S eit Jahren sinkt die Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaikanlagen. Teilweise war die Absenkung der Förderung so heftig, dass die vorherige Berechnung der Wirtschaftlichkeit in Gefahr geriet, wenn die Anlage nicht fristgerecht vor der Kürzung ans Netz ging. Mit fatalen Folgen. „In den letzten Jahren sind in Deutschland über 1,4 Millionen Photovoltaikanlagen ans Netz gegangen, teilweise unter großem zeitlichem Druck“, weiß Rainer Kohlenberg, Solarexperte bei der Mannheimer Versicherungen AG. Dort betreut er die Solarversicherung namens Lumit. „Leider gibt es sehr große Unterschiede in der Qualität der Installation. Das kann sich rächen. Es gibt Installationsbetriebe, die vorbildlich arbeiten. Sie hatten in acht oder zehn Jahren nicht einen einzigen Schadensfall. Aber der Wildwuchs ist nicht unbeträchtlich.“ Es kamen Installateure zum Zuge, die nicht auf dem neuesten Stand der Technik waren und erhebliche Fehler bei der Installation gemacht haben. Das geht bis hin zu Anlagen, die im Eigenbau des Betreibers realisiert wurden.
Mängel durch Akkord
Die hohe Geschwindigkeit beim Bau der Solarstromgeneratoren macht zwar den Statistikern Freude, die immer mehr zugebaute Leistung registrieren. Sie geht aber zulasten der Qualität. Der Betreiber bekommt zwar die höhere Vergütung, hat aber unter Umständen nicht so viel Freude an seiner Anlage. Schlechte Qualität bei der Montage schlägt nicht nur auf die Erträge durch, sondern auch auf die Betriebssicherheit. Schäden sind vorprogrammiert. „Rund 40 Prozent der Schäden an Solarstromanlagen gehen auf Pfusch am Bau zurück“, rechnet Kohlenberg vor. „Das betrifft Fehler bei der Elektrik, aber auch bei der Systemstatik und der Befestigung auf dem Dach. Andererseits sehen wir auch: Eine hohe Qualität führt eindeutig zu weniger Schäden.“
Die Assekuranz hat sich die registrierten Schäden an Photovoltaikanlagen näher angeschaut und 100.000 mangelhafte Systeme auf ihre Schadensursache hin untersucht. Das Ergebnis: Jeweils 21 Prozent der Schäden gingen auf Brand oder Sturm zurück. Bei 18 Prozent der Anlagen war Überspannung die Ursache dafür, dass sie Schaden nahm. Zu hoher Schneedruck hat elf Prozent der untersuchten Systeme zerstört. Neun Prozent fielen einem Diebstahl zum Opfer. „Diese zum Teil erheblichen Schäden lassen sich oft bereits im Vorfeld bei Planung und Installation sowie im Betrieb durch regelmäßige Wartung deutlich reduzieren“, erklärt der Versicherungsexperte. Dass das nicht immer die Regel ist, zeigen die vielen Schadensfälle, die die Versicherung in den letzten Jahren registriert hat.
Der Verband deutscher Schadenversicherer hat schon vor zwei Jahren auf diese bedenkliche Entwicklung reagiert. Er hat den Leitfaden VdS 3145 erstellt, den Solarinvestoren und Solarkunden genau lesen sollten. Darin beschreibt der Verband die möglichen Schadensrisiken, die an einer Photovoltaikanlage entstehen können. Der Leitfaden gibt dem Investor nützliche Ratschläge mit auf den Weg, wie er sich vor unliebsamen Überraschungen schützen kann. Denn den Analysen verschiedener Quellen zufolge sind zwischen der Hälfte und neun Zehntel aller Anlagen in irgendeiner Weise mangelhaft.
Worauf zu achten ist
Das beginnt bei der Wahl eines geeigneten Standortes für die Anlage. Ist er gefunden, geht es in die Planungsphase. Der Leitfaden enthält alle Regeln und Normen, die bei der Planung einer Solarstromanlage zu beachten sind. So unter anderem, wo keine Module mehr stehen sollten, um im Falle eines Brandes die Feuerwehr nicht zu behindern, oder wie Leitungen über Brandwände geführt werden müssen.
Auch auf das Montagesystem sollte der Bauherr achten. Es muss zum einen Eigenlasten tragen. Das heißt, es muss das eigene Gewicht und das Gewicht der Module aushalten. Außerdem muss es gewährleisten, dass die Anlage auch auf dem Dach bleibt, wenn sogenannte Fremdlasten einwirken. Dabei handelt es sich um Wind, Schnee und thermische Spannungen, die durch unterschiedliche Außentemperaturen entstehen. Auch für die eigentliche Installation gibt der Leitfaden Ratschläge, worauf der Bauherr achten sollte, damit diese fachgerecht ausgeführt wird.
Tarif honoriert Qualität
Für die Mannheimer Versicherungen ist ein solcher Leitfaden aber ein zu schwaches Instrument, um die Qualität von Solarstromanlagen ausreichend gewährleisten zu können. Sie sind nun in die Offensive gegangen. Die Versicherer in Mannheim wollen schließlich nicht für Schäden aufkommen, die durch eine fachgerechte Installation zu vermeiden gewesen wären.
