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Schwarze Schafe das Handwerk lehren

Mit dem Boom der Photovoltaik wird die Qualitätssicherung immer wichtiger. „Das starke Marktwachstum führt dazu, dass neue Hersteller und Installateure ohne langjährige Erfahrungen PV-Anlagen anbieten“, sagt Gerhard Stryi-Hipp Geschäftsführer beim BSW-Solar. „Angesichts des zunehmenden Preisdrucks steigt das Risiko, dass die Qualität auf der Strecke bleibt“, sagt auch ZVEH-Vorstandsmitglied Wolfgang Schmitt. Vor allem nach starken Stürmen wie Kyrill oder Emma häufen sich bei Versicherern wie der Mannheimer die Schadensmeldungen. „Es werden unter anderem häu fig zu wenig Dachhacken verwendet, was dazu führt, dass die Module abgerissen werden“, sagt Ronald Pönisch, Prokurist bei der Mannheimer Versicherung. Insbesondere auf Flachdachanlagen würden die Module oft schlampig befestigt, indem sie beispielsweise hochkant statt wie von den Herstellern empfohlen quer montiert werden. „Wenn es mit der abnehmenden Qualität so weitergeht, werden die Prämien steigen“, prognostiziert Pönisch.

Umfassende Dokumentation

Hier möchte der neue Anlagenpass gegensteuern. „Ziel ist es, die Qualität von Komponenten, Planung und Installation von Photovoltaikanlagen möglichst flächendeckend zu sichern“, sagt Stryi-Hipp. Hierzu bestätigt der Installateur bei der Übergabe der fertigen Anlage gegenüber dem Kunden, dass die wichtigsten technischen Richtlinien berücksichtigt wurden und die Anlage einwandfrei funktioniert. „Die Mehrzahl der Fehler passieren bei der Planung und Installation. Für den Kunden ist dies jedoch bisher schwierig zu erkennen, weil eine umfassende Dokumentation fehlt“, betont Stryi-Hipp. Mit dem Pass wolle man dem Handwerker eine Art Leitfaden in die Hand geben, was auf jeden Fall bei der Installation berücksichtigt werden muss.

Unnötige Papierflut vermeiden

Vor allem an dem Umfang der geforderten Angaben stießen sich allerdings
etliche der vier Dutzend versammelten Handwerker beim jüngsten Verbandstag des BSW-Solar in Frankfurt. „Das ist ein erheblicher bürokratischer Aufwand“, kritisiert Joachim Kreutzer von Ökologgia aus dem niedersächsischen Steyer berg. „Wir füllen jetzt schon genügend Formulare aus“, sagt Solarteur Friedrich Kübler aus dem schwäbischen Böblingen. Der größte zusätzliche Bedarf bestehe beim Datenblatt zur Installation. „Bitte tut alles, um uns das doppelte Ausfüllen von Formularen zu ersparen“, appelliert auch Alexander Espenschied von Inek Solar aus dem hessischen Bischofsheim. Dies gelte insbesondere für Betriebe, die schon von Herstellern wie BP-Solar zertifiziert sind. Beim BSW-Solar-Vorstand stößt das auf offene Ohren. Bestehende Datenblätter und Herstellerangaben könnten in den Pass übernommen werden und es solle eine entsprechende Software zur Verfügung gestellt werden. „Uns geht es darum, Angaben, die eh schon gemacht werden müssen, zusammenzuführen und, wo nötig, an einigen Punkten zu ergänzen“, sagt Claudio Fischer-Zernin-Schmitt, Handwerkervertreter im BSW-Solar-Vorstand.

Vertuschen nutzt nichts

Bauchschmerzen bereitet etlichen Handwerkern auch die geforderte Dokumentation und schriftliche Bestätigung der Einhaltung der Herstellerangabe zur Montage, beispielsweise zur Verwendung einer bestimmten Zahl von Dachhacken. „Da kommen wir auch mit weniger aus“, heißt es. Ähnliches gilt für die Beachtung der Vorgaben zum Blitz- und Überspannungsschutz. „Wenn wir einen verrosteten Blitzschutz auf dem Dach sehen, wollen wir dem Kunden ja nicht von einer PV-Anlage abraten, wir leben ja schließlich vom Verkauf“, sagt ein Solarteur,

„Wenn ihr euch nicht daran haltet und es gibt Probleme mit der Anlage, steht ihr auch heute schon mit einem Bein im Gefängnis, Vertuschen nutzt nichts“, kontert Fischer-Zernin-Schmitt. Ins selbe Horn stößt ZVEH-Vertreter Schmitt: „Auch jetzt schon ist der Handwerker in Streitfällen regresspflichtig.“ Aus Sicht der Versicherer macht der PV-Pass jedoch schon einen Unterschied: „Mit dem Anlagenpass wird es künftig einfacher werden, Regressforderungen durchzusetzen", sagt der Vertreter der Mannheimer Versicherung Pönisch.

