist der Zeitaufwand für den Markteintritt im Normalfall höher. So berichtet René von Grünig von Solarmarkt Schweiz: „Im ersten Jahr haben wir sehr viel Aufbauarbeit und Know-how-Transfer gemacht, verkauft wurden rund fünf Kilowatt. 2007 waren es bereits über 30 Kilowatt.“ Auch wenn einige Hersteller feststellen, dass es den Protektionismus, für den die Franzosen ebenfalls bekannt sind, auch im PV-Markt gibt, so wird doch auch eine breite Unterstützung durch Solarverbände wie SER (Syndicat des Energies Renouvelables) und Enerplan (Association professionnelle de l’énergie solaire) sowie regionale Organisationen festgestellt. „Die Wirtschaftsförderungen in Frankreich sind sehr agil“, stellt Marketingleiterin Regina Schmezer von Würth Solar stellvertretend für mehrere Firmen fest. Insbesondere die Wirtschaftsförderung der Regionalregierungen Rhône-Alpes und im Elsass werden lobend erwähnt. Dies bekräftigt, was Christian Dumbs von Schott France sagt: „Die sonnenreichen Regionen sind nicht unbedingt die mit den meisten PV-Anlagen. Das hängt von der Förderung ab.“ So wie in Deutschland Bayern und Baden-Württemberg bei der installierten PV-Leistung die Nase vorn haben, so gibt es auch im Nachbarland führende Regionen. Das Elsass, das Alpenvorland (Rhône-Alpes) und die Region Provence/Côte d’Azur gehören dazu.

„Verquasung von Begriffen“

BIPV BIPVDass die so deutliche Bevorzugung von integrierten Anlagen auch ihre Nachteile hat – so zum Beispiel, dass der Markt für Aufdach- und Freilandanlagen bei der momentanen Fördersituation klein gehalten wird –, hat sich bis zur Regierung herumgesprochen. Die französischen Solarverbände wie Enerplan und SER setzen sich derzeit für eine anders gewichtete Einspeisevergütung ein. Im Gespräch sind zum Beispiel 42 Cent für Aufdach- und 55 Cent für Indachanlagen. Hoffnungen setzt die PV-Industrie auch auf den Grenelle Environnement, einen Umweltgipfel, den der französische Präsident Nicolas Sarkozy anregte und der weitere Anstöße in Umwelt- und Energiefragen bringen soll. Geraldine Corbin von Systaic bleibt derweil gelassen. „Der französische Markt hat das ganze Leben noch vor sich“, sagt sie und ist überzeugt, dass die erneuerbaren Energien in Frankreich „kurzfristig, aber nachhaltig an Bedeutung gewinnen“ werden.

Portal zu Solar-Sites

Einen guten Überblick über die Solarlandschaft Frankreichs bietet das „Portail solaire“ von Michael Keil aus Lyon. Die kommentierten Linklisten des „Sonnenportals“ erleichtern den Zugang zu den Internetseiten der wichtigsten französischen PV-Akteure, sortiert in den Rubriken Politik, Wirtschaft, Organisationen, Bildung und Recherche, Verbände, Medien, Linklisten und Sonstiges. In der Rubrik „Wirtschaft“ befinden sich Links zu Solarthermie- und Photovoltaikunternehmen, Installateuren, Planungsbüros, Architekten und Bauunternehmen, Handelsunternehmen sowie zu Veranstaltungen und Stellenanzeigen. www.portail-solaire.com

Ina Röpcke

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