„Zunächst haben wir einen Versicherungstarif entwickelt, der Qualität honoriert“, sagt Rainer Kohlenberg. „Wer für seine Anlage den Anlagenpass des Bundesverbandes der Solarwirtschaft (BSW-Solar) oder das RAL-Gütesiegel vorweisen kann, bekommt 30 Prozent Rabatt. Wer diese Dokumentation nicht hat, erhält von uns einen Fragebogen. Darin erheben wir technische Details, um das Risiko einzugrenzen. Beispielsweise versichern wir nur Solarmodule, die alle gängigen Zertifikate vorweisen können.“
Um dieses aufwendige Verfahren zu vereinfachen, zertifizieren die Mannheimer gemeinsam mit dem TÜV Rheinland diejenigen Handwerksbetriebe, die für ihre Qualität bei der Installation die Hand ins Feuer legen. Die Zertifizierung ist freiwillig, dürfte aber bei den Kunden gut ankommen. Und beim Budget: Lässt sich ein Installationsbetrieb vom TÜV zertifizieren, bekommt er Rabatte bei der Versicherung der von ihm gebauten Anlage – und zwar ohne weitere Prüfung durch die Mannheimer Versicherungen. „Das hilft uns, den Installateuren und den Solarkunden“, erläutert Kohlenberg. „Wir versuchen, gemeinsam durch Qualität zu wachsen.“
Prüfung auf Herz und Nieren
Grundlage für die erste Zertifizierung ist ein Kriterienkatalog, den der TÜV Rheinland im Vorjahr entwickelt hat. Außerdem muss der Installateur jedes Jahr nachweisen, dass er den Titel „Zertifizierter Fachbetrieb für die Installation von Photovoltaikanlagen“ behalten darf. Dazu reisen die Prüfer aus dem Rheinland an und testen zwei Anlagen, die der Betrieb installiert hat, auf Herz und Nieren. Dabei überprüfen sie nicht nur die Qualität der Installation, sondern auch die eingesetzten Materialien. Alle Komponenten müssen dem Stand der Technik entsprechen und alle erforderlichen Zertifikate und Prüfbescheinigungen haben.
Zusätzliche Qualifikationen wichtig
Die Installateure müssen neben den fachlichen Kenntnissen über zusätzliche Qualifikationen für netzgekoppelte Photovoltaikanlagen verfügen und diese beispielsweise durch die erfolgreiche Teilnahme an Schulungen belegen. Schließlich reicht es nicht, einfach nur die Module auf das Dach zu schrauben. „Sogar erfahrene Elektromeister können die Anlage meist nicht fachgerecht installieren“, weiß Kohlenberg. „Zwar erledigen sie die Verkabelung der Module, den elektrischen Anschluss an den Wechselrichter und ans Netz. Aber dass man die Kabel des Generators nicht über eine Brandwand führen darf, beachten sie in der Regel nicht.“ Hinzu kommt die Tatsache, dass für die Montage gewerkübergreifende Kenntnisse erforderlich sind. Die Elektroseite ist dabei ein wichtiger Part.
Genauso wichtig sind aber auch statische Betrachtungen des Systems und des Gebäudes sowie die fachgerechte Ausführung von Dachdurchdringungen. Aus diesem Grund schauen sich die Prüfer des TÜV auch an, wie die Anlage geplant wurde und ob die Ausführung damit übereinstimmt. „Ich habe Dachanlagen gesehen, da waren 400 Dachhaken geplant, aber nur 250 wurden verbaut“, erzählt Kohlenberg. „Das ist gegen alle Regeln der Technik, das geht so nicht.“
Gravierende Verstöße gegen Normen
Nach seiner Auffassung handelt es sich dabei um gravierende Verstöße gegen Normen und Bestimmungen, nur um möglichst viele Module zu verkaufen. Sollte es durch einen solchen groben Installationsfehler zum Schaden kommen, zahlt die Photovoltaikversicherung keinen Heller. Dafür muss der Installateur geradestehen. Wenn er Glück hat, bezahlt ihm seine Betriebshaftpflicht den Schaden.
Wartungsverträge zahlen sich aus
Auch die Kundenberatung und die Qualität der Angebote sind Teil der Zertifizierung. Außerdem schauen sich die Prüfer an, ob der Betrieb alle Gesetze und Normen einhält und die Dokumentation der Anlage korrekt ist. Das gilt auch für die korrekte Dokumentation der Inbetriebnahme, speziell für die Messprotokolle mit den elektrischen Daten der Anlage bei der Übergabe an den Betreiber oder Eigentümer.
Die Mannheimer Versicherungen gewähren zusätzliche Rabatte, wenn der Betreiber einen Wartungsvertrag nachweist. „Ein Wartungsvertrag gibt uns die Sicherheit, dass die Anlage einmal in einem oder zwei Jahren fachgerecht inspiziert wird“, begründet Kohlenberg. „Schädigungen werden so frühzeitig erkannt. Es wird sichergestellt, dass die Anlage die Mindestlaufzeit von 20 Jahren erreicht. Trotz größter Sorgfalt könnten sich zum Beispiel Kabel lösen und durch scharfe Kanten beschädigt werden.“ Auch gibt es Probleme, die niemand vorhersehen kann: Marderbisse, Vogelnester oder die Nester von Insekten.
Jüngste Umfragen belegen, dass mehr als die Hälfte der Anlagenbetreiber ihre Generatoren selbst warten. Der Prozentsatz steigt, je kleiner die Anlage ist. Dabei ist es ausgerechnet dieses Segment, in dem sich Installateure mit zu wenig Erfahrung tummeln. Inzwischen bieten viele Handwerksbetriebe ihren Kunden ein Servicepaket an, das die regelmäßige Inspektion der Anlage beinhaltet. Die Kunden greifen gern darauf zurück. Für Rainer Kohlenberg ist das ein gutes Zeichen. „Kann der Solarkunde einen Wartungsvertrag mit dem Installationsbetrieb vorweisen, ist das ein starkes Indiz für hohe Montagequalität“, urteilt er. „Offenbar traut sich der Installateur auch noch später an seine Anlage. Das ist – leider – noch nicht selbstverständlich.“
Tipp
Lesen Sie dazu auch den Beitrag zur fachgerechten Wartung von Solaranlagen auf Seite 58.