Als Anreiz zum Mitmachen werde man auf der Intersolar im Juni einen neuen, qualitätsorientierten Versicherungstarif vorstellen, der Betrieben Rabatte gewährt, die mit dem Anlagenpass oder dem RAL-Güteschutz Solar arbeiten.

„Um möglichst viele Handwerker mit ins Boot zu holen, werden wir in nächster Zeit zusammen mit den anderen Verbänden Schulungen anbieten“, kündigt Schmitt an. Spätestens im Herbst soll der Pass stehen und eingeführt werden. Bis dahin müssten noch einige juristische und organisatorische Details abgeklärt werden, auch um einen Missbrauch des neuen Instruments zu verhindern, erklärt Stryi-Hipp.

Geplante Jahresgebühr von 200 Euro

Vorgesehen ist derzeit, dass sich die Installateure in einer Qualitätsgemeinschaft Photovoltaik-Anlagenpass registrieren und eine Registriernummer erhalten. Sie verpflichten sich damit, bei allen Anlagen den Pass auszustellen. Dieser wird erst als vollständig angesehen, wenn eine fälschungssichere Registriermarke mit der Nummer des Betriebs aufgeklebt wird. Diese sollen von der Qualitätsgemeinschaft ausgestellt werden. Kontrollen oder eine Zertifizierung wie beim weitergehenden RAL-Güteschutz sind allerdings nicht vorgesehen. Der Pass setzt auf eine freiwillige Selbstkontrolle. Die Finanzierung soll über Förderbeiträge, öffentliche Zuschüsse und mengenabhängige Registriergebühren gesichert werden. Geplant sind derzeit eine Jahresgebühr von 200 Euro und eine Gebühr von fünf Euro pro Anlage.

„Von Seiten unserer Mitglieder gibt es überwiegend positive Stimmen zu dem PV-Pass. Es geht ja darum, dass sich bei der Qualität was tut“, unterstreicht ZVEH-Vertreter Schmitt.

Geforderte Angaben PV-Anlagenpass

Eingesetzte Komponenten

  • Module: u. a. Hersteller, Typ, Leistungstoleranz, Ausrichtung, Neigung, prognostizierter Jahresertrag (freiwillige Angabe), Prüfzertifikate (IEC, EN, sonstige), Garantien;

  • Wechselrichter: u. a. Hersteller und Typ, Leistung (DC, AC), Netzüberwachung (ENS oder dreiphasig), Prüfzertifikate, Garantien;

  • Lasttrennschalter: u. a. Hersteller und Typ, maximaler DC-Strom, DC-Spannung, Prüfzeichen, Garantien;

  • Kabel/Leitungen: u. a. Hersteller, Typ, Querschnitte für Strangkabel, Gleichstromkabel und AC-Versorgungskabel;

  • Montagesystem: u. a. Hersteller, Typ, Prüfzertifikate, Statiknachweise, Art und Ausführung des Befestigungssystems, Bestätigung der Dimensionierung nach Einzelnachweis beziehungsweise System- oder Typenstatik.

Information zu Planung und Installation

  • PV-Systemkonfiguration: u. a. Typen, Stränge, elektrischer Schaltplan;

  • Statik: u. a. Beurteilung der Tragfähigkeit der Unterkonstruktion sowie des Alterungszustandes der Dachhaut, Befestigung der Module entsprechend den Herstellerangaben;

  • Elektrische Betriebssicherheit: u. a. Einhaltung der DIN, IEC-, VDE-Normen, Verwendung von elektrischen Betriebsmitteln Schutzklasse 2, Auswahl der Einbauart des Wechselrichters entsprechend den Herstellerangaben zur Wärmeabfuhr und zur IP-Schutzart, Fixierung der Kabel am Gestell und Zugentlastung an allen Verbindungsstellen;

  • Blitz- und Überspannungsschutz: u. a. Einbeziehung des Montagegestells in den Funktionspotenzialausgleich, Einbeziehung der PV-Anlage in eine Blitzschutzanlage durch eine Blitzschutzfachkraft;

  • Ertragssicherung, Anlagenschutz: u. a. Funktionsüberwachung, Diebstahlschutz, Einbeziehung einer Schattenanalyse in die Ertragsprognose.

Prüfbescheinigung und Prüfberichte

  • Prüfbescheinigung nach DIN, IEC, VDE;

  • Prüfbericht der Besichtigung nach DIN, IEC, VDE;

  • Prüfbericht der Prüfung des PV-Arrays nach DIN, IEC, VDE;

  • Prüfbericht der Prüfung der AC-Seite der PV-Anlage nach Vorgaben ZVEH, Bundesfachverband Elektrotechnik.

Übersicht der beigelegten Dokumente

  • u. a. elektrischer Schaltplan und Dachbelegungsplan, Seriennummern der Module, technische Datenblätter, Berechnung der Ertragsprognose (freiwillig).

HN