Die Regierung in Bern hat die vollständige Öffnung des Strommarktes auf den Weg gebracht. Sie hat eine entsprechende Vernehmlassung zu einem Bundesgesetz gestartet, das auch kleinen Stromkunden die freie Wahl des Versorgers ermöglichen soll.
Der Schweizer Bundesrat will den Strommarkt in der Eidgenossenschaft vollständige öffnen. Die Bundesregierung der Eidgenossenschaft hat dazu die entsprechende Vernehmlassung zu einem Bundesbeschluss gestartet. Konkret heißt das, alle Kantone, politischen Parteien und Verbände sowie interessiert Bürger können bis zum 22. Januar 2015 ihre Stellungnahme zur vollständigen Strommarktöffnung abgeben. Bern begründet diesen Zwischenschritt im Gesetzgebungsverfahren mit der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Vorlage.
Freie Wahl des Versorgers
Sollte aus diesem Verfahren kein Referendum über den Gesetzentwurf hervorgehen, könnten die Regelungen Anfang 2017 in Kraft treten. Dann können sich alle Endverbraucher erstmals zum 1. Januar 2018 ihren Strom von einem Anbieter ihrer Wahl liefern lassen. Bisher können nur die großen Stromkunden mit einem jährlichen Verbrauch von mehr als 100.000 Kilowattstunden ihren Stromanbieter frei wählen, nachdem die entsprechende Änderung des Stromversorgungsgesetzes (StromVG) 2009 in Kraft getreten ist. Der Fahrplan für die Liberalisierung des Strommarktes sah vor, dass auch die anderen Stromkunden ab 2014 die freie Wahl ihres Anbieters haben. Allerdings habe sich das wegen der umfangreichen Arbeiten zur Energiestrategie verschoben, begründet der Bundesrat die Verzögerung. „Als 2011 der Grundsatzentscheid von Bundesrat und Parlament zum schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie in Angriff genommen wurde, mussten die Vorbereitungen für den zweiten Marktöffnungsschritt zurückgestellt werden“, erklärt die Regierung in Bern.
Jährlicher Wechsel möglich
Konkret sehen die Regelungen im Gesetzentwurf vor, dass die Stromversorger jeweils im Sommer ihre Tarife für das Folgejahr bekannt geben. Dann kann jeder Endverbraucher seinen Stromlieferanten frei wählen. Ab dann ist ein Wechsel jährlich, jeweils mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten, möglich. Der Wechsel in den offenen Markt ist aber nicht verpflichtend. Endkunden, die nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, werden weiterhin von ihrem lokalen Versorgungsunternehmen beliefert. Ohne Kündigung fallen sie in die sogenannte Grundversorgung (Wahlmodell mit abgesicherter Stromversorgung – WAS). Die Tarife im WAS-Modell werden von der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) geprüft und wenn nötig herabgesetzt. Der Wechsel aus der abgesicherten Grundversorgung in den freien Markt soll durch geeignete Rahmenbedingungen möglichst einfach sein. Die anfallenden Wechselkosten dürfen den Endverbrauchern nicht in Rechnung gestellt werden. Wenn sich ein Stromkunde einmal für einen anderen Versorger entschieden hat, kann er zu jedem Jahreswechsel wieder in die Grundversorgung zurückkehren. Durch diese Absicherung will der Bundesrat die Wechselbereitschaft und damit den Wettbewerb fördern. Um Preisabsprachen der Versorger zu verhindern, werden die Preisüberwacher und bei Bedarf die Wettbewerbskommission die Strompreise überwachen und kontrollieren. (Sven Ullrich)