Der Termin war längst abgelaufen, und fast alle kamen zu spät. Nur zwei Mitglieder der Europäischen Union (EU) haben ihre Aktionspläne zum konkreten Ausbau regenerativer Energien, wie von der EU-Richtlinie 2009/28/EC gefordert, fristgerecht zum 30. Juni 2010 an die EU-Kommission geschickt. Anfang der letzten Augustwoche lagen in Brüssel 16 sogenannte National Renewable Energy Action Plans (NREAP) vor. Es fehlten immer noch die Papiere von elf Staaten, darunter den beiden EU-Schwergewichten Deutschland und Frankreich.
In den meisten der vorliegenden Pläne spielt die Photovoltaik nur eine geringe Rolle. Insbesondere in Skandinavien steht die Photovoltaikbranche vor einem verlorenen Jahrzehnt. So will Dänemark seine Solarstromkapazitäten bis 2020 lediglich von aktuell drei auf sechs Megawatt erhöhen. Schweden bleibt mit geplanten Neuinstallationen von 2,7 Megawatt noch darunter. In Finnland, wo es bisher nach Angaben der Regierung aus Helsinki noch keine erwähnenswerten Photovoltaikkapazitäten gibt, sollen zum Ende des Jahrzehnts zehn Megawatt gebaut werden. Das deutlich kleinere Litauen will genauso viele Kapazitäten schaffen wie der große Nachbar im Norden. Völlig leer ausgehen wird die Solarbranche in den kommenden zehn Jahren in Irland. Auf der Inselrepublik wird es überhaupt keine Förderung der Photovoltaik geben.
Doch nicht nur in den Nordländern mit schwächerer Sonneneinstrahlung wird die Solarstromtechnologie aller Voraussicht nach nur ein Schattendasein führen. Auch in Österreich mit seinem an sich attraktiven Fördersystem bleibt der Kapazitätsausbau gedeckelt. Die Kapazitäten sollen lediglich von 90 auf 320 Megawatt steigen. Das entspricht einem Marktvolumen von 25 Megawatt pro Jahr. Auch Nachbarland Slowenien stellt mit einem geplanten Ausbau von zwölf auf 139 Megawatt kaum ein nennenswertes Potenzial zur Verfügung. Interessanter könnte da Bulgarien werden. Das Land will über den bestehenden Einspeisetarif die Gesamtinstallationen von erwarteten neun Megawatt 2010 kontinuierlich bis auf 303 Megawatt 2020 steigern. Mehr als doppelt so viel streben die Niederlande an. Mit ihrem an den Strompreis gekoppelten Fördermodell sollen die Solarstromkapazitäten von 92 auf 722 Megawatt ausgedehnt werden.
Die attraktivsten Märkte befinden sich insbesondere rund um das Mittelmeer. Portugal will seine Kapazitäten um 850 Megawatt auf 1.000 Megawatt aufrüsten. Dafür steht ein mittlerer Einspeisetarif für Anlagen größer zehn Kilowatt von maximal 31,7 Cent je Kilowattstunde zur Verfügung. Maximal werden pro Megawatt installierter Leistung 21 Gigawattstunden gefördert. Griechenland hat im Juni neue und differenziertere Fördersätze beschlossen. So weist der Plan aus Athen für Anlagen in Privathaushalten und kleinen Unternehmen bis zehn Kilowatt eine Einspeisevergütung von 55 Cent aus. Für alle anderen Photovoltaikanlagen liegt sie im August je nach Größe zwischen 39 und 44 Cent. Inwiefern der Staat angesichts der angespannten Haushaltslage künftig noch Investitionskostenzuschüsse zahlen kann, ist allerdings fraglich. Insgesamt sollen die griechischen Kapazitäten bis 2020 um 2.000 Megawatt steigen. Unternehmen, die nach Griechenland expandieren wollen, sollten EU-Mitglied Zypern im Auge behalten. Der kleine Inselstaat will immerhin knapp 190 Megawatt bis 2020 installieren.
Ehrgeizige Ziele
Die stärksten Signale kommen aus Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien. Die Briten wollen ihre Solarstromkapazitäten von 50 Megawatt (2010) auf mehr als 2.600 Megawatt ausbauen. Dazu soll der im April 2010 eingeführte und nach Größe und Anwendungsbereich gestaffelte Einspeisetarif beitragen. Dieser sieht laut dem britischen Aktionsplan zum Beispiel für Anlagen von vier bis zehn Kilowatt Leistung eine Vergütung von 36,1 Pence vor, wenn sie bis 31. März 2012 in Betrieb gehen. Pro Megawattstunde Solarstrom erhalten Versorger in Großbritannien zwei sogenannte Renewable Obligation Certificates (ROC), ein geldwerter Vorteil. In Nordirland sieht der NREAP vier ROCs vor für Kraftwerke mit einer Leistung von weniger als 50 Kilowatt.
Spanien stützt seine Solarpolitik allein auf seinen Einspeisetarif und signalisiert damit zugleich, dass Sorgen vor einem Stillstand im heimischen Photovoltaikmarkt unbegründet seien. Immerhin wollen die Iberer ihre Kapazitäten um knapp 4.400 auf mehr als 8.350 Megawatt erhöhen.
Italien hat die Photovoltaik zu einer der wichtigsten Technologien für den Ausbau regenerativer Stromerzeugung erklärt. Die Kapazitäten sollen bis 2020 auf 8.000 Megawatt steigen. Das entspricht einem jährlichen Marktvolumen von im Durchschnitt 550 Megawatt. Das geltende Einspeisegesetz Conto Energia hatte bisher ein Ziel von 3.000 Megawatt formuliert. Bekannt sind bisher die Einspeisetarife bis 2013. Für 2011 müssen Investoren mit einer dreistufigen Anpassung rechnen. So sollen sich die Vergütungen zum Beispiel für Dachanlagen zwischen 20 und 200 Kilowatt Leistung im Verlauf des Jahres von 35,8 Cent auf 32,3 Cent verringern. Für 2012 und 2013 greift eine weitere Degression von je sechs Prozent.
Mit Abstand vorn
Im Vergleich zu dem in Deutschland geplanten Wachstum verblassen allerdings selbst die italienischen Vorhaben. Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen, aber noch nicht von der EU publizierten Aktionsplan sollen die Photovoltaikkapazitäten in Deutschland bis zum Jahr 2020 um rund 36.000 Megawatt wachsen.
Den Mitgliedsstaaten drohen übrigens wegen ihrer Trödelei bei der Abgabe keine Konsequenzen. Die Richtlinie sieht für diesen Fall keinerlei Sanktionen vor. Die NREAPs sind ein wesentlicher Schritt zur Umsetzung des EU-Ziels, den Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch der EU im Jahr 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen. Dabei gelten für jedes Mitgliedsland unterschiedliche Zielgrößen.
Ehrgeizige Ziele
Photovoltaik-Entwicklungspläne (in Megawatt) | |||
---|---|---|---|
2010 | 2015 | 2020 | |
Bulgarien | 9 | 220 | 303 |
Dänemark | 3 | 3 | 6 |
Deutschland* | 15.784 | 34.279 | 51.753 |
Finnland | 10 | ||
Griechenland | 184 | 1.270 | 2.200 |
Großbritannien | 50 | 1.070 | 2.650 |
Irland | 0 | 0 | 0 |
Italien | 2.500 | 5.500 | 8.000 |
Litauen | 1 | 10 | 10 |
Malta | 4,05 | 26,82 | 27,88 |
Niederlande | 92 | 317 | 722 |
Österreich | 90 | 179 | 322 |
Portugal | 156 | 540 | 1.000 |
Schweden | 5,3 | 6,7 | 8 |
Slowenien | 12 | 37 | 139 |
Spanien | 4.021 | 5.918 | 8.367 |
Zypern | 6 | 37 | 192 |
Stand: 20. August 2010; *Entwurf Quelle: Nationale Aktionspläne, http://ec.europa.eu |